Der Sommer wird gruselig! ZDFneo zeigt zwischen dem 27. Juni bis zum 1. August immer samstags zwischen 20.15 Uhr und 5 Uhr Horror-Spielfilme. Die Quotenmeter.de-Kinoexperten Sidney Schering und Antje Wessels werden euch durch diese gruselige Zeit begleiten.
Der neo-Horror am Samstag, den 27. Juni: 20.15 Uhr: «Van Helsing»
Das passiert auch selten ...
... während der Kinofilm «Van Helsing» von Kritikern verissen wurde, erhielt die Videospieladaption für Xbox und Playstation 2 durchaus positive Besprechungen.Sommerzeit, Blockbusterzeit. Diesem Denken zollt ZDFneo mit dem Auftakt zu seinen Horror-Themenwochen Tribut, indem als allererster Film dieser Programmreihe ein wildes Effektspektakel auf die Zuschauer losgelassen wird. Die 2004 erstaufgeführte Regiearbeit von Stephen Sommers lässt sich als Versuch beschreiben, dem riesigen Sammelsurium an Kult-Horrorfiguren der 30er und 40er wie Dracula, Frankensteins Monster, Dr. Jekyll und Mr. Hyde oder auch dem Werwolf eine Modernisierung im Stile der Brosnan-Bonds zu verpassen. Ein fragwürdiger Einfall, mit dem richtigen inszenatorischen Ansatz und einen schmissigen Skript hätte dieser aber durchaus aufgehen können. Schließlich ist Sommers' «Die Mumie» mit seiner '«Indiana Jones» trifft Horroraction'-Identität ein sehr gelungener Popcornspaß. Jedoch ist die Story des Monsterjägers Van Helsing (gespielt von Mr. Wolverine höchstpersönlich: Hugh Jackman) in dieser 160-Millionen-Dollar-Produktion unmotiviert geschrieben und mit Actionszenen bespickt, denen es an Inspiration mangelt.
Puristen werden bei der von Anachronismen und Trivialisierungen durchzogenen Neuinterpretation literarischer und filmischer Kulturgüter sicher Gift und Galle spucken – jedoch finden Puristen oft Anlass zu solchen Reaktionen. Dass auch Zuschauer, die einfach nur einen übernatürlichen Actionspaß suchen, dank der tösenden, doch uninteressanten Action und den haarsträubenden Sprüchen nur wenig Spaß haben werden, ist daher wohl das größere Verbrechen von «Van Helsing». Immerhin gibt es mit Hugh Jackman und Kate Beckinsale was fürs Auge. Und das Aufeinandertreffen von Horrorfilmgrößen ist, Qualität hin oder her, natürlich ein vortrefflicher Auftakt für eine wochenlange Feier des Mysteriösen, Okkulten und Schaurigen.
22.10 Uhr: «Der Knochenjäger»
Unter der Regie von Phillip Noyce («Hüter der Erinnerung – The Giver») entstand im Jahr 1999 der Psychothriller «Der Knochenjäger», das Ensemble angeführt von Denzel Washington («Flight») und Angelina Jolie («Salt»). Der Film, eine Mischung aus David Finchers «Sieben» und Gary Fleders weitaus weniger bekanntem Thrillerdrama «… denn zum Küssen sind sie da» erzählt von einem Serienkiller, der bei seinen Morden stets Hinweise auf seine nächste Tat hinterlässt und der Polizei so immer einen weiten Schritt voraus ist. Washington mimt den querschnittsgelähmten Spurensicherungsexperten Lincoln Rhyme, der sich für die ambitionierte Jung-Ermittlerin Amelia Donaghy (Jolie) in den Fall einschaltet. Zwischen den beiden Cops entsteht eine freundschaftliche Beziehung, doch die Zeit drängt: Der Mörder hinterlässt eine furchtbare Blutspur, die es zu beenden gilt.
«Der Knochenjäger» kam aufgrund des Aussparens innovativer Ideen seinerzeit weniger positiv bei der Fachpresse an, gehört bis heute allerdings zu den meistgezeigten Thrillern der jüngeren Fernsehgeschichte. Dass sich ZDFneo für eine Ausstrahlung im Rahmen der Horrorwochen entschieden hat, wundert angesichts der manischen Atmosphäre nicht, inhaltlich legt es der Film jedoch kaum auf Ekel- oder Schockfaktoren an. Noyces Krimistory ist ein Cop-Film wie er im Buche steht. Solide gespielt, fantastisch gefilmt und mit der nötigen Prise Suspense angereichert. Was den Gruselfaktor angeht, da hat ZDFneo in den kommenden Wochen allerdings noch einiges mehr zu bieten, daher sei «Der Knochenjäger» jenen Zuschauern ans Herz gelegt, für die der ganz harte Stoff dann doch ein wenig zu hart ist.
