Am Donnerstag werden die Bundesliga-Rechte ausgeschrieben – seit Tagen wird über den möglichen Ausgang spekuliert. Manuel Weis, der die Ausschreibungen seit vielen Jahren verfolgt, wirft einen Blick in die Gerüchteküche.
Die wichtigsten Rechtepakete der Bundesligaausschreibung
Livepakete
A: 30 Freitagabendspiele, dazu 5 Spiele am Sonntag um 13.30 Uhr und fünf Montagabendspiele. 4 Relegationsspiele und der Supercup. Gesamt 43 Partien.
B: Alle Konferenzen - 34 Stück samstags plus Konferenzen von englischen Wochen.
C: Die Einzelspiele. Für gewöhnlich die Einzelspiele samstags um 15.30 Uhr, aber auch Einzelspiele in englischen Wochen. Gesamt 176 Spiele.
D*: 30 "Topspiele" samstags um 18.30 Uhr.
E*: Sonntagspiele - 15.30 und 18.00 Uhr. Gesamt 60 Spiele.
F: Alle Spiele der zweiten Bundesliga exklusive 25 Partien am Montagabend (oder Donnerstagabend), also ohne dem Zweitliga-Topspiel. Gesamt 281 Einzelspiele und 94 Konferenzen.
G*: Zweitliga-Topspiele (Montag oder Donnerstag 20.30 Uhr). Gesamt 25 Spiele.
H: Live-Spiele für das Free-TV: Eröffnungsspiel 1., 18. Spieltag und eine Partie am 17. Spieltag. Dazu Relegation zwischen Liga 2 und 3 und Supercup. Gesamt 6 Partien.
Highlightpakete
I: Das bisherige "Sportschau"-Paket mit den Spielen vom Samstagnachmittag und dem Freitagabendspiel.
J: Das bisherige "Sportstudio"-Paket mit allen Samstagsspielen.
K: Weiterverwertung der Bilder am Sonntagvormittag - aktuell Sport1.
L: Zweitliga-Highlights Freitag & Sonntag (aktuell Sport1).
M: Bundesliga-Highlights Sonntag (aktuell in den Dritten).
N: Ganz neues Paket für Montag, 22.15 Uhr mit allen Highlight-Rechten des Wochenendes.
*Spiele können von einem Pay- oder einem Free-TV-Sender gekauft werden
An Vorhersagen über den Ausgang von Bundesliga-Ausschreibungen haben sich schon manche die Finger verbrannt. Man erinnere sich an einen Dezember-Tag im Jahr 2005 als zu lesen war, dass bei der anstehenden Rechtevergabe keinerlei Überraschungen zu erwarten sind, weil Premiere wie üblich alle Live-Rechte erhalten werde. Keine 48 Stunden später sprach Deutschland über ein kleines Fußball-Beben, weil Premiere eben komplett leer ausging und zur völligen Überraschung aller Unitymedia (und somit dann der Sender arena) die Übertragungsrechte erhielt. Oder noch kürzer zurück: Anno 2012, als die eigentlich gut informierte
Bild schrieb, dass die Rechte im Zeitraum 2013 bis 2017 wieder parallel an Sky (TV) und Liga total! (IPTV) wandern werden. Sky hatte in Wirklichkeit aber so viel Geld auf den Tisch gelegt, dass die Telekom die Segel strich.
Man sieht also: Die Gerüchte haben sich bis dato gerne mal als falsch erwiesen. Und Gerüchte und Spekulationen gibt es auch im Vorfeld der für Donnerstagnachmittag angekündigten Entscheidung über die Bundesliga-TV-Rechte der Spielzeiten 2017/2018 bis 2020/2021 zur Genüge. Dieses Mal ist die Gemengelage aber eine Andere. Klar ist nämlich, dass das aktuelle Sky-Monopol nicht bestehen wird. Das Kartellamt hat befohlen, dass nicht ein Anbieter alle Live-Rechte wird erwerben können. Jüngst gibt es die Meldung, dass Sky dagegen eine Beschwerde beim Oberlandesgericht in Düsseldorf eingereicht hat. Das wird keine Auswirkungen mehr auf die derzeitige Ausschreibung haben, soll aber Klarheit für 2020 schaffen, wenn die nächste Verhandlungsphase ansteht.
Bundesliga-Facts ab 2017
Und während Vieles also noch nicht in Stein gemeißelt ist, hat die Bundesliga per Ausschreibung schon einige Facts für die Spielzeiten ab Sommer 2017 festgezurrt. Der Spielplan wird sich an einigen Stellen ändern. In der ersten Liga führt die DFL „zur Entlastung der Europa League-Vereine“ fünf zusätzliche Spiele am Sonntag ein. Geplant sind diese sonntags um 13.30 Uhr, einem dem asiatischen Markt sehr entgegenkommenden Termin. Theoretisch könnten diese aber auch um 18.00 Uhr stattfinden. Das späte Sonntagsspiel wird ab Sommer 2017 nämlich grundsätzlich eine halbe Stunde später als bisher angepfiffen. Fünf Mal pro Saison wird darüber hinaus auch montags um 20.30 Uhr gespielt. Immer dann werden am Samstagnachmittag nur vier Partien gleichzeitig angesetzt. Eine Stärkung erhält der „Topspiel“-Termin samstags um 18.30 Uhr. Ab Sommer 2017 darf jede Mannschaft pro Saison acht Mal zu dieser Zeit spielen, zwei Mal öfter als aktuell. Heißt: Top-Klubs wie Schalke, Dortmund und Bayern sind dann wohl auch wirklich acht Mal pro Spielzeit zu dieser Zeit gesetzt. Weniger Veränderungen gibt es in Liga zwei. Dort finden künftig freitags um 18.30 Uhr nur noch zwei Spiele statt, dafür dann drei am Samstagmittag.
