Popcorn und Rollenwechsel: Who You Gonna Call? Jane Bond!
Was Hollywood kann, kann Quotenmeter.de ebenfalls: Wir präsentieren das womöglich weltweit erste autorisierte Remake einer Kolumne! Wird es auf dem Geist des Originals brutal herumtrampeln?
Das Original
Dieser Artikel ist ein vom Autor des Originals autorisiertes Remake einer älteren Quotenmeter.de-Kolumne
Das Original hört auf den Titel "Who You Gonna Call? Jane Bond!" (erschien also – logischerweise – ohne den Zusatz "Popcorn und Rollenwechsel")
Es wurde im Rahmen der Reihe "360 Grad" veröffentlicht
Julian Millers Vorlage zum hier präsentierten Remake findet ihr hier
Die «Ghostbusters»-Neuauflage nähert sich dem Ende ihrer Kinoauswertung – doch den popkulturellen Diskurs wird die Komödie noch lange mitbestimmen. Nicht zuletzt, weil Paul Feigs Geisterjägerspaß in den kommenden Jahren gewiss wiederholt als Vergleichsfall herhalten darf. Denn obwohl der Auftritt vier weiblicher Gepensterbekämpfer längst nicht das erste Beispiel für einen „Genderswap“ ist, handelt es sich bei «Ghostbusters» zumindest um den Beginn einer ganzen Welle an Kinoproduktionen, in denen die Geschlechterrollen der Vorlage vertauscht werden.
So befindet sich eine Neuauflage der Romantikkomödie «Splash – Jungfrau am Haken» in Entwicklung, in der aus Tom Hanks nun Jillian Bell wird, während Daryl Hannahs Meerjungfraurolle an «Magic Mike XXL»-Star Channing Tatum geht. Darüber hinaus plant Disney eine Fortsetzung seines 90er-Jahre-Superheldenfilms «Rocketeer». Darin soll eine afro-amerikanische Frau in die Fußstapfen ihres männlichen, weißen Vorgängers treten. Außerdem schlüpft Ronda Rousey in einem «Road House»-Remake in Patrick Swayzes Rolle. Und dann gibt es ja noch «Ocean’s Eight», eine primär mit Frauen besetzte Ganovenposse, die im «Ocean’s Eleven»-Universum angesiedelt ist. Es wird zweifelsfrei immens spannend, die Rezeptionsgeschichte dieser Filme mit den Onlinereaktionen auf den diesjährigen «Ghostbusters» zu vergleichen.
Meine Prognose (und Hoffnung) lautet: Irgendwann wird der Webpöbel müde und lernt, es einfach zu akzeptieren, dass Geschlechterrollen aufweichen. Gewiss wird es einige Meckerfritzen geben, die erneut poltern, als seien sie Kleinkinder, denen der Schnuller weggenommen wurde. Aber wie das mit Kleinkindern so ist: Sie haben eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Irgendwann verliert das Thema „Genderswap“ seinen Reiz – und die Webstänkerer werden wegen anderer Dinge jammern.
Natürlich wird die kommende Welle an „Genderswaps“ auch fundiertere Fragen und Klagen aufwerfen. Etwa: „Wieso zwanghaft Frauen in alte Marken quetschen, statt neue Vehikel für sie zu entwickeln?“ Meine Antwort darauf gebe ich gerne bereits jetzt ab: Hollywood liebt es, altes Spielzeug hervorzukramen. Wieso sollte es nur Männern vergönnt sein, an diesen Nostalgieanflügen teilzuhaben? Weshalb sollten Frauen gezwungen sein, ausschließlich mit völlig neuem Kram zu spielen, wenn sie auch ebenso gut helfen könnten, neuen Spaß mit den alten Spielzeugen zu haben?
Letzten Endes ist es bloß eine Frage der Zeit, bis aus dieser ach-so-schockierenden Idee ein nicht weiter für Verwunderung sorgender Alltag wird. Fünf, sechs Filme genügen dafür aber nicht. Es müssen mehr Stoffe her, um die beliebig gesteckten Grenzen der filmischen Geschlechterrollen endgültig einzureißen. Und ich habe bereits einige Vorschläge – die nun folgenden Filme sollten einen auf «Ghostbusters» machen! Warum? Ganz einfach: Weil es super wäre. Oder würdet ihr angesichts dieser Pitches allen Ernstes das Gegenteil behaupten?!
James Bond
„Aber wenn du aus James Bond eine Jane Bond machst, legst du dich nicht nur mit einer legendären Filmreihe an, sondern auch mit Ian Flemings Büchern“, wird vielleicht der eine oder andere 007-Freund klagen. „Welche Bücher, bitte?“, kann ich da nur fragen. Denn Eon Productions hat die Vorlage doch schon vor vielen Jahrzehnten aus dem Fenster geworfen. Und wir entfernen uns von Jahr zu Jahr mehr vom ursprünglichen Material. Oder hat Flemings Bond im Jahr 2015 gelebt, Smartphones benutzt und mit den Folgen von Internet-Hackern zu kämpfen gehabt? Zumal es nicht allein die Missionen sind, die sich ändern. Sondern auch die Fassade Bonds – und seine Persönlichkeit. Craigs Bond hat vielleicht klare Parallelen zu Timothy Daltons Bond, aber zu Roger Moores oder Pierce Brosnans? Und was verbindet Brosnans mit Lazenbys oder Connerys Interpretation des Agenten? Bond ist schon lange nicht mehr von seinem Charakter geprägt, sondern nahezu allein von seiner filmischen Ikonografie. Sie bleibt weitestgehend bestehen, während sich die Reihe stetig wandelt, um mal strenger, mal freier als Zeitkapsel des jeweils gegenwärtigen Männlichkeitsbegriffs zu dienen.
