Das Dschungelcamp katapultierte den Sender um fast fünf Prozentpunkte nach oben und ließ die Konkurrenz blass aussehen. Beim Gesamtpublikum war jedoch erneut kein Vorbeikommen am ZDF.
Keine Frage: In der Breite war «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!» das dominierende Thema auf dem deutschen Fernsehmarkt. Da die Sendung allerdings erst am späteren Abend ausgestrahlt wurde, gingen die obersten Ränge der Reichweiten-Hitliste auch diesmal wieder an Das Erste: Drei Sonntagabend-Krimis verzeichneten zwischen 8,86 und 10,93 Millionen Zuschauer, zudem begeisterte am letzten Tag des Monats das Finale der Handball-EM mit durchschnittlich 12,98 Millionen Interessenten. Das Dschungelcamp vermochte aber in diesem Jahr zumindest zum Finale durchaus mitzuhalten: Eine Zuschauerzahl von bis zu 8,60 Millionen ging mit herausragenden 34,2 Prozent Marktanteil einher, besagte «Tatort»- und «Polizeiruf 110»-Ausgaben erreichten hingegen zur Primetime "nur" 23,5 bis 28,8 Prozent. Auch das ZDF begeisterte vornehmlich mit Krimis, wobei «Das Mädchen aus dem Totenmoor» angesichts von 8,29 Millionen die höchste Sehbeteiligung generierte. Alle anderen Sender waren kein wirklicher Faktor - keine einzige Ausstrahlung erreichte hier überhaupt die Vier-Millionenmarke.
Die höchsten Zielgruppen-Zuschauerzahlen gingen abgesehen vom Handball-EM-Finale (4,50 Millionen, 40,3 Prozent) ausnahmslos an RTL - oder genauer gesagt: An die Reality-Show mit Sonja Zietlow und Daniel Hartwich, die gleich sechsmal für mehr als vier Millionen Fernsehende gut war und bis zu 47,8 Prozent verbuchte. Auch «DSDS» war gut dabei und kam auf bis zu 27,8 Prozent der 14- bis 49-Jährigen. Deutlich geringere Werte erreichte ProSieben, das kein einziges Mal 20 Prozent verbuchte - allerdings zumindest mit «The Big Bang Theory» ein Format in petto hatte, das mit Free-TV-Premieren sehr nah an diese Marke heranreichte. Im Höchstfall sahen 2,40 Millionen zu. Davon abgesehen waren jedoch die Hits der Unterföhringer relativ rar gesätz - «Zoo» legte angesichts von 1,84 Millionen und 16,4 Prozent einen tollen Start hin, gab danach aber schnell deutlich ab. Und in Sat.1 waren lediglich die hinlänglich bekannten Crime-Serien Reichweiten von über anderthalb Millionen. Besser erging es auch den drei kleinsten Vertretern der Top Acht nicht: Bis auf etablierten Formaten und dem einen oder anderen Spielfilm gelang es keiner Sendung, sich so recht zu profilieren.
Alle Zuschauer (Januar 2016)
ALLE ZUSCHAUER (JANUAR)
12,2
11,9
13,2
12,3
11,7
9,1
3,3
3,3
4,7
5,2
7,0
7,1
5,2
5,4
3,4
3,9
Marktanteile in % | Januar 2016 gegenüber Dezember 2015
Das mit Abstand stärkste Wachstum hatte RTL zu verzeichnen, das nach einem denkbar schlechten Dezember über zweieinhalb Prozentpunkte auf 11,7 Prozent zuzulegen wusste. Nichtsdestotrotz reichte es letztlich wieder einmal nur zum Bronzerang hinter den beiden öffentlich-rechtlichen Hauptsendern, die sich ebenfalls keine Blöße gaben. Vor allem das ZDF kann auf überragende 13,2 Prozent zurückblicken, womit es sogar noch deutlich gegenüber dem vorherigen Saison-Bestwert von 12,3 Prozent zuzulegen wusste. Aber auch Das Erste ist nach einem enttäuschenden Saison-Auftakt mittlerweile längst wieder in der Spur und verzeichnete nach zuletzt zweimal 11,9 Prozent mit 12,2 Prozent genau wie die beiden großen Konkurrenten einen neuen Saison-Höchstwert. Die spektakulärsten Konturen nahm jedoch das Abschneiden des Kölner Privatsenders ab: Seit genau zwei Jahren hatte RTL keinen solch hohen Monats-Durchschnitt mehr verbucht - damals hatten 12,8 Prozent zu Buche gestanden.
