Kinoflops, Marke Eigenbau

Til Schweigers Kino-«Tatort» lockte weniger als 300.000 Menschen in die deutschen Spielhäuser. Doch zwei Filmgattungen schneiden hierzulande nahezu durchweg noch schwächer ab.

Von Til Schweiger war man zuletzt deutlich höhere Zuschauerzahlen gewohnt. Doch der Kinoausflug seiner «Tatort»-Figur Nick Tschiller lockte im Frühjahr 2016 nur 277.256 Actionfreunde in die deutschen Lichtspielhäuser – aktuell befindet sich «Tschiller: Off Duty» gerade noch in den hiesigen Jahres-Top-50. Eine limitierte Wiederaufführung, begleitend zum Heimkinostart der Regiearbeit von Christian Alvart, sollte die Besucherzahl nach oben treiben, jedoch ist dieses Vorhaben schief gegangen: Das Tschiller-Revival kam nicht einmal auf eine zweistellige Besucherzahl.

Kinderfilm ohne Vorlage? Kein Interesse!


Damit ist der Kino-«Tatort» allerdings noch längst nicht der größte deutsche Flop der jüngeren Vergangenheit – mit mehr als einer Viertelmillion zieht er noch immer an mehreren Produktionen mühelos vorbei. Noch schlimmer erwischte es beispielsweise den Kinderfilm «Ente gut! Mädchen allein zu Haus», der am Startwochenende in 153 Spielhäusern insgesamt bloß 4.140 Tickets losschlug. Schlussendlich wurden weniger als 100.000 Besucher gezählt. Besonders tragisch daran: «Ente gut!» entstammt der Initiative „Der besondere Kinderfilm“, die gegründet wurde, um kindgerechte Originalstoffe fürs Kino zu entwickeln, weil anderweitig für die Kleinen eh fast nur Adaptionen und Fortsetzungen entstehen.

Und stünde der deutsche Filmmarkt für sich alleine, so würde sich dies so bald wohl nicht ändern, denn auch ein weiterer „besonderer Kinderfilm“ ging an den Kinokassen baden: «Winnetous Sohn» legte mit 3.009 Interessenten einen der 30 schwächsten Filmstarts in der Bundesrepublik seit 2010 hin und versäumte alles in allem ebenfalls die 100.000-Kinogänger-Marke. Das Projekt wird dennoch fortgesetzt, und angesichts der zumeist positiven Rückmeldungen derjenigen, die die ersten zwei „besonderen Kinderfilme“ gesehen haben, bleibt zu hoffen, dass aller guten wirtschaftlichen Dinge drei sind. Wobei auch Kinderfilme mit Vorlage nicht vor Misserfolg gefeit sind: 2015 liefen etwa «Rettet Raffi!» und «V8 – Die Rache der Nitros» abseits der Sechsstelligkeit.

Deutschland, deine RomCom


Mehr noch als Original-Kinderfilme haben derzeit hierzulande produzierte Romantic Comedys ein Problem an den Kinokassen. Wie bei jeder Genre-Dürreperiode könnte diese natürlich jederzeit durch einen qualitativen, gut vermarkteten Volltreffer beendet werden. Der Status Quo sieht trotzdem so aus, dass bereits mehr als die Hälfte des Jahres vorbei ist – und sich nicht eine einzige deutsche RomCom in den Top 60 der Jahrescharts befindet.

An einem Mangel an Genrevertretern liegt dies allerdings nicht – sie ziehen allesamt bloß nicht. «Gut zu Vögeln» kam ab Mitte Januar auf 180.567 Kinobesucher, «Wie Männer über Frauen reden» auf 105.214 Zuschauer. «Seitenwechsel» und «Stadtlandliebe» sowie «Schrotten!» gingen dagegen vollkommen unter. Auch 2015 sah es für die RomCom aus deutschen Landen wenig optimal aus: Nur «Traumfrauen» fand mit 1,7 Millionen verkauften Eintrittskarten Anklang, die YouTuber-Sexkomödie «Bruder vor Luder» lockte wiederum 376.837 Menschen in die Kinos. Die RomCom-Fortsetzung «Da muss Mann durch» mit Jan Josef Liefers reizte indes nicht einmal halb so viele Filmfreunde, «Macho Man»-Tickets lagen noch bleierner im Kassenhäuschen – man muss schon bis 2014 zurückgehen, um mit «Vaterfreuden» wieder eine deutsche Romantikkomödie zu finden, die stattliche Zahlen schrieb.

Lösungsvorschläge: Einmal dranbleiben, einmal lockerlassen


Ein gut gemeinter Ratschlag an die deutsche Filmbranche: Schenkt Kritiken durchaus etwas Beachtung. Denn ein Gros der hierzulande produzierten RomComs wurde in Rezensionen als ausgelutscht und ideenlos abgestraft. Dass nun auch das zahlende Publikum diese Filme links liegen lässt, kann da kein Zufall mehr sein. Klar, Kritikerlieblinge können floppen und verrissene Filme mit starker Marke, beliebter Vorlage oder großen Stars können zu Hits werden. Aber wenn Produzenten eine RomCom nach der nächsten raushauen, sie praktisch alle als schlecht besprochen werden und keine bis zum eigentlichen Publikum durchdringt, dann darf man sich fragen, ob es nicht nur eine Korrelation, sondern auch einen Kausalzusammenhang gibt.

Beim Kinderfilm ohne Vorlage sollte dagegen weiterhin auf Konstanz gesetzt werden. Während der RomCom-Markt wohl übersättigt ist, und daher ein „Weniger Filme, mehr Qualität“-Denken zu empfehlen ist, gibt es kaum deutsche Kinderfilme, die komplett neue Geschichten erzählen. Daher können sie bislang auch keinen Ruf haben – höchstens bei eifrigen Lesern von Filmrezensionen, und bei denen ist er wenigstens gut. Der „besondere Kinderfilm“ muss zu seiner eigenen, angesehenen Marke werden, zu einem Selbstläufer – also bitte am Ball bleiben.
04.08.2016 11:08 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/87264