Die erfolgreiche «Walking Dead»-Begleitserie «Fear the Walking Dead» geht in die zweite Runde. Wir haben mit Produzentin Gale Anne Hurd über die Hitshow (Hinweis: Es gibt Spoiler zur 1. Staffel), über Unterschiede zwischen Fernseh- und Filmproduktionen, Vielfalt in Hollywood und ihre zukünftigen Projekte gesprochen.
Science Fiction-Fan und Erfolgsproduzentin Gale Anne Hurd
Die am 25. Oktober 1955 geborene Produzentin Gale Anne Hurd ist kein unbeschriebenes Blatt in Hollywood. Zu Beginn ihrer Karriere produzierte sie zusammen mit Regisseur James Cameron ikonenhafte Filmbeiträge zum Science-Fiction-Genre wie z.B. «Terminator» , «Terminator 2» «Aliens» und «Abyss - Abgrund des Todes». Auch später bleibt sie mit «Der Geist und die Dunkelheit», «Armageddon» und «Der unglaubliche Hulk» dem Action- und Abenteuergenre treu und bewies mit den Serien-Produktionen «The Walking Dead» und «Fear the Walking Dead» ebenfalls ein erfolgreiches Händchen. Zur Zeit arbeitet sie an einer Dokumentation über amerikanische Ureinwohner und an der SyFy-Serie namens «Hunters». Zunächst einmal Herzlichen Glückwunsch zur zweiten Staffel von «Fear the Walking Dead»! Ich habe kürzlich die ersten beiden Episoden der neuen Staffel gesehen und ich habe den Eindruck, dass diese Episoden und auch die erste Staffel die Story ein wenig nüchterner angehen und einen langsameren Verfall der Zivilisation zeigen als die Originalserie «The Walking Dead». Ist es richtig, dass Sie diesen eher grundierten Ansatz gewählt haben, um diese neue Serie anzugehen?
Vielen Dank! Ich denke, dass beides sehr unterschiedliche Serien sind. Im Gegensatz zu «Fear the Walking Dead» basiert die Originalserie auf einer Comicreihe, also schon existierendem Material. Als Rick Grimes am Anfang des Comics aufwacht, hat die Zombie-Apokalypse bereits einen Monat zuvor begonnen. Die Welt hat sich schon für immer verändert. Unser Ansatz bei «Fear the Walking Dead» ist: Lasst uns zeigen, wie die Welt zusammenbricht. Offensichtlich breitet sich die Infektion sehr schnell aus. Aber wir haben die Möglichkeit, die neuen Regeln dieser Welt kennenzulernen und den Verfall der Gesellschaft zusammen mit den Charakteren zu erleben. Ziel der ersten Staffel von «The Walking Dead» war es, zu zeigen, wie Rick Grimes wieder mit seiner Familie zusammengeführt wird. Bei «Fear the Walking Dead» fangen wir stattdessen direkt mit einer Familie an. Und zwar mit einer Familie, die sofort mit schweren Tragödien konfrontiert wird. Das macht unter anderem den Unterschied zwischen diesen beiden Serien aus.
Diese Figuren werden sich ihrer neuen Situation sehr schnell anpassen müssen und müssen sehr schnell sehr effizient darin werden, sich zu verteidigen und für ihr Überleben zu kämpfen. Können wir von der zweiten Season und von der Serie allgemein noch mehr Action erwarten?
Ja, ich denke, das ist eine ganz natürliche Entwicklung. Die Figuren versuchen einen sicheren Ort zu finden. Doch sie und auch das Publikum wissen nicht, ob es diesen Ort überhaupt gibt. Im Chaos dieser untergehenden Welt ist jeder zu allem fähig, um das eigene Überleben zu sichern. Es gibt noch keine etablierten Regeln. Es geht um das unmittelbare Überleben und darum, irgendwie davon zu kommen. Manche Menschen versuchen, Unterschlupf an Ort und Stelle zu finden, andere versuchen zu entkommen. Es gab schon zuvor Streitigkeiten innerhalb der Gruppe, ob sie bleiben oder fliehen sollten, aber als ihnen bewusst wird, dass Operation „Cobalt“ schon im vollen Gange ist und das Militär plant, Los Angeles zu zerstören, haben sie keine andere Wahl, als zu fliehen. Menschen, die sich in einer solchen Notlage befinden, würden auf jedes Mittel zurückgreifen.
