So merkwürdig es bei all den aufwendig inszenierten Hallen auch klingen mag, aber auf der IFA 2015 haben die großen Hersteller von Fernsehgeräten die Dunkelheit für sich entdeckt.
In seinem Eröffnungsvortrag stellt Sang-Beom Han, Display-Chef bei LG, den aktuellen Entwicklungsstand von Bildschirmen und die zukünftige Richtung der Firma vor. Dabei konzentriert er sich auf den Stellenwert des Lichts in der Geschichte der menschlichen Entwicklung: Vom Feuer zur Glühbirne, von Röhren- zu LED-Fernsehern. An der Spitze der derzeitigen Evolutionsstufe stehen nun organische Displays, die einen neuen Fotorealismus in die Wohnzimmer bringen sollen und gern als Gamechanger bezeichnet werden. Ihr besonderes Merkmal: Die neuen Bildschirme sind noch dünner als LED-Fernseher und können neben höheren Farbkontrasten auch ein „perfektes“ Schwarz darstellen.
Wie funktioniert's? Die OLED-Displays arbeiten mit selbstleuchtenden Pixeln, also mit Molekülen, die Licht ausstrahlen, anstatt wie bei LC-Displays von hinten beleuchtet zu werden. Der Vorteil: ausgeschaltete Bestandteile der Bildschirmfläche emittieren im Gegensatz zu LCD-Pixeln keinerlei Licht, was das tiefe Schwarz möglich macht. Sogar Ridley Scott hat sich in einer Videobotschaft dazu hinreißen lassen, dies als Verwirklichung des Traums eines Filmemachers zu preisen.
In Zukunft, so die Vision von Sang-Beom Han und seinen Entwicklern, sollen Bildschirme von ihrer starren Form befreit werden, um alle Möglichkeiten flexibler Materialen auszunutzen. Das dünne organische Material kann auf vielfache Weise verwendet werden, egal ob ausrollbar, auf Textilien, transparent oder verspiegelt. Vorgestellt wurden in diesem Zusammenhang auch Bildschirme zur Ausstattung von Shops im Einzelhandel. Dort sollen digitale Informationen auf halbtransparenten Displays vor Schaufensterpuppen oder mit verspiegeltem Hintergrund bei der Kaufentscheidung helfen. Den ersten Fernseher mit OLED-Bildschirm kann man bereits für stolze 6.000€ käuflich erwerben.
Grundlegender Bildschirmtrend der IFA 2015 ist die Optimierung von Bildqualität mit höheren Auflösungen und Kontrasten. UHD-Geräte sind in fast allen Hallen der Fernsehgeräteherstellern zu finden, die entweder mit Nanokristallen in LCD-Bildschirmen oder den neueren OLED-Displays Farben zum Leuchten und Strahlen bringen und aus früheren Grauschleiern ein tiefes „perfektes“ Schwarz machen. Was die Bildschirmauflösung angeht, soll sich in naher Zukunft UHD vollkommen durchsetzen und mit ersten Übertragungsangeboten beim digitalen Antennenfernsehen mit einem effizienteren Komprimierungsstandard Einzug in die Wohnzimmer finden. Die Tendenz geht für die nähere Zukunft, zumindest bei den „Early Adopters“ unter den Konsumenten, dann von 4K weiter in Richtung 8K.
Der diesjährige „Technische Innovationspreis“ der IFA ging sogar an einen Fernseher mit einer 10K-Auflösung. Da Sender und Streaming-Dienste im Moment aber noch an der Übertragung von Programmen in 4K arbeiten, dürfte sich ein Kauf eines 8K-Geräts eher für langfristige Planer und Technikversessene lohnen. Wer sich doch schon ein solches Gerät zulegt, kann den Bildschirm zum Beispiel am experimentellen Dokumentarfilm Baraka ausprobieren, der mit seiner weltweit ersten HD-Abtastung in 8K als technischer Referenzfilm gilt. Am Aufbau einer DVB-T2-Plattform zur Übertragung von Sendeinhalten mit UHD-Qualität wird gearbeitet, da das digitale Antennenfernsehen DVB-T keine HDTV-Signale übertragen kann. Dafür werden dann neue Empfangsgeräte nötig sein, außer man legt sich Fernseher zu, bei denen der neue Receiver bereits integriert ist. Vorsicht ist beim Kauf von Endgeräten geboten, die in Österreich oder Skandinavien hergestellt wurden, da diese für den deutschen DVB-T2-Standard nicht geeignet sein sollen.
Ein weiterer großer Trend bei Fernsehgeräten sind die gebogenen Bildschirme, die der Krümmung des Auges nachempfunden sind und dem Bild mehr Tiefe geben. LG, Samsung und der chinesische Hersteller Changhong hatten schon im letzten Jahr Prototypen im „curved design“ auf der IFA. Diesmal sind sie fast überall zu sehen. Philips versucht sich zusätzlich dazu mit Ambilight von den anderen Herstellern abzuheben. Mit der Technik wird die Wand um den Bildschirm herum mit den Farbbereichen angestrahlt, die auf dem Schirm angezeigt werden. Dies soll nicht bloß einen ästhetischen Effekt erzielen, sondern auch die Augen schonen.
