Stefan Gödde reist in diesen Tagen für sein neues Factual-Format «Inside mit Stefan Gödde» um die Welt. Wir sprachen mit dem Moderator über die neue ProSieben-Sendung und den Dauerbrenner «Galileo».
Zur Person: Stefan Gödde
Stefan Gödde zählt zu den Aushängeschildern von ProSieben. Der 40-Jährige moderiert im Wechsel mit Aiman Abdallah das tägliche Wissensmagazin «Galileo» (immer um 19:05 Uhr auf ProSieben) und ist Testimonial für «Green Seven 2016: Save the Water». Am 8. August startet sein neues Format «Inside mit Stefan Gödde», das den Journalist nach Russland, China, Japan und in den Iran führt, also in Länder, aus denen oft nur gefilterte Informationen nach außen dringen. Dort trifft er die Menschen, die diesen Ländern ein Gesicht geben, und will über ihren Alltag ein Gefühl für die Wahrheit bekommen.Stefan Gödde, Sie drehen derzeit weltweit für das neue ProSieben-Format «Inside mit Stefan Gödde», das losgelöst von «Galileo» ab Montag on-air gehen wird?
Genau, neben meiner Arbeit als Moderator bei «Galileo» werde ich für das neue Format «Inside mit Stefan Gödde» um die Welt geschickt. Das war und ist eine unglaublich spannende Zeit. Wenn das mit dem Visum klappt, fahre ich im Juli noch in den Iran. Ich habe in den letzten Wochen schon so viele verschiedene Menschen getroffen – vom Multi-Milliardär in Russland bis zu Kindern in China, die praktisch alleine aufwachsen müssen, weil ihre Eltern das Geld für die Familie in weit entfernten Städten verdienen müssen. Die Bandbreite der Geschichten ist so groß, dass es für mich auch emotional herausfordernd ist, sie im Kopf zusammenzukriegen. Mega-Länder wie China mit fast 1,4 Milliarden Einwohnern kann man nur mit den Schicksalen der Menschen, die dort leben, greifbar machen.
Derzeit sind vier Folgen in Produktion, worum geht es genau?
Es geht um Länder, von denen wir aus deutscher Sicht Informationen eher vom Hören-Sagen haben – die wir aber eigentlich nicht wirklich kennen. Wir haben das Gefühl, dass wir aus diesen Ländern häufig nur gefilterte Informationen bekommen. Das trifft auf Länder wie Russland, China oder auch den Iran zu. Das gilt aber auch für das japanische Fukushima, wo das wahre Ausmaß der nuklearen Katastrophe möglicherweise verschleiert werden soll. Ich will in diesem Format zeigen, wie es den Menschen vor Ort tatsächlich geht.
Inwieweit veränderte das Ihren Blick auf die wichtige Pressefreiheit?
Was mich zum Thema ‚Journalismus‘ am nachhaltigsten beeindruckt hat, ist die Geschichte eines russischen Journalisten. Man muss dazu wissen, dass etwa 90 Prozent der russischen Medien in staatlicher Hand sind. Diese werden quasi vom Kreml überwacht. Der betreffende Journalist arbeitet bei einer kleinen, vermeintlich ‚freien‘ TV-Station. Ich habe ihn in einem Straßencafé getroffen und er hat mir erzählt, dass er schon mehrfach von Fremden auf der Straße zusammengeschlagen wurde. Einer seiner Kollegen kam während einer Recherche bei einem mysteriösen Selbstmord ums Leben, er selbst sagt, dass sein Handy abgehört wird. Das war für mich eine krasse Situation. Ich erlebte hautnah mit, unter welchen Umständen unsere Kollegen arbeiten müssen – sogar unter Einsatz ihres Lebens.
Das gilt auch für Politiker wie Boris Nemzow, der auf einer Brücke nahe dem Kreml erschossen wurde – an einem Ort, der mit unzähligen Kameras als einer der am stärksten überwachten Spots der Welt gilt. Genau an dieser Stelle hatte ich ein Interview mit einem jungen Oppositionspolitiker. Auch ihm war bewusst, dass er durch seine Arbeit eventuell mit seinem Leben spielt. Ich bewundere, dass Menschen für ihre politische Überzeugung dieses Lebensrisiko eingehen. Das ist hier bei uns nicht unbedingt selbstverständlich.
Hatten Sie auf Ihren Reisen Angst?
Ich selber hatte keine Angst, nein. Der einzige Ort, an dem ich Angst um mein Team und mich hatte, war Fukushima. Wir waren insgesamt 15 Tage im Gebiet rund um den havarierten Reaktor, innerhalb der Sperrzone natürlich mit Schutzkleidung und Atemmaske zum Schutz vor radioaktiven Partikeln. Ein berechenbares Risiko. Doch bei einem Interview-Termin in einem Kuhstall außerhalb der Sperrzone trafen wir auf extrem hohe Strahlung, die wir nicht erwartet hatten. Diesen Dreh mussten wir abbrechen – es war einfach zu gefährlich, länger in diesem Gebiet zu bleiben. Außerdem haben wir in der Ost-Ukraine gedreht – in der selbst ernannten Volksrepublik Donezk, etwa zwei Kilometer von der Kriegsfront entfernt. Da begleiteten uns hochbewaffnete Personenschützer, und im Hotel haben wir Gefechte gehört.
Veränderten diese Erlebnisse die eigenen Grundeinstellungen im „sicheren“ Deutschland?