Wie stellen Sie sicher, dass «Fear the Walking Dead» und dessen Themen nicht zu sehr denen von «The Walking Dead» ähneln? Gab es einen Punkt, an dem Sie sagten: «The Walking Dead» hat das schon gemacht, wir können das hier nicht noch einmal machen? Wie gestalten Sie die Serie, so dass sie frisch und originell wirkt, obwohl sie im selben Universum wie die Originalshow spielt?
Das Wundervolle an beiden Serien ist, dass sie zwei sehr unterschiedliche Personengruppen porträtieren. Bei «The Walking Dead» haben wir Rick Grimes und Shane Walsh, die beide Polizisten sind und dementsprechend schon an Waffen gewöhnt sind. Außerdem sind sie daran gewöhnt, Autoritätspersonen zu sein und das Kommando zu übernehmen. Es gibt keine ähnliche Figur bei «Fear the Walking Dead». Hier haben wir Familien. Das ist schon etwas anderes. Es gab kaum Familien in «The Walking Dead» und es gab auch keine Teenager. Wir haben es mit völlig anderen Charakteren und einer völlig anderen Dynamik zu tun, der Dynamik einer Familie. Darüber hinaus handelt es sich um die Dynamik einer Patchwork-Familie, die so typisch für die heutige Zeit ist. Wie agiert eine Familie in dieser Situation, wenn sie zerbrochen ist? Zum Beispiel ist die Beziehung zwischen Travis und seinem Sohn Chris extrem schwierig. Chris wurde Augenzeuge, wie sein Vater scheinbar seine Mutter getötet hat. Das ist einfach eine Sache, die wir nie zuvor in «The Walking Dead» gesehen haben. Die Entscheidung, einen völligen Fremden wie Victor Strand zu vertrauen, ist ein weiteres Novum. Viele solcher Dinge werden wir in der zweiten Season von «Fear the Walking Dead» sehen.
Ausstrahlung von «Fear the Walking Dead» in Deutschland
Die 2. Staffel von «Fear the Walking Dead» ist in Deutschland ab dem 11. April, also wenige Stunden nach US-Ausstrahlung, bei Amazon Video abrufbar. Dort sind auch die Episoden der 1. Staffel zu finden. So viele der Fans von «The Walking Dead» haben gesagt: „Ich weiß, was ich tun würde. Ich verstehe nicht, warum sie nicht aufs Meer geflohen sind und einen Ort gesucht haben, der nicht von der Zombie-Apokalypse betroffen ist.“ Dies ist der Plan unserer Figuren am Ende der 1. Staffel. Und in der 2. Staffel werden wir erfahren, ob das eine kluge Entscheidung ist oder ob sie nur die eine Gefahr gegen eine andere Art von Gefahr eingetauscht haben. Schon allein im Bezug auf die Charaktere, haben wir etwas erschaffen, was wir nie zuvor in der anderen Serie hatten: Eine Immigranten-Familie der ersten Generation. Aber genau das findet man in Los Angeles. Daniel Salazar, welcher der Gewalt in El Salvador entkommen ist, erfährt nun eine ganz neue Form der Gewalt. Das sind sehr, sehr unterschiedliche Charaktere, die etwas völlig Neues mit sich bringen.
«Fear the Walking Dead» basiert nicht direkt auf den Comicbüchern von Robert Kirkman. Erlaubt Ihnen das mehr Freiheiten, was die Story angeht? Oder macht es Ihnen auch Sorgen, dass Sie Fans der Comics und der Show eventuell verschrecken könnten, gerade weil es kein direktes und erfolgreiches Ausgangsmaterial gibt?
