Seit acht Monaten ist Dirk Grosse nun Chef von Deutschlands 24 Stunden Sportnews-Sender. Im Interview erklärt er die von ihm angestoßenen Veränderungen und kündigt ein neues Design für den Kanal an.
Zur Person: Dirk Grosse
Grosse ist ausgebildeter Journalist und verfügt über langjährige Erfahrung im Fernsehjournalismus – unter anderem als Moderator, Field Reporter und Filmemacher. Zu Sky kam er vor fünf Jahren, leitete bis September 2015 die Sport-Kommunikation. Dann wurde er Senderchef von Sky Sport News HD. Vor seinem Einstieg bei Sky war der 48-Jährige bei Sport 1 tätig, wo er sechs Jahre als Redaktionsleiter für die Talkformate «Doppelpass» sowie «Bundesliga - Die Spieltagsanalyse» verantwortlich war und sich als „Mr. Doppelpass“ branchenweit einen Namen machte. Davor leitete er die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des TSV 1860 München.Herr Grosse, Sie sind ein Mann des Talks, waren einst als «Doppelpass»-Chef im Einsatz. Bevor wir über Sky sprechen daher meine Frage anlässlich des neuen Eurosport-Fußball-Talks: Muss in unserer Nation noch mehr über Fußball debattiert werden?
Im Fernsehen gibt es weder ein „zu viel“ noch ein „zu wenig“. Am Ende entscheidet der Zuschauer mit der Fernbedienung. Und ja, ich bin und bleibe ein Freund des Talks.
Kommen wir dann direkt zu Sky Sport News HD – Sie sind seit rund acht Monaten Senderchef, haben den Kanal zuvor in Ihrer Position als Sport-PR-Chef begleitet. Wo haben Sie zuerst angesetzt, als Sie das Ruder übernommen haben?
Seit dem Sendestart von Sky Sport News HD am 1. Dezember 2011 bin ich in das Thema involviert, weil ich ihn vier Jahre lang kommunikativ begleitet habe. Aber da erlebt man die redaktionellen Abläufe eben nur oberflächlich und ich kannte auch nicht alle der insgesamt über 100 redaktionellen Mitarbeiter. Das war sicherlich eine der Hauptaufgaben der ersten Monate, mit allen zu sprechen und viele Informationen zu erhalten. Natürlich haben wir peu a peu an einigen Dingen gedreht, vieles verbessert. Manches für den Zuschauer sichtbar, manches nicht. Das ist wichtig, weil Fernsehen immer im Fluss ist. Wir sind ein 24-Stunden-Nachrichtensender und deshalb immer up-to-date. Besonders erfreulich: Im ersten Quartal des Jahres hatten wir eine 38%-Steigerung gegenüber des ersten Quartals 2015. Wir entwickeln uns stetig.
Dann gehen wir mal ins Detail. Sie haben die Anzahl der Talkschienen erhöht. Immer wieder gibt es jetzt 15 bis 20 Minuten lange Sequenzen, dann auch nur mit einem Moderator. Wieso tut das dem Sender gut?
Wie eingangs erwähnt, habe ich ein Faible für den Talk. Aber abgesehen davon, haben wir Fokusgruppen befragt und dabei festgestellt, dass es den Wunsch gibt, noch mehr Einordnung von Reportern, Experten und Gästen zu bekommen.
Diese Hintergründe liefern wir, wann immer es inhaltlich passt. Beispielhaft ist da sicherlich der Tag nach dem Champions League-Aus der Bayern. Da hatten wir morgens Lothar Matthäus bei uns, Ottmar Hitzfeld am Telefon, Reporter Uli Köhler war ständig geschaltet, Guardiola-Biograf Guillem Balagué kam ins Studio, und nachmittags schauten Wolff Fuss und Felix Magath bei uns vorbei. Und noch dazu haben wir mit Christian Fuchs, dem englischen Meister, telefoniert. Mehr geht kaum.
Planen Sie darüber hinaus einen weiteren Ausbau dieser Talkstrecken?
Wir sind ein Rolling-News-Sender. Wir richten uns immer nach den Gegebenheiten und der Situation. Es wird mal mehr und mal weniger Talks geben. Wichtig ist letztlich, dass der Zuschauer dadurch einen Mehrwert erhält.
