Friedrich von Thun: 'In Humor und Spannung sehe ich keinen Gegensatz'

Im Interview mit Quotenmeter.de spricht der Schauspieler über die neue ZDF-Reihe «Schwarzach 23», Humor in Krimis und bislang unerfüllte Rollenwünsche.

Zur Person:

Friedrich von Thun wurde am 30. Juni 1942 in Kwassitz (heute Tschechien) geboren. Der österreichische Schauspieler spielte bereits 1964 erstmals in einem Kinofilm mit, nachdem er sein Studien für Germanistik und Theaterwissenschaften abgeschlossen hatte. Seine ersten Rollen erhielt er nach einem Vorsprechen bei Axel von Ambeser, der ihm auch ein Engagement bei den Münchner Kammerspielen verschaffte. Über 100 Fernseh- und Kinproduktionen stehen mittlerweile in seiner Vita, darunter «Schindlers Liste», «Hitler - Aufstieg des Bösen» und verschiedene «Tatorte». In «Schwarzach 23» stand er zuletzt als ehemaliger Polizeibeamter mit unorthodoxen Methoden vor der Kamera.
Herr von Thun, seit über 50 Jahren verfolgen Sie den Beruf des Schauspielers. Inwiefern war die Produktion von «Schwarzach 23» dennoch eine neue Erfahrung und eine neue Herausforderung?
Für einen Schauspieler ist es immer schön, wenn er ein Rollenangebot bekommt, das sich abhebt von den üblichen Engagements. Diese Figur ist ein chaotischer, anarchischer, ehemaliger Polizeibeamter, dessen Methode nicht ganz dem Gesetz entspricht. Trotzdem handelt er im Interesse der Gerechtigkeit. Das macht natürlich Spaß.

«Schwarzach 23» handelt von einer Familie aus Polizisten, die aus drei Generationen besteht. Somit wirken ganz junge bis eher betagte Schauspieler an der Produktion mit. Versuchen Sie in solchen Produktionen, Ihre Erfahrung an Ihre jüngeren Kollegen weiterzugeben?

Naja, die Arbeit am Set ist immer eine Arbeit im Kollektiv. Man arbeitet an einer Szene, jeder bringt sich ein und macht das, was er für richtig hält. Danach schaut man, ob das gut ist. Wenn etwas anders besser geht, dann kann man dezent darauf hinweisen, aber ich bin nicht der Oberlehrer (schmunzelt). Das sind alles gestandene Leute und gute Schauspieler. Wenn jemand sich Tipps holen will, dann kann er die gerne haben. Aber so funktioniert unser Beruf im Allgemeinen nicht. Er funktioniert im Kollektiv und das ist auch gut so.

Sie lernen also auch manchmal etwas von Ihren jüngeren Kollegen dazu?
Na klar. Es ist schön zuzuschauen, wie unterschiedlich die Personen an so etwas herantreten. Das ist sehr spannend. Erwachsene Menschen kommen zusammen und stellen etwas dar, was sie einem Buch entnommen haben. Dann sieht man erst, wie es in Wirklichkeit aussieht. Buch und Wirklichkeit unterscheiden sich ja immer.

Krimi-Reihen erfreuen sich im deutschen Fernsehen einer großen Beliebtheit, insbesondere das ZDF unterhält ungemein viele solcher Formate. Worin liegt der Mehrwert von «Schwarzach 23»?
(lacht) Darin, dass der Film völlig aus der Reihe fällt. Das ist ein Film, in dem nicht sehr viele Klischees bedient werden, z.B. Menschen mit Pappbechern, die sich erkundigen, wo man am Abend davor von 8 bis 10 Uhr war. Es läuft sehr vieles anders in dem Film und das finde ich sehr spannend.

Humor spielt in «Schwarzach 23» eine große Rolle. Wenn bei einem Krimi Humor im Spiel ist, gehen größere Spannungsmomente oft zugunsten des Witzes verloren. Finden Sie, dass das auch bei «Schwarzach 23» der Fall ist?
Ich empfinde das überhaupt nicht so, dass Humor die Spannung nicht fördert. Darin sehe ich keinen Gegensatz.
Friedrich von Thun über Krimis mit Humor.
Ich empfinde das überhaupt nicht so, dass Humor die Spannung nicht fördert. Darin sehe ich keinen Gegensatz. Es ist vielleicht sogar die große Kunst, beides zu verbinden. Dass man nicht bierernst in traurigen Bildern einem Verbrechen nachgeht, sondern dass man durchaus auch schmunzeln kann und Freude hat an ungewöhnlichen Situationen. Ich finde, das ist ein positiver Punkt in solchen Filmen.