Das Interessante ist, dass ein sehr erfolgreiches Comicbuch, vielleicht sogar das erfolgreichste aller Zeiten, gerade 50.000 Mal im Monat verkauft wird. Ein sehr, sehr erfolgreiches wird im Jahr vielleicht 300.000 Mal verkauft. Das sind nicht so viele, wenn man in Betracht zieht, dass es Millionen von Fans von «The Walking Dead» gibt, auch wenn der Verlust dieser Leser ein erheblicher Tiefschlag sein würde. Robert Kirkman wollte unbedingt eine andere Welt der Zombie-Apokalypse erforschen. Es gibt immer noch dieselben Regeln: Die Zombies sind nicht schnell, sie besitzen keine übermenschlichen Kräfte, man tötet sie auf die gleiche Art und Weise. So gesehen brechen wir niemals die physikalischen Gesetze des Kirkman-Universums. Wenn wir das tun würden, hätten wir ein Problem. Stattdessen gehorchen wir diesen Regeln und folgen einer Familie, bei der der Zuschauer kein Vorwissen hat, das auf einem Ausgangsmaterial basiert und nicht weiß, wie sich die Serie weiter entwickeln wird.
Mittlerweile sind Fans und Zuschauer Ihrer Serien und von Serien allgemein lautstärker und kritischer als jemals zuvor in der TV-Geschichte. Wie gehen Sie damit um? Und hat das Einfluss auf die Art und Weise, wie Sie an die Serie herangehen?
Fans wissen, dass jede TV-Serie oftmals schon ein Jahr oder neun Monate vor Ausstrahlung geschrieben wird. Trotzdem fällt es vielen schwer, zu akzeptieren, dass Vieles schon bestimmt wurde, bevor der erste Drehtag ansteht. Man ist einfach nicht mehr in der Lage auf bestimmte Sorgen von Fans und Zuschauer einzugehen. Und selbst wenn, hätte das einen massiven Einfluss auf die Geschichte, die wir erzählen wollen. Ich finde es wichtig, dass man sich nicht nur auf den Plot, sondern auch auf die Entwicklung der Charaktere konzentriert. Was mit den Charakteren passiert, ist das, was den Plot vorantreibt. Man sollte nicht zuerst den Plot herausarbeiten und dann später entscheiden, wie man die Charaktere hineinzwängt.
Gibt es Gespräche, eventuell weitere Begleitserien zu produzieren? Oder gibt es eine Obergrenze?
Im Moment ist das Universum so in Ordnung, wie es ist. Es gibt nicht nur «The Walking Dead» und «Fear the Walking Dead», sondern auch eine Talkshow namens «Talking Dead», die jeweils die zuvor ausgestrahlte Episode bespricht. Also gibt es mittlerweile drei Shows und ich glaube, das ist im Moment genug.
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Diese Geschichten fragen: Wer sind wir, wenn die Welt auseinanderbricht? Wer würde ich sein? Wer würden Sie sein? Zu wem würden unsere Freunde und unsere Familien werden? Was würden wir tun und wozu sind wir fähig? Sehr oft gibt es ein ähnliches Thema, nämlich was mit gewöhnlichen Menschen in außergewöhnlichen Zeiten passiert.
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«Fear the Walking »-Produzentin Gale Anne Hurd
Sie haben diverse Filme und jetzt auch Serien produziert, die eine düstere und harte Zukunft porträtieren. Warum glauben Sie, sind diese düsteren Zukunftsvisionen so attraktiv für den Zuschauer und warum sind sie so interessant und reizvoll für Sie?
