Der wohl schlechteste «Tatort» des bisherigen Jahres: ein lauer Mitfühlkrimi, in dem Empathie über Kompetenz gehen soll.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Ulrike Folkerts als Lena Odenthal
Andreas Hoppe als Mario Kopper
Annalena Schmidt als Edith Keller
Peter Espelover als Peter Becker
Lisa Bitter als Johanna Stern
Elisa Afie Agbaglah als Marie Rainders
Sandra Nedeleff als Birte Rainders
Hinter der Kamera:
Produktion: Maran Film GmbH
Drehbuch: Jürgen Werner
Regie: Roland Suso Richter
Kamera: Jürgen Carle und Christoph Schmitz
Produzenten: Sabine Tettenborn und Nils ReinhardtIn einem Ludwigshafener Parkhaus wird ein Mann totgefahren. Mit voller Absicht. Der Tote heißt Tarim Kosic. Ein misogyner Bodybuilder, der regemäßig in der fünf Gehminuten entfernten Muckibude pumpt. Wie sich rasch herausstellt, hat Kosic vor einigen Wochen wohl – just in diesem Parkhaus – eine junge Balletttänzerin vergewaltigt und schlimm zugerichtet. Seitdem liegt sie im Koma.
Nicht wenige hätten also ein Motiv gehabt, um Kosic aus dem Weg zu räumen: Die Mutter der Balletttänzerin. Oder ihr vorbestrafter Rapper-Boyfriend. Oder Daniel Peters, Kosics Kumpel aus der Muckibude, mit dem er gemeinsam Anabolika vertickt hat.
Lena Odenthal, Mario Kopper und Johanna Stern kämpfen derweil mit internen Problemen. Kurz gefasst: Sie können sich nicht mehr leiden. Und sie lassen keine Gelegenheit aus, das in langen, hyperventilierend vorgetragenen und ziemlich uninspiriert geschriebenen Schrei- und Polter-Dialogszenen auszudiskutieren. Die Aufgabenteilung innerhalb des Dreiergespanns ist indes erstaunlich klar: Johanna Stern baut auf kriminalistischen Fakten und Wahrscheinlichkeiten, während Odenthal stolz ihr empathisches Bauchgefühl vor sich her trägt und Stern dafür kritisiert, sie sei zu kalt und unmenschlich. Mario Kopper vernichtet derweil Unmengen italienischen Rotweins und erleichtert sich (ziemlich penetrant in Szene gesetzt) am Tatort. Ganz der Schmalspur-Cowboy eben, der seine persönliche Lebenskrise mit Alkohol und übertriebenem Männlichkeitsgehabe kaschieren will.
Absurder Höhepunkt der Folge: Bei einem Verhör lassen Stern und Kopper den Beschuldigten jämmerlich verrecken, nachdem der bereits einen Arzt verlangt hatte, die Ludwigshafener Dilettanten-Gang aber munter weiterbefragt hat. Sogar Odenthal kann diese Unfähigkeit nicht so richtig fassen. Eine umgehende Suspendierung oder zumindest eine disziplinarische Maßregelung hat dennoch niemand zu befürchten. In der Realität wäre das ein skandalöser Vorfall von Polizeibrutalität. Hier, in der seltsamen Welt des Ludwigshafener «Tatorts», dagegen nur ein Ausfluss zupackender Polizeiarbeit. Grässlich.
Ansonsten schleudert Odenthal Allgemeinplätze durch die Gegend: „Es geht um Mord!“, sagt sie theatralisch, als wäre dieser Satz ein universales Instrument, um so ziemlich jede Maßnahme sinnvoll und vollumfassend zu begründen und zu rechtfertigen. An anderen Stellen gibt sie die Einfühlsame: „Ich kann Ihre Wut verstehen“, empathisiert sie und nächtigt später noch bei einer psychisch angeschlagenen Tatverdächtigen. Sogar Johanna Stern – ja: die, die zusammen mit ihrem Kollegen den Beschuldigten im Verhörraum verrecken lässt – kann es nicht fassen. Und es hat etwas Bezeichnendes, wenn die einzige zumindest ein bisschen kompetente Figur des ermittelnden Dreiergespanns als die am negativsten besetzte vorgestellt wird, nur weil sie ihr empathisches Bauchgefühl nicht sämtliche Paragraphen und Dienstvorschriften aushebeln lässt.
Nicht minder misslungen: Der Versuch von „Du gehörst mir“, den Stoff im letzten Drittel psychologischer zu erzählen. Denn auch hier dominieren die unspezifischen, oberflächlichen Allgemeinplätze, die inhaltlich wenig überzeugend und dramaturgisch wenig stimmig ausfallen. Sogar vor dem Hintergrund der eher laxen Erwartungen an den altbackenen Ludwigshafener «Tatort» ist diese Folge eine Zumutung.
Das Erste zeigt «Tatort – Du gehörst mir» am Sonntag, den 14. Februar um 20.15 Uhr.