Eineinhalb Jahrzehnte hat es gedauert, bis die immens erfolgreiche Familienkomödie «My Big Fat Greek Wedding 2» endlich fortgesetzt wird. Doch lohnt sich das wirklich? Antje Wessels hat den Film vorab gesehen und war überrascht.
«My Big Fat Greek Wedding 2»
- Kinostart: 24. März 2016
- Genre: Komödie
- FSK: 0
- Laufzeit: 94 Min.
- Kamera: Jim Denault
- Musik: Christopher Lennertz
- Buch: Nia Vardalos
- Regie: Kirk Jones
- Darsteller: Nia Vardalos, John Corbett, Michael Constantine, Lainie Kazan, Andrea Martin, Gia Carides, Elena Kampouris
- OT: My Big Fat Greek Wedding 2 (USA 2016)
Führt man sich einmal das schier bombastische Einspiel der 2002 in den deutschen Kinos erschienenen Culture-Clash-Komödie «My Big Fat Greek Wedding» vor Augen, so ist es im Anbetracht des seit Jahren vorherrschenden Fortsetzungswahns in der Filmindustrie nahezu unbegreiflich, weshalb der Überraschungserfolg von Regisseur Joel Zwick («Ein Elvis kommt selten allein») bislang nicht um mindestens ein Sequel ergänzt wurde. Der mit einem Budget von gerade einmal fünf Millionen US-Dollar inszenierte Film spielte weltweit sage und schreibe 369 Millionen wieder ein. Auf Basis dieser Erfolgskomödie entstand zwar die nach sieben Folgen beendete Sitcom «My Big Fat Greek Life» und auch bei der Titelfindung des inhaltlich nicht mit «My Big Fat Greek Wedding» zusammenhängenden Direct-to-Video-Titels «My Big Fat Greek Summer» orientierte man sich merklich an Zwicks liebevoller Familiengeschichte, doch nicht nur der Erfolg blieb aus, auch die Storys um die griechische Großfamilie Portokalos schienen vorerst auserzählt. Bis jetzt! Mit Ausnahme von Regisseur Kirk Jones («Was passiert, wenn’s passiert ist»), der seinen Vorgänger Zwick in «My Big Fat Greek Wedding 2» auf dem Regiestuhl beerbt, ist so ziemlich jede wichtige Persönlichkeit vor und hinter der Kamera erneut mit an Bord, um im 14 Jahre nach Teil eins erscheinenden Sequel noch einmal in die kuriosen Verwicklungen von Toula und ihrer Familie einzutauchen. Dabei büßt die Fortsetzung nichts vom Charme des ersten Teils ein, was vor allem daran liegen dürfte, dass Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin Nia Vardalos («Kein Sex unter dieser Nummer»), auf deren Leben «My Big Fat Greek Wedding» basiert, auch hier in ihrer altbewährten Position aktiv bleibt.
Was tun, wenn das Töchterchen flügge wird?
Es ist bereits einige Jahre her, seit die smarte Griechin Toula (Nia Vardalos) ihren Mann, den Nicht-Griechen Ian (John Corbett), geheiratet hat. Die gemeinsame Tochter Paris (Elena Kampouris) macht das Glück des Paares komplett. Doch mit Paris‘ nahendem High-School-Abschluss könnte eine entscheidende Wende in das Leben der Familie eintreten. Die Teenagerin spielt mit dem Gedanken, die Stadt zu verlassen, um in Florida, Texas oder New York aufs College zu gehen. Und damit nicht genug: In den Augen von Paris‘ unzähligen Verwandten braucht die hübsche Schülerin dringend einen Freund und bekommt einen potenziellen Heiratsanwärter nach dem anderen vorgestellt. Aber nicht nur in Toulas vier Wänden herrscht Stress, auch ihre Eltern stehen einander auf Kriegsfuß. Durch Zufall findet Großmutter Maria (Lainie Kazan) heraus, dass sie und ihr Mann Gus (Michael Constantine) gar nicht miteinander verheiratet sind. Eine Hochzeit muss her und alle Nerven liegen blank. Doch die Familie Portokalos wäre nicht sie selbst, wenn sie sich nicht auf ihre zig Verwandten und Freunde verlassen könnte.
Schon der erste Teil der sympathischen Griechen-Komödie kokettierte mehr mit den Gewohnheiten und Spleens unserer europäischen Nachbarn, anstatt sich ernsthaft in irgendeiner Form über sie lustig zu machen. Dies hing in erster Linie damit zusammen, dass es sich bei der Geschichte um eine Aneinanderreihung tatsächlich erlebter Ereignisse handelte, die Drehbuchautorin Nia Vardalos zunächst in ein Ein-Personen-Theaterstück und schließlich in einen Film umwandelte. «My Big Fat Greek Wedding» handelte schlussendlich nicht von mehr als dem lauten, durchaus mit Klischees gespickten Alltag einer griechischen Großfamilie, setzte jenen aber so herzlich in Szene und warf nicht mit billigen Pointen um sich, dass man sich bei der Familie Portokalos sofort gut aufgenommen fühlte. Der Plot an sich war da tatsächlich zweitrangig und zugegebenermaßen auch nicht sonderlich originell. Schließlich ging es hier lediglich um das Zusammenfinden eines Paares, das seine Liebe vor den Familien durchsetzen musste. Doch mit der unübersehbaren Liebe zu den Figuren wusste Joel Zwick diese Schwächen auszugleichen. Und genau auf dieser Ebene geht es nun in «My Big Fat Greek Wedding 2» weiter. 14 Jahre nach dem ersten Teil haben Toula und Ian eine erwachsene Tochter, deren voranschreitender Lebensweg zum Dreh- und Angepunkt dieses Films wird. Auch das erweist sich schlussendlich nicht als sonderlich originell – doch getreu dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ geht es auch hier nicht wirklich darum, was passiert, sondern darum, wie es passiert.
