Die neue Folge des Franken-«Tatorts» ist mindestens so gelungen wie seine Premiere vor einem Jahr.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Dagmar Manzel als Hauptkommissarin Paula Ringelhahn
Fabian Hinrichs als Hauptkommissar Felix Voss
Eli Wasserscheid als Kommissarin Wanda Goldwasser
Andreas Leopold Schadt als Kommissar Sebastian Fleischer
Matthias Egersdörfer als Leiter Spurensicherung Michael Schatz
Sibylle Canonica als Professor Magdalena Mittlich
Stefan Merki als Polizeipräsident Dr. Mirko Kaiser
Hinter der Kamera:
Produktion: Claussen+Putz Filmproduktion
Drehbuch: Beate Langmaack
Regie: Andreas Senn
Kamera: Holly Fink
Produzenten: Uli Putz und Jakob ClaussenViele Krimis haben die Angewohnheit, am Schluss alle Fäden zusammenlaufen zu lassen. Alle bisher scheinbar unzusammenhängende Handlungsteile müssen in ein enthüllendes Ereignis, einen dramaturgischen A-Ha-Moment am Ende münden.
Das echte Leben funktioniert selten so, sondern besteht eher aus vielen Ereignissen, die sich parallel zueinander abspielen und tatsächlich nichts miteinander zu tun haben. Ohne dramaturgisch ausgekungelte Enthüllung eines größeren Ganzen, aus dem wir noch ein bisschen lernen sollen.
Der zweite «Tatort» aus Franken
bliebt seinem aus der Premiere bekannten Stil treu und schlägt den authentischeren, lebensnaheren Weg ein. Was nicht bedeutet, dass die verschiedenen Fälle, mit denen es Felix Voss und Paula Ringelhahn zu tun bekommen, dramaturgisch willkürlich wären. Sie stehen vielmehr unter dem titelgebenden Thema, dem „Recht, sich zu sorgen“.
In den ersten Szenen findet eine junge Frau ihre Mutter tot in der Gaststätte auf, die die Familie seit Generationen betreibt. Sie ist erwürgt worden, wahrscheinlich von ihrem Mann, der, so ihre Litanei zu Lebzeiten, die Wirtschaft in den Ruin getrieben habe. „Möglichst viele Gäste, die möglichst viel saufen“, fasst die unter Schock stehende Tochter der Ermordeten das gastronomische Konzept zusammen. Doch es kamen eben immer weniger Leute, die viel zu wenig soffen.
Während die Fahndung nach dem Mann läuft, der sich wahrscheinlich irgendwo im nahegelegenen riesigen Wald aufhält, bewaffnet mit einem Jagdgewehr, kriegen Voss und Ringelhahn den nächsten Fall von ihrem Dienstvorgesetzten auf den Schreibtisch geknallt – unter der Bedingung höchster Diskretion: Im Institut für Anatomie der Universität Würzburg passt ein archivierter Schädel nicht zum Rest des Skeletts – oder zu irgendeinem anderen im umfangreichen Knochenarchiv. Universität und Polizei wollen einen Skandal verhindern, aber in mögliches Verbrechen ausschließen, beziehungsweise, wenn es unbedingt sein muss, es ausermitteln.
Währenddessen verlangt eine offensichtlich verwirrte Frau von der Nürnberger Polizei, ihren seit einiger Zeit verschwundenen erwachsenen Sohn zu suchen. Die Polizisten im Mittleren Dienst lehnen ab. Sie denken die Hintergründe zu kennen. Doch Paula Ringelhahn will intervenieren – und das „Recht, sich zu sorgen“ dieser Frau anerkennen.
© BR/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH/Hagen Keller
Gerichtsmediziner Lutz Kranich (Benjamin Griebel, ganz links) und Kriminalhauptkommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs, rechts) blicken der geschockten Steffi Schwinn (Barbara Prakopenka, Mitte) im Wirtshaus ihrer Eltern hinterher. Im Hintergrund steht Kriminalkommissarin Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid).
Das mag nun etwas schwülstig klingen, etwas dick aufgetragen, etwas pathetisch, etwas plakativ, etwas nichtssagend. Doch das liegt an der für eine Handlungszusammenfassung notwendigen Kürzung – und der Unmöglichkeit, an dieser Stelle das engagierte, einnehmende, reduzierte und glaubhafte Spiel von Fabian Hinrichs und Dagmar Manzel wiederzugeben.
Dieser Krimi erzählt sehr feinfühlig, sehr nah an seinen Figuren, angenehm sentimental und frei von jeglichem Zynismus. Markige Sprüche, mit denen in anderen «Tatort»-Regionen die Dramatik (absichtlich) verwässert und so leichter erträglich gemacht wird, spart man in Franken vollständig aus. Die Schwere gilt es auszuhalten. Das und ein sehr sensibler Duktus haben „Das Recht sich zu sorgen“ zu einem nahbaren, einnehmenden Film gemacht, und zu der geglückten Fortsetzung einer gelungenen Premiere.
Das Erste zeigt «Tatort – Das Recht sich zu sorgen» am Sonntag, den 22. Mai um 20.15 Uhr.