Im Gespräch mit Quotenmeter.de redet die Programmdirektorin der Deutschen Welle, Gerda Meuer, über den Einfluss der Kirche und die Ukraine-Berichterstattung. Eine Frage beantwortet sie dabei nicht.
Info zur Deutschen Welle
Die DW ist der Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland und Mitglied der ARD. Hauptsitz ist Bonn, darüber hinaus gibt es jedoch auch einen Standort in Berlin. Die DW umfasst Angebote im Bereich Hörfunk, TV und Internet und sendet werbefrei in verschiedenen Sprachen.Ab 2016 bekommt die Deutsche Welle zwölf Millionen Euro mehr pro Jahr. Trotzdem gibt es bei ihnen seit Jahren klagen, dass Ihr Sender nicht genug Geld hat. Ihre Finanzierung funktioniert zwar ein wenig anders, aber könnte man dennoch sagen, dass Sie gerne etwas von dem Geld hätten, das derzeit ARD und ZDF bekommen?
Wir sind sehr zufrieden mit unserer Finanzierung. Sie ist aufgestockt worden. Wir werden unsere Pläne für die nächsten Jahre umsetzen können. In Bezug auf ARD/ZDF und die KEF-Beiträge: Wir kooperieren mit ARD und ZDF. Ein großer Teil in unserem Programm ist von ARD und ZDF übernommen und wird bei uns ausgestrahlt. Die Zusammenarbeit funktioniert also hervorragend.
Anfang des Jahres haben ja sogar eigene Mitarbeiter von einem spürbaren Qualitätsverlust im Sender gesprochen. Ist der denn zwischenzeitlich wieder aufgefangen worden, oder gab es den gar nicht?
Ich sehe keinen Qualitätsverlust. Ich bin für das Programm verantwortlich und verfolge es selbst, auch im Internet. Ganz im Gegenteil sehe ich da eine Qualitätssteigerung. Wir sind alle Programme durchgegangen und haben viele neue Formate entwickelt. Von einigen Formaten haben wir uns getrennt. Die Deutsche Welle hat sich in all ihren Sendesprachen komplett neu aufgestellt, vor allen Dingen im linearen Fernsehen mit seinen vier Sprachen Deutsch, Englisch, Arabisch und Spanisch. Da müssten Sie dann schon konkreter werden.
Nun ist das ja nichts was ich gesagt habe, die Mitarbeiter wurden da aber leider nicht konkreter. Aber das ist ja schon bemerkenswert. Selbstverständlich ist das legitim und naheliegend, dass Sie da anderer Auffassung sind. Schauen wir aber gleich auf ein anderes Thema: Am 22. Juni (als das Interview geführt wurde, lag der Termin noch in der Zukunft, Anmerkung der Redaktion) startet ihr englischsprachiger Nachrichtensender DW. Wollen Sie damit vor allem auch ein Gegenpol zu den BBC World News oder auch zu RT Deutsch sein?
Um bei RT Deutsch anzufangen: Inwiefern sollen wir da mit unserem englischsprachigen Kanal ein Gegenpol sein? RT Deutsch sendet auf Deutsch, unser neues Programm sendet auf Englisch. Wir sind kein Propagandasender, RT Deutsch schon eher. Wir sind ein öffentlich-rechtlicher Sender, der den Auftrag hat, aus Deutschland und der Welt zu berichten und deutsche Sichtweisen in die Welt zu tragen. Das tun wir in allen unseren Sprachprogrammen. Zu unseren neuen Angeboten: Das ist zum Ersten ein komplett renovierter englischer Kanal, der eine ausgebaute Version unseres bisherigen ist. In den Nachrichtenflächen und Formatierungen haben wir auch unsere deutschen, spanischen und arabischen Kanäle angepasst. Linear gehen wir also mit vier neuen Angeboten auf Sendung. Wir sind alle sehr gespannt, denn natürlich hat das auch viel Arbeit bedeutet. Aber wir sind ein unabhängiger Sender und kein Propagandasender. Wir bringen in die Berichterstattung über Ereignisse auf der Welt als einziger Auslandssender auch die deutsche Perspektive ein.
