Das «Ein Fall für zwei»-Reboot kehrt zurück

Manchen war das «Ein Fall für zwei»-Reboot zu modern, anderen nicht eigenständig genug. In welche Richtung geht nun Staffel zwei?

Die erste Staffel der Neuauflage von «Ein Fall für zwei» startete 2014 aus Quotensicht zwar sehr gut, jedoch sind im Laufe der Season viele Zuschauer verloren gegangen (siehe Infobox). Ein Kritikpunkt, der seitens vieler eingefleischter Fans der «Ein Fall für zwei»-Originalserie laut wurde, und somit möglicherweise an den sinkenden Quoten Mitschuld getragen hat: Der Neuaufguss mit Antoine Monot junior und Wanja Mues als ungewöhnliches Anwalt-Privatdetektiv-Gespann habe zu wenig mit dem Serienklassiker gemeinsam. Übernommen wurde nahezu ausschließlich die besagte Konstellation der Hauptfiguren und das Ziel, bei der kriminologischen Vorgehensweise Wege zu schildern, die sich von der üblichen Polizeiarbeit abheben.

Neu ist im «Ein Fall für zwei»-Reboot dagegen, dass das für so viele Krimiformate obligatorische „odd couple“ erst wieder lernen muss, miteinander klar zu kommen: Anwalt Benjamin Hornberg und Privatdetektiv Leo Oswald waren Jugendfreunde und verloren einst ihre Bindung zueinander. Diese wächst in der Serie allmählich und behutsam nach, was frechere Wortwechsel und eine größere dramatische Fallhöhe in den Szenen erlaubt, die sich um das Duo drehen. Diesem Pluspunkt standen in den Augen mancher Fans allerdings solche Kritikpunkte gegenüber wie überfrachte Drehbücher, die den Stoff eines guten 90-Minüters in 60 Serienminuten zwängen und eine Inszenierung, die sich befremdlich stark auf moderne, dynamische Stilmittel verlässt.

Den gesunkenen Einschaltquoten und der zwiespältigen Zuschauerresonanz zum Trotz gibt es dieses Jahr doch noch vier weitere Episoden der «Ein Fall für zwei»-Neuauflage zu sehen. Dass das ZDF der Presse vorab nur die zweite Episode zur Verfügung gestellt hat, dürfte für so manche hochgezogene Augenbraue sorgen. Schließlich kehrt im Staffelauftakt Claus Theo Gärtner alias Detektiv Josef Matula zur Krimimarke «Ein Fall für zwei» zurück, um einmalig seinen beiden Erben unter die Arme zu greifen. Ein eigener 90-Minüter, in dem seine altbekannte Rolle im Mittelpunkt steht, ist derzeit in Arbeit.

Zwar wird sich erst am 31. Oktober zur besten Sendezeit im ZDF zeigen, wie die Matula-Rückkehr ausfällt, die erste „normale“ Episode der neuen «Ein Fall für zwei»-Staffel dagegen wurde der Presse bereits gezeigt. Und zumindest diese Folge erweckt den Eindruck, dass sich die Serienmacher nicht zu sehr von den härteren Kritiken an Season eins haben verunsichern lassen. Mit dichter Atmosphäre, gestützt durch den wiederholten Einsatz einer finster-verzweifelten Version des Charthits „Sweet Dreams“, und einer ausgebleichten Farbästhetik bleibt sich das neue «Ein Fall für zwei» selber treu, statt nun verkrampft dem Look und Klang des Originals nachzueifern. Lernresistent waren die Verantwortlichen aber auch nicht, und so werden die übermäßig genutzten Zooms und zum Selbstzweck verkommenen häufigen Kameraschwenks der ersten Staffel deutlich gedrosselt.

Vor der Kamera arbeiten Mues und Monot junior ihre Rollen weiter aus, und vor allem Monot junior, der in der Episode „Aus Mangel an Beweisen“ im Mittelpunkt des Geschehens steht, verleiht seiner Figur interessante Zwischentöne. Neu hinzugestoßen zum Kernensemble der Serie ist Bettina Zimmermann als Staatsanwältin Claudia Strauss, deren Laune schnell kippt und die dem „odd couple“ ebenso gut im Weg stehen kann, wie sie sich als wertvolle Unterstützerin zu entpuppen versteht. So sehr Zimmermann mit ihrer dezent aneckenden, aber auch kooperativen Art den Liebhabern der Originalserie gefallen dürfte, so könnte der Tonfall der Folge „Aus Mangel an Beweisen“ wieder auf Kritik stoßen.

Benni Hornberg soll nämlich im Auftrag eines angesehenen Geschäftsmannes dessen Tochter verteidigen, die wegen wegen Mordes an dem Leiter des Naturkundemuseums angeklagt ist. Da dieser sie einst vergewaltigte, hat sie ein überdeutliches Motiv ... Generell ist die Beweislage erdrückend: So gibt es ein Überwachungsvideo, das die Angeklagte am Abend der Tat in dem Hotel zeigt, in dem der Mord geschehen ist. Gegenüber Benni beteuert sie aber in überzeugendem Tonfall ihre Unschuld, weshalb er den gesamten Fall noch einmal neu abklopft. Der Fall nimmt eine weitere Wendung, als Benni erschreckende Dinge über den Anwalt erfährt, der die Verdächtige in der Vergewaltigungssache vertreten hat. Der Sumpf aus Lügen und Ruchlosigkeit, der sich während der Ermittlungen auftut, sorgt dank der straffen, in sich schlüssigen Struktur des Skripts für packende Krimiunterhaltung. Und die Verzweiflung, die sich bei Bennis Mandantin breit macht, verursacht große Dramatik, die auch dem gelegentlichen Wortwitz zum Trotz nachhallt.

Wer also weiterhin genau das erwartet, was «Ein Fall für zwei» früher ausgemacht hat, wird sich mit den neuen Folgen wohl weiterhin nicht anfreunden können. Wer den Markennamen aber nur als grobes Versprechen versteht und sich auf die etwas dunklere, dramatischere Machart einlassen kann, wird mit spannenden TV-Stunden beschert. Es ist einfach nur eine Einstellungssache …

«Ein Fall für zwei» ist ab dem 30. Oktober 2015 immer freitags um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.
28.10.2015 13:21 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/81650