Sie reizen mich so, weil sie wirklich das menschliche Befinden abbilden. Diese Geschichten fragen: Wer sind wir, wenn die Welt auseinanderbricht? Wer würde ich sein? Wer würden Sie sein? Zu wem würden unsere Freunde und unsere Familien werden? Was würden wir tun und wozu sind wir fähig? Sehr oft gibt es ein ähnliches Thema, nämlich was mit gewöhnlichen Menschen in außergewöhnlichen Zeiten passiert. Können wir der Situation gerecht werden? Kann man über anfängliche Fehler hinauswachsen? Kann man mit sich selbst leben, wenn man zu etwas gezwungen wird, von dem man zuvor angenommen hat, dass man niemals dazu fähig ist? Was würden wir tun, um zu überleben? Und was würden wir tun, um einen geliebten Menschen zu schützen? Auch wenn manche Menschen sich auf Dinge wie „Pax Romana“ beziehen, glaube ich nicht, dass es jemals sehr ausgedehnte Friedenszeiten auf diesen Planeten gab. (Anm. der Redaktion: Pax Romana bezeichnet eine Friedensperiode, in der das römische Reich nur minimal mittels Militärgewalt expandierte). Das ist einfach Teil der menschlichen Natur. Und die Fiktion kann solche Dinge in extremer Weise darstellen. Deswegen habe ich mich immer von Science Fiction, Fantasy und Horror angezogen gefühlt.
Auf der nächsten spricht Hollywood-Produzentin Gale Anne Hurd über die Unterschiede zwischen der Produktionsarbeit beim Film und beim TV, ethnische Vielfalt in Hollywood und ihre zukünftige Film- und Serienprojekte.
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In derselben Zeit, in der ich einen zweistündigen Film produziere, kann ich zum Beispiel im Falle von «Fear the Walking Dead» 15 Stunden eines Charakterdramas erzählen.
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«Fear the Walking »-Produzentin Gale Anne Hurd
Wie schon erwähnt, haben Sie sehr viele Filme produziert, darunter auch sehr erfolgreiche. Was würden Sie sagen, sind die hauptsächlichen Unterschiede zwischen der Produktion eines Spielfilms und der Produktion einer TV-Serie, insbesondere in der heutigen Entertainment-Landschaft?
Es gibt natürlich eine Menge Unterschiede. Filme sind hauptsächlich das Medium des Regisseurs: Es ist seine Vision und er ist die wichtigste Person bei der Produktion. Fernsehen ist das Medium des Produzenten. Regisseure führen hier mal bei einer Episode Regie und arbeiten dann an einem anderem Projekt weiter und dann kommt wieder ein neuer Regisseur. Also sind Serien vielmehr für Produzenten geeignet, die eine Vision haben und eine große Herausforderung mögen. In derselben Zeit, in der ich einen zweistündigen Film produziere, kann ich zum Beispiel im Falle von «Fear the Walking Dead» 15 Stunden eines Charakterdramas erzählen. Ich kann im Fernsehen sehr viel produktiver sein und viel komplexere und reizvollere Geschichten erzählen.
Würde ein Film wie zum Beispiel «Terminator», an dessen Drehbuch Sie mitgeschrieben haben und den Sie auch produziert haben, heute noch möglich sein oder würde es eher eine TV-Serie sein?
Das ist eine sehr interessante Frage. Einer meiner Lieblingsfilme der letzten Jahre ist «Ex Machina». Und ich würde sagen, dass das eine Art «Terminator» ist. Also glaube ich schon, dass diese Art von Filmen nicht nur weiterhin produziert wird, sondern auch erfolgreich ist und einiges über die Menschen und über die Entscheidungen, die sie treffen, zu sagen hat. Und das ist das Großartige am Genre-Kino, nämlich dass es die schwierigen Fragen stellen kann. Eine Sache, die ich komisch finde: Jim (James Cameron) und ich haben «Terminator» 1984 produziert und erst vor kurzem haben visionäre Wissenschaftler und Ingenieure wie z.B. Stephen Hawkins und Eli Musk gesagt, dass uns empfindsame Künstliche Intelligenzen vielleicht gefährlich werden könnten. Sie hinken uns damit ein paar Jahre hinterher.
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Wenn man eine Ensemble-Geschichte erzählt, ist es absolut essentiell, dass dieses Ensemble auch die Gesellschaft repräsentiert. Und jeder dieser fiktionalen Charaktere hat verschiedene Lebenserfahrungen.