Einmal mehr erweist sich der Cast als größter Pluspunkt. Abgesehen von Newcomerin Elena Kampouris («Labor Day»), die ihrer Rolle entsprechend noch nicht im Vorgänger auftauchte, kennt man sämtliche Familienmitglieder des Portokalos-Clans bereits. Sie alle haben trotz fortgeschrittenen Alters nichts an Spritzigkeit und Sympathie eingebüßt haben. Trotz des einmal mehr überschäumenden, griechischen Patriotismus wird es wohl kaum einem Zuschauer schwer fallen, die Familie ins Herz zu schließen. Denn gerade weil all ihre Probleme auf den ersten Blick so alltäglich und nichtig erscheinen, erkennt man sich in den Streitgesprächen und Nervenzusammenbrüchen oftmals schneller wieder, als einem lieb ist. Dabei steht das Thema Culture-Clash in «My Big Fat Greek Wedding 2» nicht mehr so sehr im Mittelpunkt wie im Vorgänger. Dies könnte in erster Linie der Tatsache geschuldet sein, dass Teil eins damals noch ein Wegbereiter auf dem Gebiet war, wohingegen es in den vergangenen Jahren deutlich mehr Filme dieses Kalibers auf die große Leinwand schafften. Dass sich aus dem Aufeinanderprallen unterschiedlicher Kulturen abstruse Situationen ergeben können, ist heutzutage schlicht nichts Besonderes mehr. Das führt allerdings auch dazu, dass sich «My Big Fat Greek Wedding 2» auf anderer Ebene mehr anstrengen muss, um sich die Kurzweil und den Charme von einst zu bewahren.
Geschichte okay, Darsteller grandios
Dies gelingt glücklicherweise meistens. In der Fortsetzung geht es in erster Linie darum, wie sich der eingependelte Alltag wieder zu etwas Besonderem machen lässt. Auch das Thema Loslassen spielt eine große Rolle. Mithilfe eines einfühlsamen Skripts, das die Figuren zwar zum Teil karikaturesk zeichnet, die Taten derselben allerdings äußerst bodenständig abbildet, erweist sich das Leinwandgeschehen als zu jeder Zeit klar nachvollziehbar. Die Hauptfiguren Toula und Ian hängen zwar an ihrer Tochter, übertreiben ihre Fürsorge aber nicht, während sich Paris von ihren Eltern abgrenzen möchte, ohne als Klischee-Teenager gezeichnet zu werden. Auch die Fürsorge und das Engagement der vielen Familienmitglieder findet wie schon im ersten Teil immer genau die richtige Balance zwischen der Überzeichnung griechischer Spleens und neutraler Beobachtung. So ist all das, was in «My Big Fat Greek Wedding 2» passiert an sich gar nicht so spannend, doch die Figuren, einhergehend mit dem Fingerspitzengefühl für die Beobachtung ebenjener erweckt eine eigentlich so trockene (und in gewisser Weise auch schon vielfach dargebotene Geschichte) zum Leben.
Neben der Detailverliebtheit in der Charakterzeichnung ist jeder Kleinigkeit von «My Big Fat Greek Wedding» die Liebe der Macher zu ihrem Projekt anzumerken. Von der Musik (Christopher Lennertz), in der zur griechischen Kultur passende Klänge mit modernen Rhythmen vermischt werden, über eine elegante Kameraführung (Jim Denault) bis hin zu Setdesign und Kostümen finden sich griechische Akzente in jeder Ecke. Die Macher spielen immer wieder mit Klischees – das Design des Portokalos-Wohnhauses ließe sich etwa direkt vom Set nach Griechenland verfrachten – doch das Drehbuch verheimlicht an keiner Stelle, dass die Figuren um ihre durchaus für Außenstehende durchaus skurril anmutenden Angewohnheiten wissen. Damit sagt sich «My Big Fat Greek Wedding 2» automatisch von jedweder Form der Figurenveralberung los, lacht mit ihnen statt über sie und besitzt das Herz am rechten Fleck. Damit wirkt der Film aufgrund seines angenehmen Mangels an Fäkalhumor und derben Kalauern fast ein wenig aus der Zeit gefallen – womit es den Machern gelungen ist, die Lücke von 14 Jahren spielerisch zu überbrücken, ja, fast ungeschehen zu machen.
Fazit
Die Geschichte in «My Big Fat Greek Wedding 2» gewinnt mit Sicherheit keinen Originalitätsbonus, doch durch die Liebe zu den Figuren und der genauen Beobachtungsgabe eines amerikanisch-griechischen Familienalltags ist Regisseur Kirk Jones ein ebenso warmherziger wie inhaltlich glaubhafter Nachfolger des Kultfilms von 2002 gelungen, der es so aussehen lässt, als wären Teil eins und zwei in einem Rutsch gedreht worden.
«My Big Fat Greek Wedding 2» ist ab dem 24. März in den deutschen Kinos zu sehen.