Was also wäre konsequenter, als die 007-Ikonografie beizubehalten und für ein paar Jahre eine Jane Bond auf Mission zu schicken, um so den fortwährenden Gedanken der Bond-Filme, ihre Gegenwart widerzuspiegeln, auszubauen? Die Geschlechterrollen brechen auf, eine Frau kann ebenso „weltmännisch“ sein und dabei das Schicksal der freien Welt stilvoll, schlagkräftig und galant auf ihren Schultern tragen wie ein Mann! Also: Stecken wir Emily Blunt in schmucke Abendgarderobe, überreichen ihr ein Martiniglas und eine Walther, lassen sie mit Mister Moneypenny (Chris Hemsworth) turteln, fertig ist 007. Bond, Jane Bond. Im Auftaktfilm baggert sie sogleich noch zwei Bond Boys an, einmal einen unwissenden, naiven, sexy Zeugen (Zac Efron) und einmal einen vermeintlich unschuldigen, aber durchtriebenen Typen, der in Wahrheit für die Gegenseite arbeitet (Tom Cruise). Cate Blanchett spielt natürlich die Schurkin, die die digitale Privatsphäre der freien Welt bedroht, Ewan McGregor ist ihr Handlanger. Und wie wäre es mit Kate McKinnon als Q?
«Clerks – Die Ladenhüterinnen»
Zwei Frauen in ihren mittleren Zwanzigern, die ihr Leben einfach nicht auf die Reihe bekommen – aber wenigstens Spaß an Popkultur haben und echte, detaillierte Gespräche über Sex und andere schöne Dinge führen, die gelegentlich auch enorm zu frustrieren wissen. Das ganze spielt im aussterbenden Einzelhandel und verzichtet darauf, übertrieben feminin gegendert zu sein. Ja, mit «Sex and the City» gab es bereits eine ganze Serie voll „unverblümten Smalltalk zwischen Frauen“, aber die Serie war enorm darauf bedacht, mit Mode, Style und Glamour zu punkten. Die weiblichen «Clerks» (Abby Elliott und Emma Stone?) dagegen sollten keineswegs unweiblich sein, aber auch ebenso wenig in eine Rosa-Glitzer-Jimmy-Choo-Falle tappen.
«Pretty Woman»
Der Grundgedanke hinter dem Vertauschen der Geschlechterrollen im Hollywoodkino ist nicht, dass gefälligst jede einzelne Produktion mit Frauen vollgestopft werden muss. Es geht viel mehr darum, für Ausgleich zu sorgen. Männer und Frauen sollten auf der Leinwand wie auch in der Wirklichkeit gleichberechtigt sein. Das bedeutet, dass gelegentlich auch männliche Rollenbilder ausgebessert werden müssen. Es sind nicht nur Meerjungmänner im Kino unterrepräsentiert, weshalb «Splash» mit Channing Tatum eine geniale Idee ist, sondern auch Stricher. Die Damen der Nacht sind im Film bereits mannigfaltig vertreten und werden mal als heiße Männerfantasien gezeichnet, mal als zuckersüße Sympathieträger, mal als niederschmetternde, gescheiterte Existenzen. Oder als irgendwas dazwischen. Es wird Zeit, dass auch männliche Prostituierte die «Pretty Woman»-Behandlung verpasst bekommen: Zac Efron, Liebling aller Herzen, nimmt in «Pretty Boy» den Platz von Julia Roberts ein. Und als Ausgleich dafür, dass im Kino üblicherweise ältere Herren viel jüngere Frauen abbekommen, wird Richard Gere durch das humorvolle Silberhaar Helen Mirren ersetzt, die Efron aus den (gar nicht so grausigen) Klauen der Sexarbeit rettet.
«Manche mögen’s heiß»
Die Musikerinnen Rose Byrne und Jena Malone werden im Chicago der Roaring Twenties Augenzeugen eines Mafiaattentats – und tauchen auf der Flucht vor den Schwerverbrechern kurzerhand als Mitglieder einer rein männlichen Kapelle unter. Es folgen schwungvolle Musik sowie eine dramatische, zwischen den Zeilen ablaufende Beschäftigung mit den Themen „sexuelle Identität“ und „sexuelle Orientierung“. Und selbstredend gibt es Krimispaß, der nahtlos in Krimisuspense übergeht. Sowie einen charmanten, sexy Chris Evans als vom Publikum unerwarteter Marilyn-Monroe-Ersatz, der den beiden Protagonistinnen den Kopf zu verdrehen droht. Außerdem baggert Judi Dench als lüsterne Rentnerin Jena Malone an.
So etwas in der Art von «Reservoir Dogs»
«Reservoir Dogs» ist ein Film, bei dem ein Remake nahezu zwangsweise scheitern würde. Aber die grundlegende Prämisse? Eine Ganovenpistole von einem Film, bei dem Planung und Nachwirkung eines misslungenen Überfalls gezeigt werden und packende Dialoge sowie überraschende Gewaltspitzen im Fokus stehen? Bitte, ja! Mary Elizabeth Winstead, Rashida Jones, Lizzy Caplan, Amy Adams, Charlize Theron und Penélope Cruz kauen sich einander die Ohren ab, schießen aufeinander und nehmen nebenher die nervigen Kleinigkeiten unserer Zeit auseinander? Verdammt, das klingt nach was! Vielleicht übernimmt sogar Quentin Tarantino selbst die Regie, einen Hang zu starken Frauenfiguren hat er ja durchaus …