Die sind momentan auch immer dann eingeplant, wenn es passt. Würde es dem Zuschauer nicht mehr Verlässlichkeit geben, wenn er wüsste: Werktags um 19 Uhr, da hat Sky Sport News immer interessante Gäste… Morgens um acht gibt es immer 30 Minuten lang eine Presseschau…
Die große Verlässlichkeit unseres Senders ist, dass der Zuschauer weiß: Wenn in der Welt des Sports etwas Wichtiges passiert, dann erfährt er es bei uns. Der Gedanke, den Sie haben, der passt zu Magazin-Formaten, nicht aber zu Rolling-News. Wenn wir immer um 19 Uhr Gäste hätten, was machen wir dann, wenn eine wichtige PK um 18.45 Uhr beginnt oder ein Trainer entlassen wird, zu dem der Gast überhaupt nicht passen würde? Eine unserer Stärken ist sicherlich die Flexibilität.
Zum Thema Presseschau: Diese ist seit jeher Teil unseres Programms, zuletzt übrigens auch erstmals mit einer Presseschau direkt aus London von den Kollegen der dortigen News zum Thema Meisterschaft von Leicester City.
Anders als bei Sky Sport, wo Sebastian Hellmann, der Nummer 1-Moderator ist, gibt es nach Kate Abdo eine solche Unterteilung bei Ihren Hosts nicht mehr. Brauchen Sie das nicht?
Kate Abdo hatte damals sicherlich eine Sonderstellung, da sie bereits ein halbes Jahr vor dem Senderstart als Gesicht des Senders etabliert wurde, um auf uns aufmerksam zu machen. Uns gab es ja noch nicht im Sendersuchlauf, aber Kate war schon da. Heute verteilt sich das auf mehrere Moderatorinnen und Moderatoren sowie auf unsere Reporter, die alle senderprägende Gesichter sind.
Sky in England hat angekündigt, dass sich das Sport-Design anpassen wird. Betrifft das auch Ihren Sender und was ist geplant?
Ende August werden die drei Länder England, Deutschland und Italien bei Sky Sport News ein sehr ähnliches Design bekommen. Mehr Weiß- und Blautöne. Sehr chic.
Und dann sieht das heutige SSNHD so aus wie jetzt der englische News-Sender?
Jedes Land wird auch weiterhin seine Eigenheiten im Design haben. Aber es wird deutlicher zu erkennen sein, dass wir zusammengehören.
Sprechen wir über Monica Lierhaus, die für Sky Sport News HD seit zwei Jahren Interviews führt. Widersprechen Sie mir, wenn ich sage, dass diese Gespräche – auch auf Grund ihrer Kurzfristigkeit im Programm – manchmal etwas auf verlorenem Posten wirken und noch mehr Buzz verdient hätten?
Man muss das Prinzip dieser Reihe kennen. Wir wollen mit Persönlichkeiten sprechen, die wir sonst nicht regelmäßig im Programm haben. Das ist keine Interview-Strecke, die wir im Anschluss an eine PK mal eben aufzeichnen. Es geht um Sportstars, die nicht alltäglich bei Sky auftauchen. Ein Niki Lauda gehört dazu oder vielleicht bald eine Sabine Lisicki. Wir weisen darauf hin, wie für viele andere Inhalte bei uns im Programm. Das Format benötigt daher keinen lauten extra Buzz
In einem Monat ist EM in Frankreich. Wie wird Ihr Sender über das Event berichten?
In Frankreich werden Uli Köhler und Christopher Lymberopoulos vor Ort sein. Natürlich werden wir auch auf die englischen Kollegen zurückgreifen, gerade dann, wenn es um deren Mannschaften geht. Dasselbe gilt mit Sky Italia. Wir zeigen auch wieder viele Pressekonferenzen aus dem deutschen Trainingslager. Wir haben auch von SportA ein Lizenzpaket gekauft, das uns eine Nachberichterstattung der deutschen und österreichischen Mannschaft sichert.
Heißt: Auf Specials, wie etwa den vormittäglichen Brunch wie bei der WM 2014, verzichten Sie?
Ja, darauf verzichten wir. Es wird keine solchen Specials geben. Aber wir werden die Fußball-EM 2016 rund um die Uhr im Blick haben.
Wie läuft der Austausch mit den Kollegen in England und Italien allgemein?
Hervorragend. Seit mehr als zwei Jahren gibt es bei uns das International Desk. Hier werden Inhalte koordiniert und ausgetauscht. Es wird täglich telefoniert und gemailt. Eine Gruppe von knapp 10 Personen aus allen drei Ländern trifft sich alle drei Monate zum Austausch. Projektbesprechungen wie nun für die Euro 2016 finden regelmäßig statt.
Danke für das Interview.