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«Fear the Walking »-Produzentin Gale Anne Hurd
Zur Zeit findet eine kontroverse Diskussion in Bezug auf ethnische Vielfalt in Hollywood statt, insbesondere nach der letzten Oscar-Verleihung. Auf der anderen Seite, scheint die Fernsehindustrie Vielfalt vor und hinter der Kamera willkommen zu heißen und zu fördern. Die interessantesten Serien, zumindest für mich, sind die Serien, die mehr Vielfalt zu bieten haben wie z.B. «American Crime Story» und auch Ihre Serien, welche die vielfältigsten Besetzungen zu bieten haben, die ich bisher gesehen habe. Ist das etwas, worauf Sie abzielen?
Wenn man eine Ensemble-Geschichte erzählt, ist es absolut essentiell, dass dieses Ensemble auch die Gesellschaft repräsentiert. Und jeder dieser fiktionalen Charaktere hat verschiedene Lebenserfahrungen. Ich glaube, es ist nicht sehr interessant, wenn man weiterhin Serien nur mit Menschen besetzt, die alle einen sehr ähnlichen Hintergrund und sehr ähnliche Lebenserfahrungen besitzen. Glücklicherweise bot Robert Kirkman schon allein mit seinen Comics als Ausgangsmaterial eine Grundlage für sehr viel Vielfalt.
Aber es gibt auch andere Fälle beim Casting: Es gibt zum Beispiel in «The Walking Dead» eine Figur, die Bob heißt und der in den Comics weiß ist. Der beste Schauspieler für diese Rolle war allerdings Lawrence Gillard Jr., der Afroamerikaner ist und den wir letztendlich für die Rolle gecasted haben. Gerade weil Los Angeles so ein Schmelztiegel bestehend aus so vielen verschiedenen Kulturen, Ethnien und Hintergründen ist, ist «Fear the Walking Dead» die perfekte Serie, um wirklich Menschen von überall zu casten. Zum Beispiel Cliff Curtis, der ein Maori aus Neuseeland ist. Wir waren in der Lage, ihn jemanden spielen zu lassen, der den gleichen ethnischen Hintergrund hat. Rubén Blades kann einen Mann aus Salvador spielen, obwohl er aus Panama stammt. Griselda, seine Frau in der Serie, wurde von der mexikanischen Schauspielerin Patricia Reyes Spindola gespielt. Als wir die Rolle des Victor Strand gecasted haben, standen wir jedem ethnischen Hintergrund offen gegenüber, aber Colman Domingo hat uns mit seiner Performance einfach umgehauen. Außerdem ist es faszinierend zu sehen, dass der wohlhabendste und erfolgreichste Geschäftsmann der Serie ein Afroamerikaner ist.
Warum glauben Sie, fällt es der Filmindustrie so schwer, sich dieser Entwicklung anzupassen?
Wie Sie schon andeuteten, basieren viele Filme auf bereits existierendem Ausgangsmaterial und oftmals gibt es dieses Material schon sehr, sehr lange und ist nicht gerade von Vielfalt geprägt. Offensichtlich ändert sich das momentan, aber eine Filmproduktion kann man sich wie ein sehr, sehr großes Schiff vorstellen, dessen Kurs man schwer korrigieren kann. Und sobald ein Film Erfolg hat und Sequels produziert werden, stehen Casting und die Hauptdarsteller schon weitestgehend fest. Und dann kommen schon drei bis vier Filme mit den gleichen Gesichtern zustande. Und das sind nicht notwendigerweise vielfältige Gesichter.
Mit der Filmlandschaft, die Sie gerade beschrieben haben, ist das eine Industrie, zu der sie gerne zurückkehren würden?
Oh ja! Ich entwickle momentan sogar neue Filme. Insbesondere in den Vereinigten Staaten produzieren und vertreiben aber die großen Studios immer weniger Filme. Aber ich stehe jedem Medium offen gegenüber. Ich produziere gerade meine dritte Dokumentation, was die meisten Leute nicht wissen. Das ist außerdem meine dritte Dokumentation über amerikanische Ureinwohner. Und wenn es eine ethnische Gruppe gibt, die in Film und Fernsehen unterrepräsentiert ist, dann sind es wohl die amerikanischen Ureinwohner. Ich bin offen für jede Art Medium, solange es zu der Story passt, die erzählt wird.
