Während die großen Shows von ZDF und RTL längst nicht mehr die Zugkraft vergangener Jahre besitzen, überzeugten Raab, Welke, Priol und Co. mit komödiantischen Herangehensweisen quasi ausnahmslos.
Das Ende eines Kalenderjahres nehmen die TV-Sender immer wieder gerne zum Anlass dafür, das Geschehene zu reflektieren und auf unterschiedliche Weisen noch einmal aufzubereiten. In der Vergangenheit waren die erfolgreichsten Formate dieser Zunft große moderierte Primetime-Shows, die mit opulenten Bildern, namhaften Gästen und einer abendfüllenden Laufzeit nicht selten weit mehr als fünf Millionen Zuschauer erreichten. Doch während derartige Sendungen immer mehr an Boden verlieren, hat sich längst ein neuer Trend aufgetan: Satire und Comedy erweisen sich nicht nur als immer bedeutendere Quotengaranten, sondern dürften auch wirtschaftlich weitaus rentabler sein als die aufwändigen XXL-Shows von ZDF und RTL.
Dabei war Günther Jauchs
«Menschen, Bilder, Emotionen» immerhin auch in diesem Jahr wieder der meistgesehene Jahresrückblick. Am Nikolaustag erzielte die gut dreistündige Liveshow eine durchschnittliche Reichweite von 4,28 Millionen, was einem fraglos starken Marktanteil von 14,2 Prozent entsprach. Gleichwohl setzte sich der Negativtrend der vergangenen Jahre fort, der im Vorjahr noch mit einer deutlichen Verbesserung von 4,49 auf 4,96 Millionen gestoppt worden war - offensichtlich aber nur temporär. Bis 2012 kam das stets in der ersten Dezemberhälfte präsentierte Format verlässlich auf über fünf Millionen Interessenten. In der für Privatsender besonders wichtigen werberelevanten Zielgruppe wurden 17,5 Prozent bei 1,99 Millionen erzielt. Auch hierzu lässt sich sagen: Der Senderschnitt von zuletzt gerade einmal noch rund 13 Prozent wurde problemlos überboten, doch der Trend meint es überhaupt nicht gut mit Jauch. Nachdem man im Vorjahr mit 19,5 Prozent überraschend unter die 20-Prozent-Marke gerutscht war, fiel diesmal sogar die Marke von zwei Millionen jungen Fernsehenden. Bis 2011 waren noch über drei Millionen an der Tages- bzw. Jahresordnung.
ZDF vs. RTL: Die Quoten zuletzt
- 2011: ZDF 6,00 Mio. / RTL 8,99 Mio.
- 2012: ZDF 4,51 Mio. / RTL 5,00 Mio.
- 2013: ZDF 4,48 Mio. / RTL 4,49 Mio.
- 2014: ZDF 3,28 Mio. / RTL 4,96 Mio.
- 2015: ZDF 3,88 Mio. / RTL 4,28 Mio.
Reichweiten von «Menschen» (ZDF) bzw. «Menschen, Bilder, Emotionen» (RTL) seit 2011.
Deutlich später als der private Mitbewerber schickte das ZDF in diesem Jahr
«Menschen» auf Zuschauerjagd - und das wie schon im Vorjahr nicht am Sonntagabend. Am Donnerstag steigerte sich Markus Lanz gegenüber dem Vorjahr zwar deutlich von 3,28 auf 3,88 Millionen, was allerdings insofern keine Meisterleistung darstellte, dass er diesmal wieder zur besten Sendezeit ran durfte, zuletzt hingegen erst um 21:30 Uhr nach «Der Alte» am Freitag. Es hätte also deutlich mehr Zuschauer bedurft, um nach fünf Jahren endlich den rückläufigen Marktanteilen entgegenzusteuern - mit 13,4 Prozent lief es dahingehend allerdings noch etwas schlechter als 2014, als immerhin 14,5 Prozent gemessen worden waren. Einen Hoffnungsschimmer gab es zumindest bei den 14- bis 49-Jährigen, wo mit 8,9 Prozent über ein Prozentpunkt mehr verzeichnet wurde als zuletzt. Kollektive Begeisterungsstürme dürften auf dem Lerchenberg dennoch nicht ausgebrochen sein, war man bis 2012 doch weit mehr als zwölf Prozent gewohnt. Seit Lanz die Sendung präsentiert, wurde noch kein einziges Mal ein zweistelliger Wert erreicht.
Ein ebenfalls beliebtes Mittel für Jahresrückblicke sind
Rankingshows, unter denen diesmal vor allem
«Galileo Big Pictures» mit seinen 50 stärksten Bildern des Jahres zu punkten wusste. Mit 1,83 Millionen Zuschauern gingen starke 6,9 Prozent aller, aber vor allem herausragend gute 14,5 Prozent der werberelevanten Konsumenten einher. Nachdem der ProSieben-Jahresrückblick im Vorjahr mit nur noch 12,5 Prozent den bis dato schwächsten Wert seit Bestehen (2009) eingefahren hatte, konnte man nun also wieder durchatmen. Sorgen um die Zukunft muss sich hingegen die Redaktion der
«Ultimativen Chart Show» machen, deren musikalischer Rückblick auf die Hits des Jahres mit 13,1 Prozent der Werberelevanten auf RTL schon nur durchschnittlich lief, beim Gesamtpublikum aber mit nur 8,3 Prozent bei 2,13 Millionen deutlich unter Senderschnitt rangierte. Damit lief es nur minimal besser als im Vorjahr.
