Die ganz große Offenbarung war die Premiere «500 - Die Quiz-Arena» nicht, doch dank eines flotten Spielprinzips und der souveränen Leitung von Günther Jauch kann RTL auf eine kleine, aber feine Bereicherung seines Show-Sortiments verweisen.
Infos zum US-Original
- bislang zwei Staffeln mit sieben bzw. fünf Folgen auf ABC zu sehen
- Moderatoren: CNN-Journalist Richard Quest (S1), Morningshow- und Abend-News-Moderator Dan Harris (S2)
- Durchschnitts-Reichweite: S1 4,79 Mio., S2 4,11 Mio.
In den vergangenen Jahren hatten es deutsche Quiz-Fans nicht immer einfach: Ihr Genre galt zumindest in der Daytime weitgehend als verbrannt, die meisten Formate am Abend glichen eher einem Kaffeekränzchen mit gelegentlichen Unterbrechungen des Dauer-Laberschwalls durch die eine oder andere Frage und Promis belagerten die Sendungen en masse. Wen diese seichte Form des Ratespaßes langweilt und/oder derzeit unter einem akuten «Gefragt - Gejagt»-Entzug leidet, sollte sich in den kommenden vier Wochen einmal an der montagabendlichen Event-Programmierung
«500 - Die Quiz-Arena» heranwagen. Denn obgleich die neue Sendung mit Günther Jauch nicht ganz an die Dramaturgie des Bommes-Quiz' heranreicht und auch hinsichtlich des Fragen-Niveaus einige Abstriche zu verkraften sind, bietet sie doch zumindest ein deutlich höheres Tempo als jenes, das man seit Jahren aus «Wer wird Millionär?» gewohnt ist. Das alleine macht den Neustart noch nicht zwingend besser als das Kult-Quiz, beschert dem ausstrahlenden Privatsender aber zumindest eine frische Farbe, die wohldosiert zu überzeugen weiß.
Und darum geht es: Ein Kandidat muss 500 Fragen beantworten, um im absoluten Bestfall auf eine Gewinnsumme von 2,5 Millionen Euro zu gelangen. Hierbei stehen ihm keine Antwortvorgaben und keine Joker zur Verfügung, stattdessen muss er die meisten Fragen in einem Zeitfenster von nur fünf Sekunden korrekt beantworten. In jeder der 50 Fragen umfassenden Spielrunden steht ihm ein Konkurrent gegenüber, der danach strebt, dem Spieler drei falsche Antworten in Folge reinzudrücken - dann nämlich ist der aktuelle Spieler aus dem Rennen und wird von seinem Gegenspieler abgelöst. Gelingt es ihm hingegen, die Spielrunde zu überstehen, hat er nach den 50 Fragen seine bis dato erspielte Summe gesichert.
Das Spielprinzip: Komplexität rechnet sich
Die Komplexität des Spielprinzips wird noch einmal dadurch deutlich gesteigert, dass es drei besondere Fragetypen neben der Standardfrage zu überstehen gilt: Die "Liste"-Fragen, welche die korrekte Nennung von fünf Begriffen zu einem Oberthema innerhalb von 15 Sekunden erfordert, die "Duell"-Fragen, in denen Pro- und Antagonist abwechselnd korrekte Antworten zu nennen haben, bis ein Spieler nicht mehr weiter weiß sowie die "Temporunden", bei denen gleich zehn Fragen im zügigen Tempo nacheinander gestellt werden. Hierdurch wirkt das Spielsystem auf den ersten Blick etwas sperrig und erfordert vom Zuschauer eine gewisse Konzentration sowie Bereitschaft, sich auf schnelle Wechsel der Spielmodi einzulassen. Die Sendung zahlt es dem Zuschauer aber auch mit mehr Dynamik und Abwechslungsreichtum zurück, der bei einer reinen "Abarbeitung" der Standardfragen wohl recht schnell verloren gehen würde.
Zudem leisten «Wer wird Millionär?»-Gewinner und Teilzeit-Quiz-Experte vom Dienst Ralf Schnoor sowie der Moderator selbst einleitend gute Arbeit dabei, ihrem Publikum die Regularien transparent und verständlich darzulegen - und tun gut daran, dies nicht direkt zu Beginn der ersten Folge komplett zu tun, sondern sukzessive immer erst dann, wenn die jeweilige Besonderheit von Relevanz für das weitere Vorgehen der Show ist. Überhaupt ist RTL nur zu gratulieren, dass sie Jauch für dieses Projekt gewonnen haben, denn er zeigt hier einmal mehr das große Gespür für einen Showmaster, das ihm leider als Polittalker stets abging: Er weiß, dass er hier weniger im Zentrum stehen sollte als bei «WWM?» und kann sich auch einmal über längere Passagen weitgehend im Hintergrund halten, ohne dass seine Moderation phrasenhaft, mechanisch oder zu unpersönlich daherkommt. Die Gelassenheit und Seriosität, die er hier an den Tag legt, hätte im deutschen Fernsehen kaum jemand so leisten können wie er - und das Stammpersonal des Kölner Senders erst recht nicht.