Warum ist die Familie Germinger, um die es in «Schwarzach 23» geht, in Ihren Augen denn so unterhaltsam?
(lacht) Kennen Sie eine Familie, in der die Großeltern getrennt leben, die Großmutter einen Liebhaber hat und der Großvater mit einem Joint herumläuft oder sich im Bordell massieren lässt?

Noch nicht.
Ich auch nicht (lacht).

Sie wirkten bereits an ungemein vielen Krimi-Produktionen mit. An mehreren «Tatorten», «Der Alte», «Derrick» oder auch «Ein starkes Team». Gefallen Ihnen eher die düsteren Filme oder eher die leichtherzigen wie «Schwarzach 23»?
Düster, hell – der Film muss gut sein. Dann ist mir egal, ob er düster oder fröhlich ist.
Friedrich von Thun über Vorlieben im Rahmen von Film-Engagements.
Ich bin jetzt kein Mensch, den man auf Krimis festlegen kann. Ich habe schon viele Krimis gemacht, aber ich hab auch sehr viele Filme gemacht, die sich mit wichtigen Themen auseinandersetzen, mit relevanten gesellschaftlichen Themen, aber auch Komödien. Düster, hell – der Film muss gut sein. Dann ist mir egal, ob er düster oder fröhlich ist. Wenn der Film abgeschlossen ist und in sich stimmt, dann bin ich froh und die Arbeit ist gelungen. Wenn das nicht der Fall ist, hat man Pech gehabt.

Gab es in Ihrer Schaffenszeit Rollen, die Ihnen am liebsten waren? Ist «Schwarzach 23» vielleicht eine dieser Rollen?
Die letzte Produktion ist mir immer die liebste. Wenn man so viele Filme gemacht hat wie ich, hat man keine Beliebtheitsrangliste. Es gibt vielleicht Filme, die für mich wichtig waren, aber so kann ich das nicht sagen. Ich finde, dass dieser Film sehr gelungen ist.

Sie sind nun 73 Jahre alt. Denken Sie, Sie interessieren sich heutzutage für andere Arten von Rollen als früher?
Man will nicht in einer Schublade stecken und nur ganz bestimmte Sachen machen, sondern seine Möglichkeiten ausweiten. Nichts sollte man ausschließen und dabei hoffen, dass die Plattform, auf der man sich bewegt, möglichst breit bleibt.
Friedrich von Thun über sein Interesse an verschiedenen Rollen.
Nein, es ist ganz wichtig als Schauspieler, dass man offen und neugierig bleibt. Dass man alle Möglichkeiten, die einem geboten werden, abklopft – ob man das nun später macht oder nicht. Man will ja nicht in einer Schublade stecken und nur ganz bestimmte Sachen machen, sondern seine Möglichkeiten ausweiten. Nichts sollte man ausschließen und dabei hoffen, dass die Plattform, auf der man sich bewegt, möglichst breit bleibt.

Gibt es auch bislang unerfüllte Rollenwünsche? Eine Richtung, in die es noch gar nicht gegangen ist, die Ihnen aber lieb wäre?
Wenn ich einen Wunsch hätte, dann würde ich gerne einen tollen Film mit meinem Sohn machen. Das planen wir jetzt gerade und ich freue mich schon drauf, in der Konstellation mal etwas Gutes zu machen.

Das hört sich gut an. Erst vor Kurzem spielten Sie in «Letzte Ausfahrt Sauerland» einen Grantler, nun verkörpern Sie in «Schwarzach 23» wieder einen eher mürrischen Charakter. Warum scheinen die Castingagenten bei solchen Rollen dieser Tage häufig an Sie zu denken?
(lacht) Hoffentlich tun sie das auch künftig. Ich kann Ihnen das so nicht sagen. Ich glaube, es ist ein Zufall gewesen.

«Schwarzach 23» spielt in Bayern. Inwiefern macht sich das im Film bemerkbar, welche Rolle nimmt Bayern ein?
Dadurch dass es in Bayern spielt, hat es auch den entsprechenden Humor und die Sprache. Es ist ein integraler Bestandteil dieses Stoffs, weil ich ihn mir jetzt nicht in Holstein vorstellen könnte. Das könnte aber auch an meiner mangelnden Vorstellungskraft liegen (schmunzelt). Ich finde, es gibt der Sache eine wunderbare Farbe. Es ist ein Versuch die Sache zu lokalisieren und er ist gut gelungen.

Danke für das Gespräch.


Das ZDF zeigt «Schwarzach 23» erstmals am 24. Oktober 2015 ab 20.15 Uhr.
18.10.2015 12:01 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/81406