Auch Sat.1 versuchte sich mit
«Wir sind Deutschland» an einem Ranking-Format, das jedoch Anfang des Monats kaum jemanden interessierte. Vor allem beim Gesamtpublikum lief es mit nur 1,22 Millionen und 5,4 Prozent Marktanteil verheerend für die von Ulrich Meyer (Foto) präsentierte Show, während in der Zielgruppe immerhin einigermaßen versöhnliche 8,8 Prozent verzeichnet wurden. Es war der erste Versuch des Bällchensenders seit 2010, wieder einen Jahresrückblick zur besten Sendezeit zu programmieren - und die Publikumsresonanz schreit nicht gerade nach einer Fortsetzung. Auch der
«ARD-Jahresrückblick» könnte schon bald wieder Geschichte sein, denn nach schwachen Werten zur Primetime enttäuschte er diesmal auch nach 23 Uhr mit mauen 9,2 Prozent aller und 4,8 Prozent der jüngeren Zuschauer bei 1,61 Millionen Fernsehenden. Hier wird das Jahr übrigens nicht in Form eines Rankings aufbereitet, sondern chronologisch.
Lesen Sie auf Seite zwei, wie sich die Comedy- und Satire-Rückblicke von Oliver Welke, Stefan Raab, Urban Priol und Dieter Nuhr schlugen.
Mal vielleicht abgesehen von den «Galileo Big Pictures» haben wir bisher fast nur über Verlierer gesprochen. Gewinner gab es unter den Jahresrückblicken allerdings fraglos auch, die bemerkenswerterweise quasi ausnahmslos aus dem komödiantischen Genre kamen. Die prominenteste Platzierung bekam
«TV total» spendiert, das ab 20:15 Uhr und bis nach Mitternacht nicht bloß auf das Jahr zurückblicken durfte, sondern anlässlich des Show-Abschieds sogar auf seine 16-jährige TV-Geschichte. Mit 1,72 Millionen gingen schon beim Gesamtpublikum starke 6,9 Prozent Marktanteil einher, besonders beliebt war die Raab-Show allerdings in der werberelevanten Zielgruppe, wo herausragende 15,7 Prozent bei 1,37 Millionen zu Buche standen. Seit 2009, wo der Jahresrückblick die zuvor traditionell gezeigte «Silvester-Gala» abgelöst hatte, wurde nur ein einziges Mal ein noch höherer Marktanteil erzielt: Im Jahr 2010 mit sogar 17,6 Prozent.
Auf einen grandiosen Erfolg kann auch die
«heute-show» verweisen, die mit ihrer letzten Sendung vor der Winterpause eine neue Allzeit-Rekordreichweite von 4,26 Millionen generierte und somit nur um Haaresbreite dem RTL-Jahresrückblick unterlegen war. Einen großen Unterschied gab es allerdings zwischen den beiden Formaten: Jauch durfte am Sonntagabend um 20:15 Uhr auf Sendung gehen, Welke nur am Freitag um 22:25 Uhr. Dementsprechend verbuchte die Nachrichtensatire auch deutlich stärkere 175 Prozent Marktanteil. Beim jungen Publikum lief es mit 14,8 Prozent bei 1,29 Millionen kaum weniger beeindruckend. Dieses herausragende Lead-In münzte anschließend
«Der satirische Jahresrückblick» in noch immer tolle 14,4 bzw. 12,3 Prozent bei 2,73 Millionen Fernsehenden um. Nie zuvor sahen so viele Menschen den 30-Minüter von den aus «Frontal 21» bekannten Werner Doye und Andreas Wiemers.
Welche Form des TV-Jahresrückblicks ist Ihnen am liebsten?
Dass sich auch mit Stand-Up-Programmen hohe Quoten einfahren lassen, stellen seit einigen Jahren Urban Priol und Dieter Nuhr unter Beweis.
«Tilt! - Tschüssikowski 2015» lief am Dienstagabend ab 22:15 Uhr mit 3,30 Millionen Zuschauern und 13,5 Prozent Marktanteil ähnlich gut wie im Vorjahr, bei den 14- bis 49-Jährigen steigerte man sich von ordentlichen 6,5 auf gute 7,5 Prozent. Nuhrs Jahresrückblick verbesserte sich derweil am Donnerstagabend von 2,22 auf 2,54 Millionen Zuschauer, auch der Marktanteil kletterte leicht auf 14,1 Prozent. Beim jungen Publikum lässt sich mittlerweile hingegen eine leichte Abwärtstendenz ausmachen: Nach sehr guten 8,9 und 9,0 Prozent in den Jahren 2012 und 2013 wurden im Vorjahr nur 7,8 Prozent und diesmal 7,5 Prozent gemessen. Oberhalb der ARD-Sendernorm rangiert man damit aber immer noch.
Ganz vorbei ist die Saison der Jahresrückblicke noch nicht, es warten sogar noch zwei beliebte Formate auf ihre Ausstrahlung: «Album 2015» im ZDF, das vor allem mit Kompaktheit glänzt, in den vergangenen Jahren aber ein wenig an Zugkraft einbüßte und Plasbergs Jahresquiz im Ersten, das mit meist weit mehr als sechs Millionen Zuschauern in den vergangenen Jahren zur dominierenden Instanz geworden ist, wenn es um Formate dieser Couleur geht. Erstgenanntes Format läuft am Zweiten Weihnachtstag um 19:15 Uhr, «Das Quiz» folgt am Dienstag wie gewohnt um 20:15 Uhr.