Ich werde Sie nicht nach spezifischen Story-Details der 2. Staffel von «Fear the Walking Dead» fragen, weil ich meine, dass die Zuschauer so etwas lieber selbst herausfinden sollten. Aber Sie produzieren auch eine neue Serie namens «Hunters» für den SyFy-Channel. Können Sie mir darüber etwas erzählen?
Die Serie basiert auf einen Roman von Whitley Strieber, der Romane geschrieben hat, auf denen z.B. der Film «Wolfen» und der Tony Scott - Film «Begierde» basieren. Die Geschichte bietet eine Projektionsfläche für Probleme, die momentan die Welt bewegen. Und eines dieser Probleme ist vor allem Terrorismus. In diesem Fall haben wir es mit Außerirdischen, also mit Wesen von einer anderen Welt zu tun. Wir sind nicht sicher, was ihre Motivationen sind. Die Serie ist einerseits unterhaltsam, aber kann auch relevante Probleme untersuchen, die uns zur Zeit beschäftigen. Auf die Frage: „Was können wir tun?“ gibt es keine einfachen Antworten. Das ist das zentrale Drama der Serie. Und anders als bei «The Walking Dead», wo die Charaktere einen Zombie sehr leicht identifizieren können, sehen die «Hunters» genauso aus wie wir. Also gibt es keine Möglichkeit, sicher zu sein.
Sind Sie nervös, wenn sie sich einem neuen Projekt annähern oder sind Sie als Produzentin so erfahren, dass Sie sagen können: Das ist kein Problem für mich?
Immer wenn man ein neues Projekt übernimmt, handelt es sich um eine Herausforderung, aber es ist auch immer eine Chance. Ich glaube, dass es aufregend sein kann, so viele Möglichkeiten zu haben, um viele verschiedene Geschichten erzählen zu können, die gleichzeitig relevant sind. Die Leute haben immer gesagt, dass «The Walking Dead» und «Fear the Walking Dead» von der Angst des Menschen vor jeder Art von Apokalypse handeln, sei es ein natürliches Desaster, sei es eine Grippewelle oder ein globaler, finanzieller Kollaps. Und auch wenn eine Welt unwahrscheinlich ist, in der wir uns Außerirdischen entgegenstellen müssen, von denen wir nicht wissen, was sie vorhaben, kann es gleichzeitig Spaß machen, zum Nachdenken anzuregen.
Welche TV-Serien schauen Sie in Ihrer Freizeit, wenn ich fragen darf? Bevorzugen Sie das düstere und schwere Drama oder eine leichte Comedy am Ende des Tages? Oder haben Sie gar keine Zeit dafür?
Im Moment arbeite ich an vier Serien, wo ich mir vor allem Aufnahmen vom Dreh ansehe (lacht). Aber ich mag «The Americans». Außerdem sehe ich gerne «Into the Badlands», eine andere AMC-Serie, die von meiner guten Freundin Stacy Sher produziert wird und in Deutschland wie «Fear the Walking Dead» bei Amazon Prime zu sehen ist. Ich mag die Reality Show «The Voice» (lacht). Und ich freue mich darauf, die restlichen Episoden von «American Crime Story» nachzuholen.
Würden Sie selbst in Erwägung ziehen, eine leichtere Serie oder eine Komödie zu produzieren?
Ich habe sogar schon eine Komödie vor langer Zeit mit dem Namen «Ich liebe Dick» produziert. Es ging dabei um Richard Nixon, der von Dan Hedeya gespielt wurde. Außerdem haben Kirsten Dunst und Michelle Williams mitgespielt. Ich habe also schon Komödien produziert (lacht).
Vielen Dank für das ausführliche Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit «Fear the Walking Dead».