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RT Deutsch sendet auf Deutsch, unser neues Programm sendet auf Englisch. Wir sind kein Propagandasender, RT Deutsch schon eher. Wir sind ein öffentlich-rechtlicher Sender, der den Auftrag hat, aus Deutschland und der Welt zu berichten und deutsche Sichtweisen in die Welt zu tragen.
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Gerda Meuer, Programmdirektorin der Deutschen Welle
Wenn Sie nun sagen, die Deutsche Welle soll immer auch eine Stimme in der Welt sein, wird aus ihrer Sicht in der Zukunft wichtiger sein in vielen verschiedenen Sprachen als Marke DW präsent zu sein oder ein gut funktionierendes englischsprachiges Programm zu haben?
Natürlich ist es wichtig, mit allen unseren Sendesprachen präsent zu sein. Wir haben ja auch keine einzige Sprache eingestellt. Wir senden inzwischen auf 29 Sprachen. Die sind sehr wichtig und gut verankert. Wir haben steigende Nutzungszahlen in vielen verschiedenen Sprachen, zum Beispiel in Bengalisch, Arabisch und Amharisch. Wir sind in vielen Verbreitungsgebieten präsent und eben nicht nur mit einem englischen Newskanal. Der englische Kanal wurde renoviert und neu aufgestellt: neues Studio, neues Design, inklusive neuem On-Air-Design. Aber unsere Sprachangebote bleiben enorm wichtig. Sie sind auch deshalb so wichtig, weil es natürlich eine Verknüpfung gibt zu unseren Nachrichtenkanälen in den vier Fernsehsprachen. Die Regionalkompetenzen in unseren vielen Sprachen sind natürlich auch ein Unique Selling Point der Deutschen Welle.
Aber die Förderung der deutschen Sprache, die ja auch im Deutsche-Welle-Gesetz festgehalten ist, daran werden Sie auch weiter festhalten? Oder wären Sie das froh, wenn es diesen Punkt so im Gesetz nicht mehr gäbe?
Unsere DNA ist natürlich Deutsch. Wir sind ein deutscher Sender. Wir bieten Sprachkurse an und haben vielfältige Angebote für Deutschlernende und Deutsche in aller Welt. Natürlich setzen wir das fort. Ich sehe da gar keinen Widerspruch. Es hat niemand davon gesprochen, dass wir uns von Deutsch verabschieden. Oder wissen Sie da mehr?
Nein, deswegen Frage ich auch nur, ob es ihnen lieber wäre, wenn es diese Regelung nicht mehr geben würde.
Es geht darum, dass wir unseren Nutzern Programme anbieten. Wir haben unsere Zielmärkte evaluiert und wissen, was unsere Zuschauer und Hörer in aller Welt wollen. Danach stellen wir unser Programm auf. Und Deutsch ist genuiner Bestandteil – es gehört zur DNA der Deutschen Welle.
Es gibt ja gerade in jüngster Zeit im Netz eine nicht zwangsläufig große, aber auf jeden Fall eine laute Bewegung, die grundsätzlich alles anzweifelt, was von den großen deutschen Medienhäusern gesendet oder geschrieben wird. Wie muss man sich mit solchen Vorwürfen auseinandersetzen?
In dieser Frage sehe ich primär die Öffentlich-Rechtlichen im Fokus. Wir werden nicht so massiv getroffen wie unsere Kollegen von ARD und ZDF. Die beschäftigen ganze Abteilungen mit der Beantwortung solcher Anfragen. Wir können an dieser Stelle nur auf Qualitätsjournalismus setzen, und damit wären wir dann wieder bei der Eingangsfrage. Die Deutsche Welle steht für Qualität, und wir werden den Qualitätsjournalismus weiter genauso fördern wie in der Vergangenheit. Ich glaube auch, dass sich Qualität am Ende immer durchsetzt und dass sich die Nutzer für die richtigen Angebote entscheiden. Da setze ich stark auf unsere „Audience“ in der ganzen Welt.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Frage Gerda Meuer nicht beantwortet hat und was sie zum Einfluss der Kirche in ihrem Haus sagt.