3D-Fernsehen ist im Moment dagegen eher out. Zwar haben einige große Hersteller noch ein oder zwei Vorführobjekte, von vielen wird aber bestätigt, dass sich die Hersteller vorerst auf die oben genannten Trends konzentrieren. Sehr viel öfter sieht man in den Messehallen Menschen mit Virtual-Reality-Brillen ihre Köpfe merkwürdig herumschlenkern, zögerlich fast, nachdem sie immer nur daran gewöhnt waren, ihre Köpfe von der Couch oder dem Sessel aus unbewegt in Richtung Fernseher oder PC-Bildschirm zu halten. Wer sich eine VR-Brille aufsetzt, hat aber von einem festgelegten Standpunkt aus einen uneingeschränkten 360°-Blick. Die gezeigten virtuellen Räume bestehen entweder aus zusammengesetzten Fotos oder wurden im Rechner entwickelt und können zum Teil interaktiv genutzt werden.
Wer das ganze schon jetzt zu Hause mit seinem Smartphone ausprobieren möchte, kann sich eine der zahlreichen Apps dafür herunterladen, sich ein VR-Brillengehäuse bestellen und dann direkt loslegen. Gehäuse sind als preiswerte Varianten aus Pappe sowie als teures Designobjekt von Zeiss erhältlich. Sony bringt für seine PS4 bereits in der ersten Hälfte 2016 eine VR-Brille mit Spielen auf den Markt. Bei Computerbildschirmen setzen Hersteller wie bei den Fernsehern ganz auf höhere Auflösungen bis in den UHD-Bereich und auch hier auf curved design. Damit soll wie beim TV-Entertainment das Spielerlebnis optisch verschönert werden. Bei Desktop-PCs gibt es noch den Versuch, Touchscreen-Monitore als Sparte zu etablieren.
Beim Gang durch die Hallen der IFA 2015 bleibt schlussendlich der Eindruck, dass die Bildschirmtrends für Fernseher und Monitore ganz im Zeichen des Wettrennens um schönere Pixel, höhere Kontraste und neue Designs stehen. Und vor allem die Jagd nach dem „perfekten“ Schwarz ist Trend geworden. Es bleibt abzuwarten, wie schnell die Preise für die Geräte in erschwingliche Höhen sinken und wie schnell ein breites Angebot an Inhalten von Sendern bereitgestellt wird, um das Potential der Technik auszuschöpfen.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Warum die Hersteller die aktuellen GfK-Studien nicht so gerne hören werden.
Die 4K-Problematik in der Realität
Dem Nürnberger GfK-Marktforschungsinstitut zufolge kauft sich lediglich jeder zehnte Deutsche einen Ultra-HD-Fernseher. Wenn dieser Glück hat, wird seine Anschaffung aber erst in Jahren belohnt werden. Denn de Grundproblematik bei der Anschaffung eines 4K-fähigen Gerätes, geschweige denn eines mit höherer Auflösung, liegt darin, dass zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr wenige Inhalte mit entsprechender Qualität zu finden sind. Momentan legen nämlich nur wenige Fernsehproduzenten viel Wert darauf, in 4K-Format zu produzieren.
Bei 4K handelt es sich um einen Bildstandard, der bei der vierfachen Auflösung des uns bekannten HD-Fernsehens anzusiedeln ist. Expertenschätzungen zufolge werden bis Ende des Jahres etwa eine Million Haushalte einen UHD-Fernseher besitzen. Sender wie Das Erste oder ZDF senden bis heute aber noch nicht einmal in Full-HD-Schärfe, gerade erst im letzten Jahr wurde die gesamte Studiotechnik auf HD-Fernsehformat umgestellt. Nach 4K-Inhalten sucht man beinahe vergeblich, weder Kabel Deutschland, noch Unitymedia besitzen 4K-Kanäle.
Einzig und allein Internetanbieter wie Netflix oder Amazon versorgen die Konsumenten mit 4K-Inhalten. US-Serien wie «House of Cards» werden in 4K-Auflösung ausgestrahlt, jedoch setzt dies ein Platin-Abonnement voraus, empfohlen wird sogar eine Internetleitung von mindestens 25 Megabit pro Sekunde. In Deutschland arbeitet Maxdome an 4K-Angeboten, bislang ist aber noch nicht mehr bekannt. Des Weiteren müssen der Fernseher selbst und der Netflix-Player das Format unterstützen, doch nicht jedes Gerät ist dazu in der Lage.
Bei Amazon ist die Grundvoraussetzung, um 4K-Inhalte zu empfangen, Kunde von Amazon-Prime zu werden. Wer das richtige Fernsehgerät besitzt, kann hier Blockbuster wie «Captain Phillips» und «The Amazing Spiderman 1+2» in ultrascharfer Qualität begutachten. TV-Hersteller versuchen Ultra-HD-Fernseher medienwirksam zu vertreiben, doch alles in allem lässt sich sagen: Zwar werden die Geräte allmählich günstiger, die Inhalte, Anschlüsse und Ausgabegeräte fehlen aber noch, um als Kunde Wert aus diesen Fernsehern ziehen zu können. Aber vorsicht: Die bisherigen Amazon-Geräte "Fire TV" und "Fire Stick" können kein 4D-Signal an die Fernseher weitergeben.
Tipp: Wer sich ein UHD-Gerät anschaffen möchte, sollte auf jeden Fall Preisvergleiche der verschiedenen Anbieter anstellen. Außerdem sind noch die Kosten für einen Fire-Stick und eine einwandfreie Internetverbindung mit einzuberechnen. Die Haushalte, die sich ein UHD-Gerät angeschafft haben bzw. kurz davor sind sich eines anzuschaffen, sollten in naher Zukunft aber nicht mit einer allzu großen Auswahl an 4K unterstützten Formaten rechnen.