0:00 Uhr: «From Dusk Till Dawn»
Fast 20 Jahre nach Kinostart noch immer Uneingeweihte zu finden, dürfte außerordentlich schwer fallen. Allerdings gibt es immer jemanden, an dem der eine oder andere popkulturelle Fakt vorübergezogen ist. Deshalb sei an dieser Stelle nicht zu viel verraten – diejenigen, die wissen, was in diesem ungeheuerlich rezitierbaren Kultfilm passiert, versäumen durch unser Schweigen ja nichts, und die Ahnungslosen werden es uns nach der Filmsichtung danken. Und eine Sichtung dieses kleinen Meilensteins des Genreroulettes ist einfach Pflicht! Launisch und dynamisch inszeniert von Robert Rodriguez («Desperado», «Sin City») und mit unbändiger Coolness geschrieben von Quentin Tarantino («Pulp Fiction») erzählt «From Dusk Till Dawn» von zwei flüchtigen Schwerverbrechern (George Clooney und Quentin Tarantino), die auf der Flucht vor dem Recht eine Schneise der Gewalt hinterlassen. Um unerkannt über die mexikanische Grenze zu gelangen, nehmen sie eine Patchwork-Familie zur Geisel, die von einem vom Glauben gefallenen Geistigen (Harvey Keitel) angeführt wird. Spannung liegt in der Luft, und die impulsiven Gelüste eines der beiden Brüder deuten an, dass Schlimmes passieren wird. Aber auf das, was tatsächlich geschieht, ist niemand vorbereitet ...
Abgesehen davon, dass Clooney, Tarantino, Nebendarsteller wie Cheech Marin, Danny Trejo und Tom Savini sowie zuweilen sogar Harvey Keitel mit unvergesslichen Sprüchen um sich hauen, und der Twist zu den herrlichsten der Filmgeschichte gehört, hat «From Dusk Till Dawn» zahllose weitere schlagende Argumente, die für ihn sprechen. Etwa Salma Hayeks oft kopierter, nie erreichter Erotiktanz oder die Vielzahl an praktischen Effekten. Oder ein Umstand, der «From Dusk Till Dawn» schon bei seiner Erstveröffentlichung gehörigen Respekt beim Feuilleton und bei Filmhistorikern einbrachte: Der intelligente Umgang mit der Gewaltinszenierung. Mal beeindruckend, mit schaurigen Tendenzen. Mal unterschwellig und schockierend. Mal völlig zügellos und launisch. Rodriguez und Tarantino dekonstruieren die Publikumserwartung, nehmen den Kontext filmischer Grauenstaten auseinander und liefern letztlich ein Werk ab, das zu Tode analysiert werden kann. Oder sich einfach nur genießen lässt.
1:35 Uhr: «Tremors - Im Land der Raketenwürmer»
Wer glaubt, der Trash hätte erst durch «Sharknado» und Co. zur großen Form auf der Leinwand gefunden, der hat vermutlich Ron Underwoods skurrile Horrorkomödie aus dem Jahr 1990 vergessen. Das schmalbudgetierte B-Movie erzählt von zwei Freunden, die in dem fiktiven Dorf Perfection auf eine rätselhafte Blutspur stoßen. Als sie dieser nachgehen, entdecken sie riesige, alienhafte Würmer, die Jagd auf Tiere und Menschen machen. Es folgt eine irre Jagd durch die Wüste Nevadas, bei der letztlich nur eine Spezies überleben kann: Mensch oder Wurm!?
Mit drei Fortsetzungen und einer eigenen TV-Serie hat sich die «Tremors»-Reihe eine große Fanbase aufgebaut, die auch heute, im Jahr 2015, nach wie vor mit neuem Stoff versorgt wird. Mit «Tremors 5: Bloodline» ist aktuell ein weiteres Sequel in der Pipeline, die von Don Michael Paul («Jarhead 2») inszeniert wurde und am Oktober als Direct-to-DVD-Produktion erhältlich sein wird. Für Freunde des gepflegten, augenzwinkernden und sich selbst zu keinem Zeitpunkt ernst nehmenden Horror-Humors gehört «Tremors – Im Land der Raketenwürmer» ohnehin Pflichprogramm. Für ZDFneo erschließt sich so möglicherweise noch eine ähnliche Zielgruppe, wie sie derzeit wohl nur Tele 5 zu bedienen weiß.
4:40 Uhr: «Tarantula»
Und damit vor allem die Arachnophobiker unter den Zuschauern eine schaurige Nacht erleben, reicht ZDFneo zum Schluss seiner ersten Sommer-Horrornacht 2015 einen B-Movie-Klassiker nach: «Tarantula», wohl der Archetyp unter den in den 50ern und 60ern so populären Horrorwerken nach dem Schema 'Tier X mutiert, wird riesengroß und terrorisiert eine Kleinstadt / eine Großstadt / die Wüste'. Somit ist «Tarantula» einerseits ein Katastrophenfilm, andererseits ein Horrorfilm, der sich sehr gezielt auf den Ekelfaktor stürzt: Ekel vor Spinnen (sofern das Publikum dafür empfänglich ist) und Ekel vor menschlichen Deformationen. Denn das mysteriöse Serum, dass die titelgebende, haarige Spinne riesig werden lässt, hat in diesem Schwarz-Weiß-Klassiker auf Menschen eine ganz andere, ebenfalls schaurige Wirkung. Dass «Tarantula» auch nach 60 Jahren Fans hat, liegt derweil daran, dass Regisseur Jack Arnold seine begrenzten Mittel mit Ambition und Findungsreichtum nutzt, statt wie viele moderne Trash-Exploitation-Macher dem Publikum schlicht seine verrückte Prämisse ins Gesicht zu reiben. So mancher Filmkenner sieht in «Tarantula» sogar eine sinnliche Parabel über erotische Triebe und den in der Menschheit größer werdenden Drang zur Selbstzerstörung – ob dies zutrifft, dürfen Nachtschwärmer gern selbst entscheiden. Und anschließend «Enemy» auf DVD, Blu-ray oder als Stream nachholen, denn (auch?) dort übernehmen Spinnen solch eine symbolische Funktion.