Das viel besagte Erdogan-Gedicht aus dem «Neo Magazin Royale» sorgt weiter für Meinungsverschiedenheiten. Nun verlangen einige ZDF-Mitarbeiter, dass die Schmähkritik wieder in die Mediathek gestellt wird.
Auch wenn Jan Böhmermann und die bildundtonfabrik eine Ausgabe ihres Satiresendung
«Neo Magazin Royale» ausfallen lassen: Die Wogen um das Erdogan-Gedicht glätten sich partout nicht. Auch innerhalb des ZDF sorgt die am 31. März im Rahmen der ZDFneo-Show veröffentlichte, an den türkischen Präsidenten gerichtete Schmähkritik weiterhin für Meinungsverschiedenheiten. Während die ZDF-Führungsriege die entsprechende Stelle am 1. April aus der Mediathek löschte und zudem die «[Neo Magazin Royale»-Wiederholung im Hauptprogramm entsprechend kürzte, lehnen sich nun zahlreiche ZDF-Mitarbeiter gegen diese Entscheidung auf.
Nach Informationen von ‚Spiegel Online‘ wurde ein Rundbrief mit entsprechendem Inhalt am Donnerstagmorgen via ZDF-Hauspost verteilt. Der vom Redakteursausschuss des ZDF verfasste Brief ging an alle Büros der ZDF-Zentrale am Lerchenberg und feiert die umstrittene «Neo Magazin Royale»-Ausgabe als Coup: „Eine ZDF-Sendung bewegt Regierungschefs und ersetzt ein juristisches Proseminar. Programmauftrag erfüllt“, heißt es in dem Schreiben, in dem die Verfasser der ZDF-Führung vorwerfen, dass ihr Handeln dazu geführt habe, dass dem Sender „teilweise vorauseilender Gehorsam nachgesagt wird“.
Daher sei es unabdingbar, die Eigenzensur wieder rückgängig zu machen: „Wir würden es begrüßen, wenn die 'Schmähkritik' vom Giftschrank wieder in die Mediathek gestellt wird. Als Dokument der Zeitgeschichte“, schreibt der Ausschuss. Zudem wird die Löschung des Gedichts als Inkonsequenz bezeichnet. Schließlich würden Politiker auch in der «heute-show», in der «Anstalt» und der «Frontal21»-Satirerubrik «toll» unerbittlich hart angegangen, ohne dass so reagiert wird wie bei Böhmermann.
Der vermeintliche Löschungsgrund, den ZDF-Intendant Thomas Bellut der Öffentlichkeit mitteilte, sorge darüber hinaus innerhalb des Senders für Verunsicherung. Bellut argumentierte, dass die «Neo Magazin Royale»-Passage nicht den Qualitätsstandards des Kanals entsprechen würde. Nun wüssten die Programmmacher nicht mehr, was denn gut genug sei. Daher fordern sie ein Gespräch mit den „Verantwortlichen des Hauses“, um zu klären, gegen welche Qualitätsstandards Böhmermann verstoßen hätte. Weiteres Thema solle eine Definition dessen sein, wie weit Satire im ZDF gehen dürfe.