Bundesliga-Gerüchte I: Wie hat Sky entschieden?
Pay-TV-Sender Sky, aktuell wichtigster Geldgeber der Liga (zahlt in der laufenden Periode im Schnitt 485 Millionen Euro an Lizenzgebühren) hatte vor der Ausschreibung eine grundsätzliche Entscheidung zu treffen. In einen sauren Apfel musste man wegen der „No Single Buyer Rule“ beißen. Erwirbt man alle Live-Pakete im TV, dann würde nachträglich ein rund 100 Spiele umfassendes „OTT-Paket“ für Streaming-Dienste wie Amazon oder Perfom (u.a. spox) auf den Markt kommen. Sky darf diese Spiele dann zwar auf klassischem Wege verbreiten, nicht aber über die boomenden Wege im Internet und mobil. Oder Sky entscheidet sich für „klare Pakete“, verzichtet also auf den Kauf eines kleineren Pakets und verhindert somit den Eintritt einer Streaming-Plattform in den Live-Fußball. Das würde auch die Gefahr bannen, dass dieser Anbieter seine Live-Spiele zur Kundengewinnung zu Kampfpreisen an den Mann bringt. Gerüchten zufolge hat sich Sky für Variante 2 entschieden und auf das „Topspiel-Paket D“ nur halbherzig mitgeboten.
Das ist eine interessante Spekulation. Das Topspiel-Paket ist das kleinste Erstligapaket mit 30 Spielen, die zudem vom Produktionsaufwand auch vergleichsweise teuer zu realisieren sind. Es beinhaltet aber acht Spiele der besonders begehrten Teams pro Saison – 25 Prozent der Auftritte also. Im Vergleich ist das etwas größere Paket A mit den Freitagsspielen, in denen Champions League und Europa League-Klubs kaum auftreten, fast das weniger spektakuläre. Und dennoch zwitschern alle Spatzen von den Dächern, dass Sky eher auf die Topspiele verzichten würde.
Bundesliga-Gerüchte II: Die für Sky beste Variante
Darauf aufbauend, dass es für die DFL ab 2017 also einen „kleinen, zweiten TV-Partner“ gibt, wäre es Sky wohl am liebsten, würden diese Rechte an Eurosport gehen. Discovery, die Eurosport-Mutter, hatte die Vergabe in Sachen Wichtigkeit erst kürzlich gen Himmel gehoben. Und ein kleines Paket käme hier gerade passend. Unklar ist bislang, ob Eurosport diese Spiele dann via Free-TV oder auf Eurosport HD oder Eurosport 2 und somit im Pay-TV verwerten würde. Die Ausschreibung gibt beides her. Sky wäre hier Variante 2 sicherlich sehr lieb, da die Pay-Angebote von Eurosport exklusiv über die Sky-Plattform zu sehen sind. Über die Hintertür hätte man somit also doch wieder alle Spiele und die Sky-Kunden bräuchten kein zweites Abo. Sie müssten sich nur an neue Gesichter und Stimmen gewöhnen. Vergangene Woche jedoch ploppten ganz kurz Gerüchte auf, Eurosport habe nur Außenseiterchancen. Wahrheitsgehalt? Unklar.
Bundesliga-Gerüchte III: Rätselraten um RTL
Denn ganz kräftig mischt auch RTL auf dem Bundesliga-Markt mit. Hier entsteht eine sehr interessante Komponente. Es ist davon auszugehen, dass der Kölner Privatsender vor allem am Samstag in die Bundesliga einsteigen will, da man den Sonntag selbst schon mit den teuren Formel 1-Übertragungen füllt. Beides parallel würde strategisch wenig Sinn machen. So kommt für RTL also entweder das bisher von der ARD gehaltene «Sportschau»-Paket infrage oder eben die Top-Spiele am Samstagabend. Angeblich liefern sich ARD und RTL um beide ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Fraglich ist, ob das Topspiel aber wirklich im Free-TV landet, weil es der Highlight-Sendung dann automatisch zahlreiche Zuschauer klauen würde. Ob die DFL Lust auf dieses (interessante) Experiment hat?