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Natürlich stoßen unsere Berichte – die objektiv-neutral sind und nach unseren Standards produziert werden – hier und da auf Kritik.
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Gerda Meuer, Programmdirektorin der Deutschen Welle
Aber wird bei ihnen im Haus denn derzeit verstärkt darauf geachtet, was man zu den Themen Russland und Ukraine-Krise sagt oder sind die Qualitätsstandards da sozusagen „gleichbleibend hoch“?
Wir sind mit unserem russischen und ukrainischen Programm sehr gut aufgestellt. Wir senden ja in den Sprachen der genannten Länder und in die Gebiete, wo diese Sprachen gesprochen werden, hinein. Natürlich stoßen unsere Berichte – die objektiv-neutral sind und nach unseren Standards produziert werden – hier und da auf Kritik. Deswegen ist es sicherlich eine andere Situation als für ARD und ZDF, weil die eine Resonanz in Deutschland erzeugen. Wir erzeugen eine Resonanz in den entsprechenden Ländern und erreichen das Zielpublikum direkt.
Das ZDF versucht sich derzeit mit «heute+» an einem jungen Nachrichtenformat. Was glauben Sie: Brauchen junge Menschen wirklich eigene Nachrichten oder muss man mit den allgemeinen Nachrichten auch das jüngere Publikum ansprechen?
Wir versuchen natürlich auch Formate für junge Zuschauer in aller Welt zu entwickeln und haben das auch schon getan. Wir haben ein sehr schönes Format namens
«Life Links». Das bringt Einzelschicksale von jungen Menschen in der gesamten Welt zusammen. In erster Linie ist es ein Fernsehformat; es ist aber auch ein sehr netzaffines Produkt. Die Deutsche Welle hat generell in allen Märkten, in denen wir aktiv sind, sehr junge Zielgruppen. Der afrikanische Kontinent, der arabische Raum aber auch Amerika sind extrem junge Gesellschaften und in Sachen Zielgruppen nicht mit Europa zu vergleichen. Der Moderator eines unserer arabischen Formate,
«Shabab Talk»,
(Jaafar Abdul Karim, Anmerkung der Redaktion), zum Beispiel, ist so bekannt in Kairo, dass junge Leute ihn umringen, wenn er da über die Straße geht. Er thematisiert in seinem Format Dinge wie vorehelichen Geschlechtsverkehr. In den Gesellschaften, in denen wir senden, sind das Tabuthemen. Damit kommen wir gerade bei jungen Leuten gut an. Natürlich setzen wir auch sehr stark auf die sozialen Medien – auch, weil wir ein Sender sind, der aufgrund seiner finanziellen Lage schon immer sehr flexibel reagieren und auch Innovationen wagen musste. Aber auch, weil wir wissen, dass die Welt um uns herum, also außerhalb Europas, ganz anders ist. Wir haben jetzt gerade eine neue App herausgebracht. In den ersten Tagen ist sie in den App Stores schon sehr oft heruntergeladen worden und unter den Top 4 eingestuft – und das in allen 29 Sprachen. Damit erreichen wir vor allem junge Leute, und deshalb habe ich das Gefühl, wir sind ziemlich gut aufgestellt. Unsere Zielmärkte sind einfach seit jeher schon jünger als ganz speziell der deutsche Markt.
In ihrem Haus hat noch immer auch die Kirche starken Einfluss, ein Teil des Programms wird sogar von der evangelischen und katholischen Kirche selbst mitverantwortet. Auch ihr Rundfunkratsvorsitzender ist aktiver Theologe. Inwiefern finden Sie das in einem säkularen Staat angemessen?
