5 Dinge, die «Studio Amani» lernen muss

Die zweite Ausgabe von «Studio Amani» war bereits ein vorsichtiger Schritt in die richtige Richtung. Quotenmeter.de hat fünf konstruktive Vorschläge für die weitere Zukunft der ProSieben-Comedyshow.

Die Quoten von «Studio Amani»

  • Ausgabe 1: 1,04 Mio. Gesamtzuschauer // 7,3% MA gesamt, 16,8% MA in der Zielgruppe
  • Ausgabe 2: 0,78 Mio. Gesamtzuschauer // 5,8% MA gesamt, 12,6% MA in der Zielgruppe
Panik ist im «Studio Amani» vorerst noch nicht angebracht. Die zweite Folge der Comedyshow ließ bei ProSieben zwar ordentlich Federn, trotzdem hielt sich das Format bei Jung und Alt über Senderschnitt. Dabei wurde die Premiere der Show bestenfalls durchwachsenen aufgenommen. Konsequenterweise zitierte der Münchener Privatsender in den TV-Spots zu Ausgabe zwei primär Pressestimmen, die sich auf die Quoten der Sendung beziehen. Und dann schaffte es noch das sehr diplomatische GQ-Urteil in den Spot, dass «Studio Amani» „sehr viel Potential“ habe. Ein zutreffendes Urteil, jedoch zugleich ein eingeschränktes Kompliment: Die Sendung könnte gut sein. Wie groß das Potential ist, zeigte sich in Ausgabe zwei erneut: Nach der hier bei Quotenmeter.de verrissenen Premierenfolge konnte sich die neuste Folge etwas steigern. Aber noch nicht genug. Wir nennen daher fünf Dinge, die das «Studio Amani»-Team noch lernen muss …

1) Das „Comedy Battle“ ist nicht lustig!


«TV total» war wirklich nicht makellos. In den späteren Jahren der Raab-Show nervte das Format sein Publikum Woche für Woche mit im Netz nahezu einhellig verrissenen Rubriken wie „Ingrids Woche und Klaus“ oder den „TV total TV Tipps zum Wochenende“. Als Dino im ProSieben-Programm mit einem eingesessenen Stammpublikum konnte sich «TV total» etwas Starrsinn leisten. «Studio Amani» sollte es vermeiden, als Jüngling diesen Fehler zu wiederholen. Die Rubrik „Comedy Battle“, in der zwei Comedians aus verschiedenen Ländern im Stil eines Rap-Battles über das Heimatland ihres Gegenübers herziehen, ist ein Rohrkrepierer. In beiden bisherigen Ausgaben wussten weder die augenzwinkernden Beleidigungen zu unterhalten, noch die übertriebenen, schlecht gespielten Reaktionen der Statisten, die das Battle-Publikum darstellen sollen. Es war eine naheliegende Idee, in «Studio Amani» irgendwie den Kampf der Kulturen darzustellen, aber dieser Versuch ist gescheitert. Weg mit der Rubrik!

2) Die Umsetzung der Zuschauer-Fragerunde funktioniert (noch?) nicht …


Enissa Amani lagert in der zweiten Hälfte ihrer Show einen Teil der Interviewer-Pflichten aus und überlässt es ihren Fans, Fragen an die Studiogäste zu stellen. Diese sollen sich beim Anblick der Standbilder mehrerer eingesendeten Videoclips entscheiden, wessen Frage sie hören wollen. Daraufhin wird der kurze Clip, in dem die Frage gestellt wird, abgespielt. Bislang lief dieses Prozedere sehr zäh ab und führte darüber hinaus dazu, dass sowohl Premierengast Antoine Monot, Jr. als auch Nachfolgegast Serdar Somuncu über Äußerlichkeiten der Clipeinsender hergezogen haben. Ein humorvolles, ungezwungenes und sympathisches Gespräch mit dem Studiogast sieht anders aus.

3) Das Studio ist chaotisch und zugemüllt!


Das «Circus HalliGalli»-Studio. Alle Studios, die Harald Schmidt im Laufe seiner Karriere durchlief. Praktisch alle US-Late-Night-Studios. Das «Neo Magazin Royale»-Studio. Und sogar das über die Jahre etwas langweilig gewordene «TV total»-Studio: Sie alle haben gemeinsam, dass sie Freiräume bieten und einen relativ aufgeräumten Eindruck hinterlassen. Das «Studio Amani» hingegen lädt zu Reizüberflutung ein. Es ehrt das Team hinter dieser noch jungen Comedyshow, einen anderen Weg einschlagen zu wollen. Aber es hat einen guten Grund, weshalb ähnliche Formate für etwas Ruhe im Bild sorgen: So lenkt weniger von der Mimik und Gestik des Gastgebers ab, wodurch das Humorpotential weniger untergraben wird. Der tussige, überstylte Charakter des Studios darf gern beibehalten werden – aber bitte in gedrosselter Form.

4) Der Spagat zwischen Amani, das Modepüppchen, und Amani, die Frau mit Haltung, ist in der Show ungelenk


Dass Enissa Amani 2015 als Komikerin solch einen raketenhaften Aufstieg geleistet hat, lag unter anderem an der natürlichen, glaubwürdigen Art, mit der sie in ihrem Stand-up zwischen „Tussithemen“ und politischen sowie gesellschaftlichen Fragen wechselt. Das ehemalige Model hat den Dreh raus, in Wortbeiträgen gewitzt die Brücke zwischen Oberflächlichkeiten und profunden Beobachtungen zu schlagen, und holt so auch ein breites Publikum ab. Aus einem Stand-up-Konzept ein Showkonzept zu machen, ist knifflig, weshalb es keine Schande ist, wenn «Studio Amani» noch Feinschliff benötigt. Doch bislang wird Amanis vermeintliche Püppchenhaftigkeit überbetont, wodurch ihre politischen Seitenhiebe untergehen. Amani kann es nicht schaden, in den weiteren Ausgaben mehr wie ihr Stand-up-Bühnen-Selbst aufzutreten und häufiger sowie flüssiger von Thema zu Thema zu wechseln.

5) Der erste Schritt in die richtige Richtung ist getan! Also: Weitermachen, statt zu resignieren!


Der erste Einspieler in der zweiten «Studio Amani»-Folge ließ alles, was in der Premierenausgabe geschehen ist, alt aussehen! Amani grübelt auf einer Brücke über die negativen Kritiken nach und ist darüber frustriert, wie sehr sich die Webuser «TV total» zurückwünschen. Um sich ein besseres Team zu besorgen und so die Qualität ihrer Show auszubessern, geht sie zur Agentur für Arbeit – wo zahlreiche «TV total»-Redakteure, Ingrid und Klaus sowie „die Stimme“ zugegen sind, darauf wartend, einen neuen Job zu erhalten. Auch wenn dem Einspieler die inszenatorische Raffinesse abging, die das ProSieben-Publikum bei «Circus HalliGalli» zu sehen bekommt, war dieser Sketch ein Volltreffer: Selbstironisch, ein großer Seitenhieb in Richtung der Schlagzeilen, der #Raabschied koste vielen Menschen der Job und einfallsreich geschrieben. «Studio Amani» sollte diesen Pfad unbedingt weiter beschreiten!
15.03.2016 11:11 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/84358