Die Kritiker: «Schwarzach 23 – Und die Hand des Todes»

Die neue Samstagskrimireihe des ZDF handelt von einer Familie aus Polizisten, die sich gemeinsam einem Fall annehmen. Auch Humor soll beim Krimi nicht zu kurz kommen. Gelingt der Genremix?

Cast & Crew:

Vor der Kamera:
Maximilian Brückner, Friedrich von Thun, Marlene Morreis, Gundi Ellert, Thomas Schmauser, Jockel Tschiersch, André Jung, Frederic Linkemann, Judith Bohle, Elisabeth Schwarz, Stefan Merki, Michael A. Grimm

Hinter der Kamera:
Buch: Christian Jeltsch & Michael Comtesse; Regie: Matthias Tiefenbacher; Kamera: Martin Farkas, Szenenbild: Birgit Kniep-Gentis; Schnitt: Horst Reiter; Musik: Biber Gullatz, Andreas Schäfer; Produktion: TV60 Filmproduktion GmbH; Produzenten: Andreas Schneppe, Sven Burgemeister
Das Genre ‚Schmunzelkrimi‘ sollte bei den Öffentlich-Rechtlichen mittlerweile gelernt sein. Insbesondere Das Erste versucht sich nun schon seit vielen Jahren mit seiner «Heiter bis tödlich»-Marke an verschiedensten Formaten dieser Couleur, die jedoch bislang so gar nicht fruchten wollten. Zuschauer meiden, Kritiker verreißen die meisten dieser zu seicht geratenen Formate. „Ich empfinde das überhaupt nicht so, dass Humor die Spannung nicht fördert. Darin sehe ich keinen Gegensatz.“ entgegnete Friedrich von Thun auf die Quotenmeter.de-Frage, ob ein zu scherzhafter Umgang innerhalb der Geschichte nicht der Dramatik einen Abbruch tut. Der 73-Jährige Schauspiel-Veteran sollte es wissen, nicht nur aufgrund seiner großen Erfahrung, sondern auch weil er nun selbst Teil einer neuen Krimireihe ist, die am ZDF-Samstag sowohl für Spannung als auch für Lacher sorgen soll.

Von Thun spielt Franz Germinger Senior, Familienpatriarch und pensionierter Ex-Polizist, dessen Sprösslinge Franz Junior (Maximilian Brückner) und Anna (Marlene Morreis) beide ebenfalls ihren Weg in die Polizeiarbeit fanden. Kommissar Franz Germinger Junior übernimmt den Fall um einen ermordeten Schrotthändler, der der Familie Germinger privat sehr nahe stand. Sowohl der Vater als auch seine Schwester können nicht davon lassen, ihre eigenen Ermittlungen voranzutreiben, als am Anfang noch vieles im Dunkeln bleibt. Insbesondere mit dem Senior der Familie entstehen dadurch Reibereien, zu dem Franz Junior sowieso ein unterkühltes Verhältnis hat. Nicht zuletzt, weil Franz Senior alles andere verkörpert als den typischen Rentner. Neben seinen Bordellbesuchen und seinem Marihuana-Konsum zeigt sich dieser auch in Sachen unkonventioneller Ermittlungsmethoden ziemlich umtriebig. Bald führt die Spur zu einem Geldverleiher (Thomas Schmauser), der um ein Haar auch noch den besten Freund Franz Seniors Harry (André Jung) in den Tod treibt. Obwohl die Germingers sich mächtig auf den Keks gehen, halten sie zusammen, als es hart auf hart kommt…

Zugegeben: Auf dem Papier klingt die Geschichte um die Eskapaden und Nicklichkeiten innerhalb der Familie Germinger kalkuliert. Lässt man sich jedoch auf den ersten Fall der neuen ZDF-Krimireihe ein, wird klar, dass Darsteller Friedrich von Thun nicht zu viel versprochen hat, als er sagte, dass der Film völlig aus der Reihe fällt. Das tut «Schwarzach 23 – Und die Hand des Todes» nämlich insofern, als dass eine Mischung aus Krimi und (Familien-)komödie endlich einmal intelligent gerät. Eine Krimireihe macht es sich stets zum Ziel, seine Zuschauer langfristig zu binden. Mit dem Tempo und der Dichte, die die erste Viertelstunde der ersten Episode besitzt, stehen die Chancen gut, die Zuschauer sogleich für sich zu gewinnen.