In allen Gremien der öffentlich-rechtlichen Anstalten sitzen immer Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppen. Die Kirchen in Deutschland sind natürlich starke Interessenvertreter. Natürlich sitzt auch in unserem Rundfunkrat ein Vertreter einer Kirche. Ihre Behauptung, dass es einen Einfluss gibt von der Kirche, das müssten Sie mir erstmal belegen. Unsere Gremien sind unabhängig aufgestellt; sie beraten uns und sind Vertreter gesellschaftlicher Gruppierungen.
Die Frage ist doch: Wenn ich Programm habe, welches von Kirchen mitverantwortet wird, was würde denn grundsätzlich dagegen sprechen, die Themen ohne Verantwortung der Kirche sozusagen aus neutraler Sicht darzustellen?
Es gibt keine redaktionelle Verantwortung von der Kirche.
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Die Kirchen in Deutschland sind natürlich starke Interessenvertreter. Natürlich sitzt auch in unserem Rundfunkrat ein Vertreter einer Kirche. Ihre Behauptung, dass es einen Einfluss gibt von der Kirche, das müssten Sie mir erstmal belegen.
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Gerda Meuer, Programmdirektorin der Deutschen Welle
Na, aber einzelne Sendungen werden doch schon mitverantwortet?
Nein. Wir haben eine separate Kirchenseite, und die bestücken wir mit allen Angeboten der öffentlich-rechtlichen Programme. Der Gottesdienst im ZDF wird auch gestreamt, aber das sind normale öffentlich-rechtliche Angebote. Wo sehen Sie denn da den Einfluss? Ich sehe den nicht.
Es muss ja nicht zwangsläufig Einfluss geben, aber man setzt sich ja doch ein Stück weit der Gefahr aus in den Verdacht zu geraten, wenn es ein Portal gibt, das offiziell von den Kirchen getragen wird und den Namen der Deutschen Welle trägt.
Aber dann müssten Sie aus der Tatsache, dass wir Wirtschaftsmagazine senden, auch ableiten, dass die Wirtschaft bei uns Einfluss hat.
Aber der BDI verwaltet ja keine Seite mit ihrem Namen darüber.
Das gilt auch für die Kirchen. Die verwalten ebenfalls keine unserer redaktionellen Seiten.
(Anmerkung der Redaktion: In einer Pressemitteilung der Deutschen Welle aus dem Februar 2015, wird von „von den Kirchen verantworteten Inhalten“ gesprochen, wobei dort angemerkt ist, dass die redaktionelle Endabnahme bei der Deutschen Welle liegt)
Anmerkung der Redaktion: Auf die nachfolgende Frage gab es von Frau Meuer keine Antwort, da sie, wie DW-Pressesprecher Christoph Jumpelt erklärte, als Programmdirektorin lediglich Fragen zum Programm beantworten sollte. Diese sowie die nachfolgende Frage wurden daher separat an die DW-Pressestelle gestellt.
Im August des vergangenen Jahres hat sich Ihr Sender von der chinesischen Journalistin Su Yutong getrennt. In den Medien hieß es, dass ein kritischer Tweet gegen den Kollegen Frank Sieren den Ausschlag gegeben hat, der zuvor gesagt hatte, dass die chinesische Regierung nicht alleine Schuld am Massaker von Tianamen war. Ging es da nur um die Kritik an der Deutschen Welle selbst und um die durchaus derbe Fotomontage, die Yutong von Sieren veröffentlichte oder hatte das noch andere Hintergründe?
Was sagen Sie denn zu Yutongs Vorwürfen, dass die DW den offiziellen Standpunkt der chinesischen Regierung nahezu kritiklos übernimmt?
Anmerkung der Redaktion: Als Reaktion auf die Anfrage im Nachgang des Interviews verwies die Pressestelle auf eine Pressemitteilung vom 20. August 2014, welche
hier nachzulesen ist. Dem, so die Erklärung, gebe es inhaltlich nichts hinzuzufügen.