Im nächsten Teil unserer neuen Artikelreihe wechseln wir von der Rennbahn in den Sprinparcours und präsentieren das auf wahren Ereignissen beruhende Pferdedrama: «Jappeloup»!
Das Coronavirus hält die Welt weiter in Atem. Betroffen ist mittlerweile das komplette öffentliche Leben, darunter auch der Sport. Sportveranstaltungen gibt es in diesen Wochen nicht mehr - Sportfans setzen quasi auf dem Trockenen. Wer keine Highlights von früher aufgezeichnet hat, könnte aber auf's Fiktionale zurückgreifen. Quotenmeter.de präsentiert daher in diesen Tagen noch einmal die sechsteilige Staffel der "besten Sportfilme" unserer Kinoredaktion aus dem Jahr 2016.
Zahlen und Fakten zu «Jappeloup - Eine Legende»
- Erscheinungsjahr: 2014
- Genre: Drama/Sport
- Laufzeit: 130 Min.
- FSK: 6
- Drehbuch: Guillaume Canet
- Kamera: Ronald Plante
- Musik: Clinton Shorter
- Regie: Christian Duguay
- Darsteller: Guillaume Canet, Marina Hands, Daniel Auteuil, Lou de Laâge, Donald Sutherland
- OT: Jappeloup (FR/CAN 2013)
Der Sport
Die Verfasserin dieser Zeilen hat vor ihrer Zeit als Fernseh- und Kinokritikerin selbst jahrelang im Sattel gesessen. Da passte es gut, dass einer ihrer ersten Artikel sich sogleich mit der Vox-Pferdesendung «Die Pferdeprofis» befasste. Wenn es hingegen um Filme geht, die sich mit dem Thema Pferd, vor allem aber Pferdesport befassen, bleibt sie skeptisch. Das Problem: Geht es (vorzugsweise in diesem Segment) auf die Rennbahn, sind derartige Produktionen zumeist romantisch verklärend, behandeln nicht selten die Geschichte eines Mädchens, das sich in ein scheinbar unzähmbares Pferd verliebt und zum Schluss gen Sieg reitet. Dass sich da mit der Zeit nur noch Hardcore-Pferdemädchen drauf einlassen mögen, ist durchaus nachvollziehbar. Weitaus weniger skeptisch lässt sich an dieser Stelle jedoch das französische Sportlerdrama «Jappeloup - eine Legende» beäugen, das sich aus weitaus nüchternerer Sicht mit dem Thema Springreiten befasst und einen der meist beeindruckenden Athleten dieser Sportart präsentiert. Nicht den Reiter Pierre Durand, der den für diesen Sport eigentlich viel zu klein geratenen Jappeloup bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988 zum Sieg führte, sondern das Pferd selbst, dem mit diesem Film ein würdiges Denkmal gesetzt wurde.
Die Geschichte
Pierre Durand (Guillaume Canet) ist jung, ehrgeizig und geradezu besessen vom Erfolg. Anfang der Achtzigerjahre steht er am Beginn einer vielversprechenden Anwaltskarriere. Doch völlig unerwartet wirft er alles hin und widmet sich mit Leib und Seele seiner früheren Leidenschaft, dem Springreiten. Mit Unterstützung seines Vaters (Daniel Auteuil) setzt er alles auf ein junges Pferd, an das sonst niemand glaubt. Jappeloup gilt als zu klein und zu temperamentvoll, verfügt darüber hinaus aber über ein herausragendes Springtalent. Von Turnier zu Turnier machen Pferd und Reiter Fortschritte und finden gemeinsam Einlass in die Welt des internationalen Reitsports. Doch das Pferd ist eigensinnig und hat bei Weitem kein Abonnement auf Schleifen und Pokale. So wird die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Los Angeles zur großen Enttäuschung. Pierre resigniert und denkt gar darüber nach, das unberechenbare Pferd zu verkaufen. Denn um wieder an die Spitze zu kommen, muss sich der exzentrische Springreiter endlich seinen Schwächen und Ängsten stellen.
Die 6 glorreichen Aspekte von «Jappeloup - Eine Legende»
Es hatte schon einen Grund, dass wir uns in der vergangenen Woche dazu entschlossen, das Rennfahrerdrama «Rush» als erstes in dieser Reihe vorzustellen. Die Ron-Howard-Regiearbeit zeigt eindrucksvoll, dass man kein Fachidiot sein muss, um sich an einem Film zu erfreuen, der ein (Sportler-)Thema behandelt, das einem im Privaten eigentlich vollkommen fern liegt. Bei der richtigen Aufbereitung kann es trotzdem immens spannend sein. Genauso verhält es sich nun mit «Jappeloup». Man muss sich mit dem Thema Pferdesport bislang überhaupt nicht befasst haben, um recht schnell in den Bann dieser klassischen Außenseiter-Geschichte gezogen zu werden. Es geht um den unbedingten Willen, trotz aller Widerstände das eigene Ziel nie aus den Augen zu verlieren und letztlich auch zu erreichen; ein zeitloses Thema, das hier eben anhand des Springreitsports dargelegt wird. Und genau diese Thematik ist und bleibt nun mal auf immer zeitlos.
