Schauspieler Martin Brambach sprach mit uns über den Dresden-«Tatort», über eine Figur in der viel diskutierten ARD-Serie «Die Stadt und die Macht» und über den Rückgang fiktionaler Stoffe im Privatfernsehen.
Zur Person: Martin Brambach
Die Liste an Formaten, an denen Martin Brambach in den vergangenen rund 30 Jahren mitwirkte, ist so lang, dass sie hier gar keinen Platz hat. Zu den Highlights seiner Karriere dürfte sicherlich «KDD» (ZDF), «Add a Friend» (TNT Serie) und der «Tatort» aus Dresden gehören. Besonders lange, nämlich fast zehn Jahre, hielt es ihn auch bei «Unter anderem Umständen». Brambach wirkte auch an deutschen Kino-Hits wie «Goodbye, Lenin» oder «Wo ist Fred?» mit. Jetzt hat die ARD eine neue Primetime-Serie namens «Frau Temme sucht das Glück» mit ihm in einer tragenden Rolle bestellt. Herr Brambach, als ich vorhin in der Redaktion von unserem anstehenden Gespräch erzählte, gab mir ein Kollege direkt den Auftrag, Sie auf Ihre Leistung in der ARD-Serie «Die Stadt und die Macht» anzusprechen – was ich hiermit getan habe. Passiert Ihnen das öfter?
Gott sei Dank ist das in den vergangenen Wochen relativ oft passiert, ja. Ich finde es großartig, dass Sie mich jetzt auch danach fragen. Muss man ja sehen, dass etwa zweieinhalb Millionen Menschen diese Serie gesehen haben. Das ist im Vergleich zu anderen Produktionen, an denen ich mitwirke, wenig. Aber ich werde unglaublich oft auf diese Rolle angesprochen – auf der Straße, im Zug… Das freut mich wirklich sehr.
Dann war die Serie für Sie selbst also gar kein Flop.
Das scheint so zu sein. Natürlich war meine Figur in dem Format auch sehr dankbar, weil sie bunt war. Und sie hat den Menschen hierzulande offenbar sehr gut gefallen. Mir übrigens auch.
Sie sind als Schauspieler in etlichen Filmen zu sehen, dafür allerdings eher selten in wirklich durchgängigen Rollen in Serien oder Reihen. Machen Ihnen Filme einfach mehr Spaß?
Ganz profan gesagt: Ich muss jeden Monat meine Miete zahlen. Man kann sich als Schauspieler seine Projekte eben manchmal nicht unbedingt aussuchen. Deshalb sind auch kleinere Rollen einfach mal wichtig. Rollen, für die man nur ein paar Tage dreht. Auch das macht sehr viel Spaß. Für uns Schauspieler ist es wichtig, dass wir am Set einen guten Eindruck hinterlassen.
Ein Kollege hat mal über Sie geschrieben, dass Sie in Filmen gerne der „unauffällige Typ sind, der auffällt, weil er aus kurzen Auftritten etwas Besonderes“ macht. Würden Sie das so unterschreiben?
Ja, würde ich. Das hat etwas mit meinem eigenen Anspruch zu tun. Ich will jeden Drehtag so gestalten und so arbeiten, dass die Verantwortlichen dort sagen: Den besetzen wir wieder. Natürlich ist es auch so, dass wir Schauspieler immer für unsere Figur kämpfen. Wir diskutieren mit den Regisseuren, wie man etwas anlegt. Und da kommt es schon auch vor, dass die Regie dann mal sagt, dass die Figur in dem Film eigentlich eine andere Funktion hat. Manchmal gelingt’s dann aber auch, den Regisseur von unserer Vision zu überzeugen.
Klingt so, als würden Sie sich als eine Art Dienstleister sehen.
Dienstleister ist falsch. Ich arbeite schon im künstlerischen Bereich. Aber ich weiß doch, wenn ich ein Drehbuch lese, welche Funktion eine Figur in dem Gesamtwerk erfüllen soll. Und dann ist es meine Aufgabe innerhalb des Rahmens die Grenzen auszuloten: Wie bunt darf es sein? Wie dramatisch? Wie besonders?
