«Fake Reaction»: Sind aller schlechten Dinge drei?

Zweimal schon testete RTL II das Show-Format mit Simon Gosejohann auf unterschiedlichen Sendeplätzen - und ging damit völlig unter. Am späten Montagabend soll es nun endlich funktionieren. Und wenn nicht? Dann verlöre das deutsche Fernsehen mit Sicherheit keinen Meilenstein der Unterhaltungskunst.

Die Karriere von Simon Gosejohann liest sich alles in allem doch recht ordentlich: Vor allem bei ProSieben hat der Moderator und Komiker mehrfach auf sich aufmerksam machen können, vor allem «Comedystreet» und «Elton vs. Simon» (Foto) waren langjährige Erfolge und überzeugten auch inhaltlich mit großem Unterhaltungswert. Doch während sein Kumpane Elton mittlerweile den Weg ins seriösere, wenn auch bisweilen biedere öffentlich-rechtliche Fernsehen gefunden hat und überdies bald sogar die gepimpte Live-Version von «Schlag den Star» moderieren darf, ist es um Gosejohann zuletzt relativ still geworden. Hin und wieder tritt er noch bei Emsemble-Comedyshows wie «Jetzt wird's schräg» oder «Die große Revanche» (beide mäßig erfolgreich in Sat.1) auf oder wirkt in bestenfalls mittelprächtigen Film-Produktionen mit.

Und dann steht da noch eine Moderationstätigkeit bei RTL II zu Buche, bei einem Format namens «Fake Reaction - Einer täuscht immer». Nie gehört? Macht weiter nichts. Die Sendung lief erst zweimal vor einem arg überschaubaren Publikum und wird auch nun im dritten Anlauf erst um 23:15 Uhr gezeigt. Immerhin soll dieser Slot nun aber über einige Wochen hin Bestand haben, nachdem die ersten Folgen arg unmotiviert auf einen Sonntag- und einen Freitagabend geklatscht wurden. Klingt nicht gerade nach einer sonderlich dankbaren Aufgabe, irgendwo im Nirgendwo versendet zu werden - das Unglück komplettierte dann noch der Umstand, dass das Vorprogramm bestehend aus nominell großen Internet-«Like!»-Storys und einem Geissens-Pokerspecial an beide Abenden gnadenlos floppte. In diesem Zuge versagte dann halt auch Gosejohann mit desaströsen Marktanteilen zwischen 1,9 bis 4,3 Prozent in der Zielgruppe und bestenfalls 0,30 Millionen Gesamt-Zuschauern.

Hoffnung auf Besserung macht vor allem der Umstand, dass die Sendung diesmal nicht ganz so unpassend platziert zu sein scheint wie im Oktober und Dezember vergangenen Jahres: Nach der in den ersten beiden Wochen mittelmäßig performenden «Dennis-Show» (Foto) kann durchaus etwas gehen, zumal ja nun etwas mehr Zeit bleibt, ein Stammpublikum zu finden. Das sollte bei der ersten neuen Ausgabe gleich mal mit typischen Sendergesichtern gelockt werden: Drei «Berlin»-Darsteller traten in den Wettbewerb gegen drei «Köln»-Vertreter. Ein Trio muss auf der Bühne so gut schauspielern, dass es den Gegnern nicht gelingt, herauszufinden, welcher der drei Kandidaten gerade Opfer eines diabolischen Martyriums wird. Gelingt es dem gegnerischen Team doch, das jeweilige Opfer richtig zu benennen, bekommt es eine (überschaubare) Geldsumme auf sein Konto.

Eventuell ahnen Sie es schon, in welche Richtung die fiesen Ideen der Redaktion gehen: Mal bekommt jemand den Hintern wahlweise versohlt oder massiert, mal bekommt ein Proband Stromschläge auf Arme oder Beine und wenn es besonders sinnlich werden soll, leckt irgendwer an Glasscheiben oder Füßen. Das mit dem Poppes, den Stromschlägen und der Lutscherei wiederholt sich jeweils gleich zweifach in gerade einmal knapp 50 Minuten Brutto-Sendezeit in leicht veränderten Settings, was nicht gerade für die Kreativität der Macher hinter den Kulissen spricht. Und die Akteure vor der Kamera? Nunja, die werden nun auch nicht unbedingt dafür sorgen, dass RTL II allzu schnell von seinem Schmuddelimage wegkommt.

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Sehr gut, ich freue mich schon auf die weiteren Folgen.
10,2%
Ist ganz ordentlich - kein Meilenstein, aber nettes Fernsehen.
16,3%
Ganz mies, das muss ich nicht noch einmal sehen.
30,6%
Habe es (noch) nicht gesehen.
42,9%


Weder besonders glücklich mit noch besonders stark in seiner Rolle wirkt Gosejohann als Moderator. Zwar ist sein Humor infantil genug, dass man ihm abnimmt, an dem Geschehen in der Show einigermaßen Spaß zu haben, doch Abwechslung in den schematischen Show-Ablauf bringt er nicht wirklich, seine Interaktion mit den Kandidaten findet zumeist auf einem eher moderat zielführenden Niveau der Marke "Was ist an Köln eigentlich besser als an Berlin?" - "Ja, dass wir einfach die Geilsten sind" statt und austoben kann er sich in seiner Rolle auch nicht wirklich. Somit ist «Fake Reaction» unterm Strich ein arg lieblos wirkendes Format, in dem ganz sicher nicht in Anspruch, aber leider noch nicht einmal wirklich in Unterhaltung investiert wurde. Konzeptionell erinnert es stark an «Sag die Wahrheit», ist aber eher der schäbige Bruder des SWR-Dauerbrenners. Sollte also im dritten Versuch wieder kaum jemand zusehen... das deutsche Fernsehen ginge daran gewiss nicht zugrunde.
01.03.2016 01:15 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/84073