Quotenmeter.de-Interview: Friedrich von Thun

Im Interview mit Quotenmeter.de spricht der Schauspieler über die neue ZDF-Reihe «Schwarzach 23», Humor in Krimis und bislang unerfüllte Rollenwünsche.
Das komplette Interview gibt es hier.
Sehr straff und kompakt gewinnen Fernsehende durch Tatortinspektion und einem gerade so vereitelten Selbstmord Einblick in den Fall, während gleichzeitig durch den Fokus auf den leitenden Ermittler Franz Germinger Junior dessen Verhältnisse zur Verwandtschaft geklärt werden. Zu seiner überambitionierten Schwester, die von der Polizei-Hierarchie unter ihm steht, aufgrund ihrer Intelligenz jedoch gerne mal ihre Nase tief in die Ermittlungen des Bruders steckt und das stets auf die Vorschrift bedachte Geschwisterlein dadurch in den Wahnsinn treibt. Und auch zu seinem, einem sehr liberalen Lebensstil nachgehenden, Vater, den Franz Junior nach einer Massage mit Zusatzleistungen bei einer Bordell-Razzia erstmals im Fall antrifft – wohl das komödiantische Highlight der Folge. Dabei wird schnell klar, dass Regisseur Matthias Tiefenbacher einen anderen Anspruch an seinen Krimi hat als viele andere deutsche Kollegen. Die Optik erinnert schnell an Vorbilder aus den USA.

Gleichzeitig erinnern wir uns an die Worte Friedrich von Thuns, der in Humor und Spannung keinen Gegensatz sieht. Vielleicht hat er recht, diesem Debütfall der liebenswert chaotischen Familie Germinger gehen Spannungsmomente dennoch ab. Vor allem durch Bösewicht Hermann Böhm, der als schmierige Karikatur eines Kredit-Mafiosos aufgezogen wird, letzten Endes aber nur dazu dient, die Generationen-Metapher, die «Schwarzach 23» wohl auch in künftigen Episoden begleiten wird, auf ein neues komödiantisches Niveau zu heben. In der Krimi-Reihe finden sich in den betagteren Charakteren die trickreicheren, gewiefteren, schlaueren. Nicht nur im Falle von Franz Germinger Senior, der seinem Sohnemann in Sachen effizienter Ermittlungsmethoden mehrere Schritte voraus ist, sondern auch in seinem Kumpel Harry, der ständig versucht seinen zurückgebliebenen und auf die schiefe Bahn geratenen Sohn Nick (Frederic Linkemann) vor Ärger zu bewahren. Schließlich, und hier sei nicht zu viel verraten, an der herrischen Mutter (Elisabeth Schwarz) des Ganoven Böhm, die auch schon ihre Erfahrungen mit Franz Germinger Senior gemacht hat.

Das Bayrische äußert sich vor allem im Umgang und der Art der Figuren, die von ihren Darstellern alle formidabel gespielt werden und ihre Rollen wie eine zweite Haut überstreifen. Das Versprechen keine Klischees zu bedienen, welches Friedrich von Thun gegenüber Quotenmeter.de tätigte, kann die Premieren-Ausgabe nicht ganz einhalten. Im Falle von «Schwarzach 23» findet sich in der Überzeichnung des Schurken mit mehreren Mafia-Stereotypen allerdings klare Absicht wieder. Dass bei dessen Auftritten im Hintergrund italienische Volkslieder bemüht werden, während Szenen im griechischen Restaurants ‚Sorbas‘ (Namensgebung kein Zufall) mit einem ‚Sirtaki‘ unterlegt werden, erscheint wiederum in Krimis absolut überstrapaziert und typisch deutsch.

Durch den Comedy-Fokus, der sich so auch wesentlich auf den Fall ausweitet, bleiben die Krimi-Elemente der Realität stets weit fern. Ohnehin liegen die großen Stärken von «Schwarzach 23 – Und die Hand des Todes» jedoch darin, diesen Fall durch alle Konstellationen innerhalb der Germingers schlängeln zu lassen und dadurch wunderbar die Psychologie einer Familie offen zu legen, die einander häufig genervt bis chronisch verschlossen und ablehnend begegnet, letzten Endes aber zueinander stehet. So ergeben sich immer wieder und besonders zum Showdown melancholische und bewegende Szenen, als wieder einmal klar wird, dass Blut dicker als Wasser ist. Dahingehend haben auch die Autoren Christian Jeltsch und Michael Comtesse hervorragende Arbeit geleistet.


Das ZDF strahlt «Schwarzach 23 - Und die Hand des Todes» am 24. Oktober 2015 um 20.15 Uhr aus.
22.10.2015 12:57 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/81509