Eine Serie, in der Sie mitgespielt haben, war «Add a Friend», die erste Pay-TV-Eigenproduktion. Und irgendwie erzählen alle, dass das damals schon etwas ganz Besonderes war…
Das war es auch. Erstens, weil es die erste Serienproduktion eines Pay-TV-Senders war. Ich sehe diesen Markt als Zukunft und freue mich darauf, dass Sky im fiktionalen Bereich nun mehr mitmischen möchte. Zweitens war auch das Format an sich etwas ganz Besonderes und Einzigartiges. Es hat unfassbar viel Spaß gemacht. Grundsätzlich aber ist es kein so großer Unterschied, ob ich jetzt einen «Tatort» drehe, einen 90er oder eine Serie. Serienproduktionen sind manchmal nicht so groß, dafür muss der Schauspieler seine Figur länger denken. Die Entwicklungsmöglichkeiten sind hier größer.
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Wenn man mal schaut, dann war RTL nie ein Sender, der wirklich viel Fiction gemacht hat. Da gibt es halt «Cobra 11» und jedes Jahr noch zwei, drei Filme. Sat.1 hat seine Anstrengungen in diesem Bereich leider sehr zurückgefahren. Das merken wir als Schauspieler ganz klar.
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Schauspieler Martin Brambach
«Add a Friend» war damals eine Produktion von Wiedemann & Berg, die jetzt auch die erste Netflix-Serie aus Deutschland, «Dark», herstellen. Hat man da als Schauspieler die Hoffnung, dass die Macher von damals auf einen zukommen und anfragen…
Ja, natürlich. Die Hoffnung gibt man nie auf. Mit Wiedemann & Berg arbeite ich ja auch beim neuen «Tatort» aus Dresden zusammen. Dass Netflix jetzt auch in Deutschland Serien produziert, ist freilich gut für unsere komplette Branche. Wenn man mal schaut, dann war RTL nie ein Sender, der wirklich viel Fiction gemacht hat. Da gibt es halt «Cobra 11» und jedes Jahr noch zwei, drei Filme. Sat.1 hat seine Anstrengungen in diesem Bereich leider sehr zurückgefahren. Das merken wir als Schauspieler ganz klar. Und dann kommt natürlich hinzu, dass sich die Sehgewohnheiten des jungen Publikums ändern. Wenn ich meine Kinder anschaue, dann gucken die Netflix, YouTube oder mal Sachen aus der Mediathek. Es wird zum Alltag werden, dass wir Fernsehinhalte mehr über das Internet konsumieren. Deshalb ist es gut, dass Netflix – und auch Amazon – sich jetzt auch hierzulande engagieren.
Beim Dresdner «Tatort» haben etliche Zuschauer ja nicht schlecht gestaunt, als klar war, dass Jella Haase, also eine der Ermittlerinnen, schon am Ende des ersten Falls das Zeitliche segnen musste…
Das war die Entscheidung von Frau Haase. Ich wusste das sehr früh und war entsprechend auch nicht erstaunt, als ich das Buch gelesen habe. Man hat das anfangs ja als eine Art „3 Engel für Dresden“ beworben, was mir gut gefallen hat. Aber Jella Haase meinte, dass sie noch zu jung ist, um dauerhaft in der Reihe mitzuspielen. Das verstehe ich. Ihr steht doch die Welt offen. Für uns war es natürlich ein Pfund, die Geschichte dann so zu erzählen.
Sie spielen demnächst in einer neuen ARD-Hauptabend-Serie namens «Frau Temme sucht das Glück» mit. Freuen Sie sich darüber?
Natürlich freut mich das - zumal die Bücher wirklich gut sind...
Ist die Stimmung bei den Dreharbeiten zur Serie so gut wie Sie sie erwartet haben?
Wir haben viel Spaß bei den Dreharbeiten und ich hoffe der Spaß überträgt sich auf die Zuschauer... es ist auch ein großartiges Ensemble.
Kürzlich lief im ZDF ein Film namens «Nur nicht aufregen», in dem sie einen intriganten Kollegen spielten.
Das waren sehr angenehme Dreharbeiten. Das ist meist so, wenn der Regisseur auch der Kameramann ist. Da wird schnell geschossen, alles geht fix. So muss das bei Komödien sein.
Senna von «Popstars» spielte darin die tragende Rolle. Finden Sie solche Quereinsteiger gut?
Grundsätzlich habe ich da gar nichts dagegen. Ich mag ungewöhnliche Karrieren. Und wenn unser Film dadurch ein paar junge Zuschauer mehr hat, die sonst nicht eingeschaltet hätten, haben wir ja letztlich alle etwas davon.
Danke für das Interview.