Popcorn und Rollenwechsel: Fünf Portionen filmisches Gegengift

Eine stinkende, braune Nebelwolke verpestet das politische Klima der Gegenwart. Nicht auszuhalten! Daher empfiehlt unser Kinokolumnist fünf filmische Gegenmittel zur vergifteten Wirklichkeit.

«Zoomania»
Die Bundesrepublik ist derzeit wirklich schizophren: Auf der einen Seite wurde am Wochenende bei den Landtagswahlen der erschütternde Rechtsruck im Land auf grausame Weise verdeutlicht. Auf der anderen Seite machten zum zweiten Mal in Folge die meisten deutschen Kinogänger «Zoomania» zum Film ihrer Wahl. Und selten war ein Disney-Film so brandaktuell wie dieser: «Ralph reicht’s»-Regisseur Rich Moore und «Rapunzel – Neu verföhnt»-Regisseur Byron Howard erzählen in dieser Krimikomödie von einer Gesellschaft der Vielfalt und der Gemeinsamkeit. Dabei gehen sie jedoch nicht die übliche Zuckergussroute: Auch in der tierischen, flauschigen Disney-Welt herrschen Vorurteile vor, die sich nur schwer aushebeln lassen. Dieses Animationsmeisterwerk zeigt aber, wie sehr es sich lohnt, dagegen anzukämpfen – und dass wir alle bei uns selbst anfangen müssen, um eine bessere Welt zu ermöglichen. Mehr zum Film erfahren Sie hier!

«Heil»
Was das rechte Pack so alles denkt, ist ja durchaus lächerlich – wäre es halt nicht so traurig, dass dermaßen viele Menschen auf den Irrsinn reinfallen. Regisseur und Autor Dietrich Brüggemann gelingt es in der fiebrigen Satire «Heil», eine nahezu endlose Parade an Gags aus der Absurdität zu ziehen, die der politischen Rechten innewohnt. Gleichwohl unterstreicht Brüggemann auf pfiffig-überzogene Art, welche Mechanismen in der bürgerlichen Mitte und in den Medien den Rechten den Raum geben, ihre Ideologie zu verbreiten. Und so durchgeknallt «Heil» auch sein mag – mit der harten Schlusspointe warnt dieses unterschätzte Projekt aus dem Jahr 2015 davor, dass die Gesellschaft ihren rechten Außenflügel nie aus den Augen lassen und unterschätzen sollte. Weiteres zu «Heil» findet sich in unserer Review!

«Er ist wieder da»
Obschon die Adaption von Timor Vermes‘ Bestseller kleinere Längen hat und sich zwischenzeitlich bei der Verknüpfung von Mediensatire und Versteckte-Kamera-Späßen verheddert, so gewinnt dieser Blockbuster von Woche zu Woche an Brisanz. Regisseur/Autor David Wnendt und Ko-Autorin Mizzi Meyer spielen nicht nur mit dem Reiz des Taubbruchs, sondern deuten auch auf den kleinen, dreckigen Nazi, der in unserer Gesellschaft noch immer schlummert. Vor allem der bedrohlich nachhallende sowie hochaktuelle Schluss machen «Er ist wieder da» zu einem „Film der Stunde“. Wobei sich natürlich die Frage stellt: Wenn «Er ist wieder da» doch so gute Besucherzahlen geschrieben hat, weshalb hat Deutschland nichts daraus gelernt? Mehr zum Film gibt es übrigens in unserer Kinokritik.

«Inglourious Basterds»
Ein Film, der uns auf ganz einzigartige Weise vorwarnen sollte! Nur zur Erinnerung, liebe Mitmenschen: Deutschland hat bereits ein pechschwarzes Kapitel in seinen Geschichtsbüchern, das Jahrzehnte später von einem US-amerikanischen Filmemacher subversiv umgeschrieben werden musste, um auf der Leinwand etwas erträglicher zu werden. Wollen wir es wirklich ermöglichen, dass in rund 60 Jahren ein weiterer Kult-Autorenfilmer ein weiteres, jüngeres Kapitel unbarmherziger deutscher Geschichte zu revidieren hat?

«God Bless America»
Diese leider wenig beachtete Satire wirkt zwischenzeitlich wie ein feuchter Traum: Auf geht’s, aufgeklärte Menschen, lasst uns alle Schwulenhasser, Rassisten und Populisten einfach niederknallen! Und wenn wir schon dabei sind, dann auch jene, die für die Verblödung der Mittel- und Unterschicht verantwortlich sind. Regisseur und Autor Bobcat Goldthwait weiß aber, wie schädlich solch ein Gedanke ist, und zieht seinem Publikum daher den Teppich unter den Füßen weg: Wer so Probleme aus der Welt schafft, ist nicht besser als all das, was er hasst. Ein extrem lustiger, bitterböser Film, dessen Aussage im Kampf gegen die Rechtspopulisten nicht vergessen werden sollte!
14.03.2016 18:13 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/84331