Ich war der Atomkraft gegenüber immer schon kritisch eingestellt, weil es in letzter Konsequenz eine nicht beherrschbare Technik ist. Das hat auch die Bundesregierung erkannt. Deshalb ist Deutschland für mich auf einem guten Weg. In Japan sehen das viele Menschen auch so, aber die Regierung nicht. Daher hat man zuletzt im Süden Japans in einem von Erdbeben bedrohten Gebiet ein neues Atomkraftwerk hochgefahren. Es ist schon spannend zu beobachten, wie die Regierung damit umgeht. Die Japaner, mit denen wir gesprochen haben, befürworten zwar den deutschen Weg raus aus der Atomkraft. Nichtsdestotrotz gibt es dort aber keine größere Gruppe von Atomkraftgegnern.
Werden Sie bald auch wieder im Unterhaltungsbereich vor der Kamera stehen – Sie moderierten ja auch mal «The Voice»…?
Ich finde Entertainment immer noch gut und das interessiert mich weiter. Aber wie immer im Leben gilt: alles zu seiner Zeit. Ich fühle mich bei «Galileo» ausgesprochen wohl. Das ist tatsächlich ein Traumjob, weil ich Dinge erleben kann, die mir keine andere Arbeit ermöglicht. «Galileo» ist nach fast 18 Jahren immer noch ein innovatives Wissensformat – und das zeigt auch unsere Virtual-Reality-Woche vom 18. bis zum 22. Juli, bei der wir zum ersten Mal jeden Tag Beiträge zeigten, die linear funktionieren, im Stream über die «Galileo»-App aber gleichzeitig das Eintauchen in den „Galileo“-Kosmos ermöglichten. Auf der anderen Seite würde ich auch etwas vermissen, wenn ich nur im Studio stünde. Von daher bin ich dem Sender sehr dankbar, dass ich jetzt «Inside mit Stefan Gödde» machen darf. Ich fühle mich privilegiert. Wenn ich mir einen Job backen könnte, sähe er genauso aus.
(lacht)
In der werktäglichen «Galileo»-Sendung gab es zuletzt inhaltliche Veränderungen, die mit verbesserten Zuschauerzahlen belohnt wurden. Was hat sich in der Sendung in den letzten Wochen verändert?
„
Wir sind in der Daily noch aktueller und relevanter geworden.
”
Stefan Gödde über Veränderungen bei «Galileo»
Wir sind in der Daily noch aktueller und relevanter geworden. Ein Wissensformat muss sich immer verändern. Die Zeit ist einfach schneller geworden. Wir wollen innovativ bleiben und den Menschen das kindliche Staunen bewahren. Das ist das Erfolgsrezept von «Galileo».
Nachdem Sie sich im vergangenen Jahr für die Bienen engagiert haben, dreht sich die „Green Seven“-Woche in diesem Jahr um das Wasser?
Es geht um die Problematik der Wasserknappheit und Wasserverschmutzung an vielen Orten der Erde, an denen man das nicht unbedingt erwarten würde, zum Beispiel in Kalifornien. Da haben die Menschen in Teilen tatsächlich mit einer Jahrhundertdürre zu kämpfen. Die Brunnen sind ausgetrocknet, sodass die Leute kein Wasser zum Trinken, Waschen oder Kochen mehr haben. Daher wird in riesigen Containern frisches Trinkwasser angekarrt. Das sind Zustände, die man bei uns in dieser Form nicht kennt. Es klingt wie eine Horrorvision, ist aber Realität. Ich habe das persönlich vor Ort erlebt und beim Wasserverteilen mitgeholfen. Dass selbst in einem eigentlich so hoch technisierten Land wie den USA solche Probleme auftreten, ist in Deutschland kaum bekannt.
In Zeiten der angeblichen „Lügenpresse“ und Schlagzeilen, im deutschen Fernsehen werde angeblich zu viel gefaked, können Sie als Macher einer Wissenssendung solche Vorwürfe sicherlich ausschließen, oder?
Ich stehe dafür in diesem Falle mit meinem Namen, der sogar Bestandteil des Titels ist. Ich weiß, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe und dass ich da von keiner Instanz beeinflusst wurde. Das, was wir filmen, ist echt! Darauf kann sich der Zuschauer verlassen. Ich empfinde diese Erlebnisse tatsächlich auch als eine Bereicherung für mein eigenes Leben. Dass es nun auch noch ein Format im Fernsehen geworden ist, das hoffentlich auch die Zuschauer begeistern wird, ist eine Win-Win-Situation.
Achten Sie selbst auf Einschaltquoten?
Das gehört dazu. Ich habe in den letzten Jahren gelernt, das nicht persönlich zu nehmen – auch für meine Psycho-Hygiene. Ich würde aber lügen, wenn ich sage, Quoten interessierten mich nicht. Denn es ist natürlich wichtig, wie eine Sendung bei den Zuschauern ankommt – besonders bei einem neuen Format.
Zum Abschluss: Sind Sie nach den Drehs gelassener geworden, nach dem Motto: Eigentlich geht es uns in Deutschland doch ganz gut?
Ja, es ist eindeutig so, dass es uns in Deutschland sehr gut geht – trotz aller Probleme wie Flüchtlingskrise, Arbeitslosigkeit oder auch Armut, die es natürlich auch in Deutschland gibt. Aber im internationalen Vergleich sind wir schon sehr gesegnet hier in Deutschland.
Vielen Dank für das Gespräch, Stefan Gödde.