Bei «Rush» war natürlich nicht nur die Geschichte wichtig, sondern auch die Ausstattung, einhergehend mit der Inszenierung. Zugegebenermaßen ist es bei einem klassischen Rennen weitaus einfacher, dieses für den Zuschauer ansprechend - nämlich spannungsgeladen - auszubereiten. Beim Springreiten hingegen hat man auf den ersten Blick das Problem, dass hier ein Athlet einzig und allein gegen einen Gegner reitet - gegen die Zeit selbst. Wenn man als Regisseur also nicht dauernd von Reiter zur Zeiteinblendung schneiden möchte, um den steigenden Suspense zu unterstreichen, muss er sich etwas einfallen lassen. Genau das hat Regisseur Christian Duguay auch getan. Seinen Kameramann Ronald Plante lässt er in den entscheidenden Sequenzen ganz nah an die Hauptfigur(en) herantreten. Sehnen, Muskeln, Augenaufschläge von Pferd und Reiter sind hier dafür verantwortlich, die Spannung ins Unermessliche zu steigern. Und unermesslich ist hier wörtlich zu nehmen - im Gegensatz zu Zeit, die nach einer Weile im Parcours immer nebenesächlicher wird, lässt sich die körperliche Anspannung (und damit das in jedem Sport elementar Wichtige) nicht so genau mit Zahlen und Zeiten messen.
Doch all das wäre nur halb so gelungen, hätte sich Christian Duguay beim Szenenbild nicht eine derartige Mühe gegeben. Wie auch in «Rush» trumpft «Jappeloup» direkt mit einer Handvoll Sportstätten auf und setzt die Parcours der Olympischen Spiele von Los Angeles und Seoul, aber auch kleinere Springreitturniere so lebensecht in Szene, dass man nur anhand der spielfilmtauglichen Inszenierung erkennt, dass man es hier nicht mit einer herkömmlichen Springreitübertragung, sondern mit einem Film zu tun hat. Reißerisch wird es dabei nie - wohl aber nostalgisch; wer die Zeit, in welcher Jappeloup für alle sichtbar sein Können "aussprang", selbst miterlebte, wird sich in diesem Film wie Zuhause fühlen. Plante holt aus den 1:1 nachgestellten Kulissen diverser internationaler Pferdesportevents das Optimum an Realismus heraus. So versprühen die Ende 2011 in Frankreich und Spanien entstandenen Aufnahmen solch ein alt-authentisches Flair, dass man bisweilen meinen könnte, die technischen Verantwortlichen hätten der Einfachheit halber lediglich TV-Ausschnitte der wahren Ereignisse in den Film eingebettet.
Fragwürdige Trainingsmethoden, Streitereien zwischen den Athleten, das entscheidende Zusammenwachsen zwischen Jappeloup und seinem Reiter: Die Geschichte um Jappeloups Triumph war alles andere als ein Zuckerrübenschlecken. Im dazugehörigen Film wird das nicht ausgespart, weshalb wir an dieser Stelle noch einmal auf den Absatz zu Beginn dieses Artikels zurückkommen wollen: «Jappeloup» richtet sich in seiner Zielgruppe gewiss nicht an kleine (vielleicht auch noch ein wenig naive) Reitermädels und -Jungs. Hier geht es um Hochleistungssport. Damit geht diese französische Produktion ganz klar in eine Dramarichtung, die ausgerechnet dem Pferdesport immer wieder vorbehalten bleibt. Sie ist ehrlich, scheut den Konflikt nicht und hinterfragt gar Tierschutzthemen, ohne all das zu verklären. Damit steht «Jappeloup» innerhalb dieses Subgenres aktuell ziemlich alleine da.
Zu Guter Letzt hat «Jappeloup» einen Vorzug, der gerade im Segment des Sportfilmes nicht selbstverständlich ist, vor allem aber nicht vorausgesetzt werden kann. Hauptdarsteller und Drehbuchautor Guillaume Canet («Zusammen ist man weniger allein») verschrieb sich einst selbst dem Pferdesport und war ein begnadeter Reiter, entschloss sich dann allerdings dafür, seine Aufmerksamkeit in Gänze auf das Schauspiel zu legen. Die Affinität zu den eleganten Tieren und der Springreiterei hat jedoch durchaus direkte Auswirkungen auf die Qualität von «Jappeloup» – einem Film: Canet sitzt bei den Aufnahmen selbst im Sattel, ist mit Leib und Seele dabei und überträgt die Begeisterung für den Sport somit direkt aufs Publikum. Und genau darauf kommt es bei einem Sportlerfilm an, weshalb «Jappeloup - Eine Legende» zurecht ener unserer glorreichen 6 Sportfilme ist.
«Jappeloup» ist auf DVD und Blu-ray sowie als Stream unter anderem via Maxdome, Watchever und iTunes erhältlich.