Die 2010 gestartete Reihe «Der Bulle und das Landei» hat von Anfang an viel Kritik einstecken müssen: War alles schon mal da, zu betulich, zu harmlos. Kann man sicherlich so sehen, allerdings...
Cast & Crew
- Regie: Torsten Wacker
- Darsteller: Uwe Ochsenknecht, Diana Amft, Irm Hermann, Charles Brauer, Bernhard Schütz
- Drehbuch: Markus Hoffmann, Uwe Kossmann
- Kamera: Andre Lex
- Schnitt: Nicolas Montano Goertz
- Musik: Hansen & Jansen
- Szenenbild: Guido Amin Fahin
- Kostüm: Antje Gebauer
…geht das auch ein bisschen vorbei am Kern der Sache, denn die Serie, die von der ARD die Rubrik „Schmunzelkrimi“ (ächz) übergestülpt bekam, hat durchaus ihre Stärken, aber die liegen nun mal eben woanders, sind aber eigentlich unübersehbar.
Die sechste Ausgabe erzählt von einem neuen Fall, knüpft ansonsten aber am Vorgänger an. Killmer und Kati wollen ihre unfreiwillig geschlossene Ehe endlich wieder scheiden lassen, doch da purzelt der Berufsalltag dazwischen: Karl Wolter wurde kurz vor seiner Feier zum 95. Geburtstag mit Hilfe eines manipulierten Treppenlifts (!) ermordet. Das Trio der Verdächtigen scheint direkt aus einem britischen Krimi der 60er-Jahre entsprungen zu sein: Alfred Schuschick, ein intelligenzmässig eingeschränkter Hausknecht mit Glasauge, ein seniler Hühnerzüchterbaron mit dem tollen Namen Schaurig und Wolters Haushälterin Hermine von Blücher, mit Eiswasser im Blick und Graberde-Charisma.
Schon bald findet das Ermittlerpärchen heraus, dass das Tatmotiv in der Vergangenheit verwurzelt sein muss, die verschwundene Beute aus einem Postraub aus der Vorkriegszeit spielt offenbar eine nicht unerhebliche Rolle - aber auch im Privaten wird eine Entdeckung gemacht, die der Zuschauer natürlich schon seit Ewigkeiten ahnt, weswegen hier jetzt auch nicht die Spoiler-Alarmglocke gebimmelt wird: Killmer und Kati passen irgendwie ja doch ganz gut zusammen!
Natürlich, bei «Der Bulle und das Landei» handelt es sich im Kern um eine «Mord mit Aussicht»-Kopie, der oft getätigte Vorwurf ist nicht ganz unberechtigt, anderseits muss man den Machern zugestehen, dass man durchaus einen eigenen Akzent setzt und der liegt vor allem im Understatement, was sich nicht nur im zurückgenommen Spiel der Darsteller bemerkbar macht (besonders bei Diana Amft, die ja sonst eher in die andere Richtung ausschlägt), sondern auch im wunderbar knochentrockenen, oftmals für eine ARD-Produktion fast schon wieder zu subtilen Humor, der besonders diese Folge - in Kombination mit dem klassischen
Whodunit-Plot - mit einer ziemlich britischen Duftmarke ausstattet.
Die beiden Drehbuchautoren erfreuen hierbei nicht nur mit einer geschickten aufgebauten und absolut befriedigend aufgelösten Story, sondern auch mit wundervollen geschliffenen Dialogen und überraschenden Pointen: Wenn in einer Szene etwa Killmer und Kati den bis zu diesem Zeitpunkt als typischen, leicht gruseligen Klischee-Lakaien portraitierten Alfred verhören, dieser erzählt: „Alfred, hat er gesagt, ich kann da nichts machen, nach meinem Geburtstag wird nichts mehr so sein wie früher.“, Killmer daraufhin mit der Frage „Wie hat er das gemeint?“ nachhakt und ein leicht brummiges: „Dass nach seinem Geburtstag nichts mehr so sein wird wie davor!“ eingeschenkt bekommt, ist das schon ziemlich großartiges Tennis.
Getragen werden derlei Verbal-Höhepunkt von einer herausragenden Besetzung: Ochsenknecht und Amft haben sich mittlerweile mehr als warm gespielt und harmonieren prächtig, was auch die überraschungslose Überraschung am Ende absolut glaubwürdig wirken lässt. In den Nebenrollen tummeln sich Hochkaräter wie Ingo Naujoks und Charles Breuer, turmhoch über allen ragt aber mal wieder die großartiger Fassbinder-Akteurin Irm Herrmann, die es als undurchsichtige Haushälterin schafft gleichzeitig die Fernsehschirm-Temperatur auf den Gefrierpunkt abzusenken, aber trotzdem auch eine gewisse Tragik zu vermitteln, man fürchtet sich vor ihr, hat gleichzeitig aber auch Mitleid. Ganz groß.
Dass dem - im Rahmen der Möglichkeiten – auch sonst von Torsten Wacker glänzend umgesetzte Fernsehfilm die Höchstwertung verwehrt bleibt, liegt einzig und allein am Umstand, dass ein gewisses Quäntchen an Originalität sicherlich nicht das Verkehrteste wäre, letztendlich wird hier tatsächlich nur Uraltbekanntes aufgekocht - allerdings ist das wie hier deutlich gewichtiger als das
was - Freunde zutiefst entspannter Unterhaltung sollten dem drollig-liebenswerten Provinz-Krimichen unbedingt eine Chance geben.
Das Erste zeigt «Der Bulle und das Landei - Goldrausch» am Donnerstag, 21. April 2016.