Die Stärke der Top Drei tat den zuletzt ohnehin schon nicht von allzu großen Erfolgen verwöhnten Sendeanstalten auf den hinteren Plätzen nicht gut, kein Einziger konnte hier Gewinne für sich beanspruchen. Mit Sat.1 und RTL II hielten dann auch noch ausgerechnet die beiden Kanäle weitgehend die Stellung, die schon zuletzt mit zum Teil historischen Tiefstwerten geschockt hatten. Insofern kam ProSieben mit seinen 5,2 Prozent alles in allem noch am besten weg - zwar wurden die 5,4 Prozent des letzten Quartals 2015 verfehlt, doch liegen die Unterföhringer dennoch weiterhin einigermaßen im Soll. VOX hingegen schob nach großen Schlagzeilen mit tollen, mutigen Formaten im Serien- und Show-Bereich diesmal nur Dienst nach Vorschrift, was die Zuschauer mit einem dramatischen Quoten-Rückgang bestraften: Nachdem zuvor sämtliche vier Saison-Monate mit 5,2 Prozent geendet waren, musste man sich diesmal mit miesen 4,7 Prozent abfinden. Und kabel eins markierte mit 3,4 Prozent ein neues Saisontief.
Summa summarum ergab sich aber dennoch ein zufriedenstellendes Gesamtfazit für die Großen: Mit 60,7 Prozent verzeichneten sie erstmals seit Juni wieder mehr als drei Fünftel aller Fernsehenden und verbesserten sich um gut zweieinhalb Prozentpunkte gegenüber dem Allzeit-Tiefststand des Vormonats (58,2 Prozent). Eine große Überraschung ist dieses deutliche Plus allerdings nicht: Schon 2015 hatte sich der Januar um fast zwei Prozentpunkte gegenüber dem letzten Monat des Vorjahres verbessern können - um dann im Februar wieder beinahe auf das Vormonats-Niveau abzurutschen. Vor allem RTL dürfte ohne «Ich bin ein Star» akut gefährdet sein, schnell wieder in der tristen Quoten-Normalität zu verwelken.
14- bis 49-Jährige (Januar 2016)
14- BIS 49-JÄHRIGE (JANUAR)
7,0
6,9
6,4
6,1
16,3
11,7
5,3
5,3
6,1
6,8
8,4
8,6
10,7
11,1
4,6
5,5
Marktanteile in % | Januar 2016 gegenüber Dezember 2015
Beim Gesamtpublikum nur Dritter, doch auf die werberelevante Zielgruppe konnten sich die Verantwortlichen von RTL diesmal voll und ganz verlassen: Nachdem man sogar im desolat laufenden Dezember noch die Marktführung verteidigen konnte, verbesserte man sich dank der abendlichen Live-Übertragung aus dem australischen Regenwald um fast fünf Prozentpunkte auf fantastische 16,3 Prozent. Welch wichtiger Faktor das Dschungelcamp war, lässt sich gut daran ablesen, dass der Sender bis zum Start am 15. Januar gerade einmal gut 13 Prozent der werberelevanten Konsumenten verbucht hatte - und in der zweiten Monatshälfte dann regelmäßig 20 Prozent und mehr generierte. Damit lief es sogar noch deutlich besser als im Vorjahresmonat, wo "nur" 15,7 Prozent erreicht worden waren. Wenig überraschend muss man auch auf einen Januar zurückblicken, wenn man einen Monat ausfindig machen möchte, der stärker lief als der jetzige: Anfang 2014 sahen durchschnittlich 17,5 Prozent das RTL-Programm.
In Anbetracht dieser Dominanz darf sich ProSieben doch recht glücklich schätzen, sich als härtester Verfolger zumindest weitgehend schadlos gehalten zu haben: Mit immerhin noch 10,7 Prozent rangierte man zwar recht deutlich unterhalb der 11,1 Prozent aus dem Dezember, doch hatte man damit auch den Saison-Höchstwert eingefahren. Da wiegen die 8,4 Prozent von Sat.1 doch ein wenig dramatischer, denn nach knapp neuneinhalb Prozent zwischen September und November war man schon im Vormonat auf ein völlig unzureichendes Niveau zurückgefallen. Der Bällchensender muss nun dringend Gas geben, möchte man am Ende des Fernsehjahres nicht dramatische Einbußen rechtfertigen müssen.
Das Zweite Deutsche Fernsehen legte derweil weiter an Relevanz zu und erreichte mit 6,4 Prozent seinen höchsten Wert seit genau einem Jahr. Schon im Dezember hatte man mit 6,1 Prozent ein deutliches Plus erzielt und erstmals seit fünf Monaten wieder die Sechs-Prozentmarke übersprungen. Damit ist man mittlerweile wieder fast auf Augenhöhe mit dem Ersten, nachdem die beiden Öffentlich-Rechtlichen im November noch üppige 1,3 Prozentpunkte getrennt hatten. Für VOX und kabel eins lief der Monat eher nach dem Motto "wie gewonnen, so zerronnen": Nach Bestwerten zuletzt fielen beide Sender dramatisch, vor allem kabel eins musste mit gerade einmal noch mickrigen 4,6 Prozent erstmals seit über anderthalb Jahren wieder einen Wert unterhalb der Fünf-Prozentmarke hinnehmen. Kumuliert erreichten die Großen aber starke 64,8 Prozent nach miesen 62,0 Prozent im Vormonat.
Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,6
11,6
12,3
12,7
10,4
10,2
3,4
3,9
5,1
5,2
7,7
8,1
5,3
5,5
3,4
3,7
Marktanteile in % | Sep. 2015 – Jan. 2016 gegenüber Sep. 2014 – Mai 2015
Nicht nur der Januar förderte für das Treppchen einige hübsche Ergebnisse zutage, sondern auch der Saisonvergleich: Das ZDF büßt nach aktuellem Stand zwar doch ein wenig ein, bleibt mit seinen 12,3 Prozent allerdings weiterhin Marktführer. Das Erste hält mit 11,6 Prozent relativ unspektakulär seine Stellung als zweitattraktivste Programmplattform der Bundesrepublik und RTL kann seinen jahrelangen Abwärtstrend mit 10,4 Prozent stoppen. Gerade die Kölner sollten sich allerdings hüten, aus diesem hübschen Lagebericht den Schluss zu ziehen, nun wieder in die Statik des Programmalltags übergehen zu können. Ohne den Januar läge man an der Schwelle zur Einstelligkeit - und vier Monate kommen ja immerhin noch bis zum großen Finale der TV-Saison.
Weniger rosig sieht es dann ab dem unglücklichen vierten Platz aus, den seit Jahren schon Sat.1 abonniert hat. Doch nach ohnehin schon sehr schwachen 8,1 Prozent aus dem Vorjahr würde man nach derzeitigem Stand weiter auf nur noch 7,7 Prozent verlieren. Da präsentieren sich die Schwestersender ProSieben und kabel eins doch etwas souveräner. Bei der RTL-Gruppe kann man selbiges auch von VOX behaupten, während die erste Hälfte des Fernsehjahres für RTL II ein kompletter Schuss in den Ofen darstellt - mit Monats-Marktanteilen von 3,2 bis 3,6 Prozent lag man bislang ausnahmslos deutlich hinter den 3,9 Prozent, die 2014/15 noch unspektakuläres Mittelmaß dargestellt hatten. Man wird sich sputen müssen, um zumindest kabel eins noch zu erreichen.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,6
6,6
5,8
6,0
13,5
13,4
5,6
6,2
6,5
6,9
9,0
9,6
10,9
11,1
5,1
5,3
Marktanteile in % | Sep. 2015 – Jan. 2016 gegenüber Sep. 2014 – Mai 2015
Sah die Gesamtbilanz vor Monatsfrist mit gerade einmal 12,8 Prozent Staffel-Durchschnitt noch ziemlich düster für RTL aus, können die Kölner nun dank ihres tollen Starts ins Kalenderjahr auf einen ordentlichen Mittelwert von 13,5 Prozent verweisen. Damit haben sie einen mehr als komfortablen Vorsprung auf ProSieben, das die 11,1 Prozent der Vorsaison derzeitigen Tendenzen zufolge nicht ganz wird halten können – aktuell liegt man bei 10,9 Prozent. Die wirklichen Probleme der Sendergruppe betreffen allerdings einmal mehr Sat.1, das im Vorjahr noch mit einem leichten Plus hatte überraschen können, dank zweier desolater Monate in Folge nun allerdings aufpassen muss, den 9,6 Prozent der Vorsaison zumindest nicht allzu deutlich zu unterliegen. Aktuell liegt der Bällchensender bei nur neun Prozent. In eine ähnliche Richtung dürften auch die Bemühungen der Verantwortlichen von VOX und RTL II gehen, die sich ebenfalls erheblichen Verlusten ihres Babys ausgesetzt sehen. ARD und ZDF halten derweil die Stellung, wobei es für die Mainzer durchaus noch darum geht, einen historischen Abstieg unter die Marke von sechs Prozent zu verhindern.
Generell bleibt das deutsche Fernsehen geprägt vom Prozess der Defragmentierung, die auch 2015/16 aller Voraussicht nach fortgesetzt wird. Nach fünf von neun Monaten gehen den acht größten Fernsehsendern rund anderthalb Prozentpunkte beim Gesamtpublikum verloren, wo 59,2 statt 60,9 Prozent auf dem Papier stehen. Bei den 14- bis 49-Jährigen kommt man aktuell auf 63,0 Prozent - nach 65,1 Prozent im vorherigen Fernsehjahr.