Bundesliga-Gerüchte IV: Da war doch noch die Telekom
Ebenfalls in der vergangenen Woche wurde fast schon die Telekom zum Sieger des kleineren Bundesliga-Pakets erhoben. Es hieß, das Interesse würde auch daher rühren, ein besseres Standing für künftige Kooperations-Gespräche mit Sky zu haben. Die Telekom könnte die Bundesliga dann über ihr beachtliches Sportpaket bei Entertain vermarkten und im Bezahlfernsehen etwa bei Sport1 oder aber Sky andocken. Die Telekom steigt in diesem Sommer auch groß in den Eishockey-Sport ein und soll im Rennen um den nächsten Handball-Bundesliga-Vertrag die Nase vor Sky haben. Ein bisschen zu viel auf einmal?
Bundesliga-Gerüchte V: Perform, viel Wirbel um nix?
Und dann wäre da noch die Perform-Group, die schon vor Monaten den Start eines Sport-Netflix angekündigt und dafür zahlreiche Rechte eingekauft hat. Besonders viel Aufsehen bekam das Unternehmen beim Deal mit der englischen Premier League. Anfangs nur als Außenseiter gehandelt, soll Perform durchaus sportlich mitgeboten haben. Dass sie aber hunderte Million Euro auf den Tisch legen, ist quasi ausgeschlossen. Aber Perform, das via Sublizenz auch einen TV-Partner für Sport1 an Land ziehen könnte, wäre durchaus eine denkbare Alternative. Und vermutlich eine, die Sky als Platzhirsch am wenigsten schmecken würde.
Was kostet der Spaß?
Steckbrief
Manuel Weis ist seit 2006 bei
Quotenmeter und seit 2007 verantwortlicher Chefredakteur. Er ist somit in allen Bereichen der Seite im Einsatz. Nebenberuflich arbeitet er als freier Sportreporter mit Schwerpunkt auf Fußball, Eishockey und Boxen.
Der Gewinner all dieser Gedankenspiele ist in jedem Fall die DFL. Auch hier sind es wieder Gerüchte, die besagen, dass Murdochs Sky-Gruppe ihrem bisherigen Credo treu geblieben ist. Murdoch, so stand es mal geschrieben, würde bei solch wichtigen Verhandlungen eine klare Strategie verfolgen: An die Schmerzgrenze gehen – und zwar an die absolute – und somit so viel Geld bieten, dass die Verhandlungen schnell beendet sind. Angebliche Insider wollen daher erfahren haben, dass Sky für die kommenden Spielzeiten 60 bis 80 Prozent mehr zahlt als bisher – das wären dann um die 800 Millionen pro Saison. Angeblich hat Sky in der ersten Bieterrunde wieder versucht, mindestens 20 Prozent mehr zu geben als die Konkurrenz, um so automatisch den Zuschlag zu erhalten. Auch das „«Sportschau»-Paket“, um das ARD und RTL buhlen soll für deutlich mehr als aktuell über den Tisch gehen, sodass davon auszugehen ist, dass die DFL ihre Erlöse fast verdoppeln wird. Gerechnet wird mit Einnahmen von rund einer Milliarde aus dem Inland und weiteren Millionen noch aus dem Ausland. Das wäre ein großer Erfolg für die Liga.
Conclusio
Mit dem Wissen der Jahre 2005 und auch 2012 könnte man also davon ausgehen, dass viele der aufgestellten Theorien hier schlicht falsch sind, weil wagemutige Journalisten einfach mal eins und eins zusammengezählt haben und ihre Theorien einfach mal zu Papier brachten. Deshalb werden sich die Ergebnisse, die DFL-Chef Christian Seifert sicherlich freudestrahlend am Donnerstag ab 14.30 Uhr präsentiert, nicht exakt vorausahnen lassen. Zumindest für ein paar Details aber lassen sich halbwegs exakte Wahrscheinlichkeiten festlegen.
Sky wird auch ab 2017 die überwiegende Mehrheit an Bundesliga-Live-Spielen live zeigen können, dafür aber wohl tiefer in die Tasche greifen. Diese Behauptung fußt auch auf der Erkenntnis, dass die DFL in den vergangenen Jahren immer vorsichtig war was komplett neue Partnerschaften anging. Stattdessen pflegte man eher die bisherigen Partnerschaften – zumindest so gut es ging. Das arena-Debakel dürfte obendrein noch in den Köpfen der Fußball-Manager verankert sein, weshalb davon auszugehen ist, dass…
…komplett neue Player, etwa die Perform-Group, nur ein kleines Paket erhalten. Ob es wirklich ein Topspiel-Paket ist, das Sky letztlich fehlt, oder doch ein anderes ist dabei offen.
Genauso offen ist auch, ob die «Sportschau» fortbestehen wird. In diesem Zusammenhang gilt es für die DFL aber auch zu beachten, was im Falle einer RTL-Ablösung am Samstag mit den restlichen Highlightpaketen passiert. Würde man sich darauf einlassen, dass die ARD weiterhin sonntags zum Zuge kommt – und RTL samstags? Geht RTL etwa leer aus? Oder muss die ARD nach Olympia und Nationalmannschaft die nächste Rechteschlappe erleiden? Vielleicht darf man der ARD vor diesem Hintergrund die minimal besseren Chancen auf einen Zuschlag einräumen.