Die Probleme: Dramaturgie, Kandidaten-Casting, Stimmung im Studio
Ein unantastbares Magnum Opus der deutschen Quizfernsehen-Geschichte ist «500» gleichwohl sicherlich nicht: Das Niveau der gestellten Fragen ist zwar definitiv nicht als lächerlich zu bezeichnen, in der Regel aber doch ziemlich machbar. Geniale Twists oder die Dramaturgie eines «Gefragt - Gejagt», dem es grandios gelingt, das David-gegen-Goliath-Prinzip glaubwürdig und spannend umzusetzen, wird hier nicht erreicht und eine wirkliche Duell-Situation zwischen den beiden im Studio stehenden Kandidaten kommt auch nicht zustande, da der Antagonist nur selten direkt ins Spielgeschehen eingreifen kann. Und so ganz wollte man dem Konzept alleine dann wohl auch nicht trauen, wenn man bedenkt, dass alle Kandidaten der ersten Folge einen sehr telegenen und eloquenten Eindruck machen. Im Glücksfall trifft man dabei auf einen sympathischen und gewitzten Lehramts-Studenten mit Vorliebe für Listen und beachtlichem Allgemeinwissen, im schlimmsten Fall bietet man aufdringlichen Selbstdarstellern eine Bühne, die zur Begrüßung gleich mal den "heiligen Quizboden" küssen und auf keine Frage (ob persönlicher Natur oder im Kontext des Spielgeschehens) antworten können, ohne eine Zote zu reißen und sich als akustisches Gegenangebot zur vorherrschenden Stille im Saal lauthals selbst zu beklatschen und belachen.
Fairerweise sollte allerdings dazu erwähnt werden, dass nicht nur bei dem personifizierten Klischeebild eines überdrehten Alleinunterhalters am Ende der Show die Stimmung im Studio eher verhalten ist, sondern weitgehend über die gesamte Brutto-Laufzeit von 120 Minuten hinweg. Es ist angenehm, dass man bei Warner Bros. International Deutschland hier nicht künstlich nachgeholfen und das Publikum als pseudo-euphorisiertes Klatschvieh missbraucht hat, aber in Kombination mit der sehr dunklen Farbgebung und der anders als bei «WWM?» nicht vorhandenen Hintergrund-Melodie wirkt das Gesamtbild mitunter fast eine Spur zu unterkühlt. Es passt zwar zu dem zielgerichteten, seriösen und leistungsorientierten Grundton, den die Show vermittelt, so einen Tick "lebendiger" könnte man dem TV-Zuschauer sein Seherlebnis dann aber vielleicht doch machen. Auch die Jingles bergen nicht gerade Kult-Potenzial.
Wie hat Ihnen der Auftakt von «500 - Die Quiz-Arena» gefallen?
Fazit: Kein Ersatz für «WWM?» - aber eine Ergänzung
Alles in allem weiß der Auftakt von «500 - Die Quiz-Arena» aber doch zu überzeugen und sollte gerade aufgrund der deutlich divergenten Grundausrichtung weniger als Ersatz von «Wer wird Millionär?» gesehen werden, denn als zusätzlicher Farbtupfer, das RTL im Show-Bereich breiter aufstellt, ohne dass "breiter aufstellen" als Synonym für "irgendeinen billigen Ramsch zum Füllen ungeliebter Sendeplätze produzieren" verstanden werden müsste. Das Format ist einen Tick zu steif und distanziert dem Zuschauer gegenüber, als das es wie Jauchs Überhit die Herzen der Menschen erobern könnte. Es ist nicht ausgefuchst, anspruchsvoll und spannend genug, als dass es «Gefragt - Gejagt» im Bereich Profiquiz Konkurrenz machen könnte. Aber es bietet gute, kurzweilige Unterhaltung, wird von Jauch hervorragend geleitet und spornt zu jedem Zeitpunkt zum Mitquizzen an - und ist damit so viel besser als das Allermeiste, mit dem uns die Fernsehsender in diesen Wochen von der Mattscheibe entwöhnen. Deshalb: Als kleines Sommer-Event sehr, sehr gerne, als Jauchs neues Kernprojekt vielleicht nicht unbedingt.
Wer nun Lust auf «500 - Die Quiz-Arena» bekommen hat, sollte in den kommenden vier Wochen jeweils montags um 20:15 Uhr zwei Stunden für RTL reservieren.