Ballauf und Schenk läuten am Sonntagabend die neue «Tatort»-Saison ein. Der Auftakt ist in mancher Hinsicht durchaus ambitioniert - leider aber auch ziemlich durchschnittlich.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Klaus J. Behrendt als Max Ballauf
Dietmar Bär als Freddy Schenk
Patrick Abozen als Tobias Reisser
Joe Bausch als Dr. Roth
Julie-Helena Sapina als Anna
Stephan Szász als Gunnar Schwalb
Nicola Schössler als Hilde Schwalb
Hinter der Kamera:
Produktion: Bavaria Fernsehproduktion GmbH
Drehbuch: Norbert Ehry
Regie: Dagmar Seume
Kamera: Gunnar Fuß
Produzentin: Sonja GoslickiDie Frau und der kleine Sohn eines Steuerfahnders werden eines Nachts in ihrem Kölner Wohnhaus ermordet. Die achtjährige Tochter überlebt, weil sie sich rechtzeitig vor dem Eindringling verstecken kann. Steuerprüfer und Familienvater Habdank war in dieser Nacht nicht zu Hause, sondern anlässlich einer Fortbildung in Frankfurt. Kein lupenreines Alibi und Grund genug für Ballauf, ihm erste bohrende Fragen zu stellen. Was Kollege Schenk ob der emotionalen Ausnahmesituation des Mannes fürchterlich unangebracht findet.
Was zuerst wie ein dilettantischer missglückter Einbruch aussieht, entpuppt sich bald zweifelsfrei als Mord, dessen ursprüngliches Ziel vielleicht Habdank selbst gewesen ist. Als Steuerfahnder macht man sich eine Menge Feinde und die allen sozialen Schichten entstammende Klientel, gegen die das Finanzamt Ermittlungen vornimmt, ist ein willkommener Anlass für diesen Kölner «Tatort», ein kleines Potpourri verschiedener Steuersünder-Klischees auftreten zu lassen und sich (leider ziemlich didaktisch) am Thema Steuergerechtigkeit abarbeiten zu lassen.
Ein großkotziger Journalist, der kürzlich ein Enthüllungsbuch über den Bundesnachrichtendienst veröffentlicht hat, ist an einen imposanten Millionenbetrag gekommen, von dem er sich unter anderem ein luxuriöses Anwesen in Südfrankreich gekauft hat – was selbstverständlich Habdank auf den Plan rief. Genauso ermittelte der Mann gegen einen mittelständischen Unternehmer, dem das Wasser bis zum Hals steht und der mittlerweile auf dem Werksgelände nächtigt, nachdem ihn seine Frau wegen der wirtschaftlich desolaten Situation rausgeschmissen hatte. Beide sind nicht gut auf das Finanzamt zu sprechen: Die Steuern nehmen gerade denen die Lebensgrundlage, die den Staat mit ihrer wirtschaftlichen Leistung überhaupt am Laufen halten. Ein bisschen haben die beiden mit ihren Tiraden auch recht, meint Ballauf. Schenk ist weniger überzeugt.
„Durchgedreht“ müht sich dramaturgisch an vielen Stellen ab: der Gerechtigkeit der Steuerfahndung, einem traumatisierten achtjährigen Mädchen, konfusen innerfamiliären Geldgeschäften, einer unglücklichen Ehe und dem ubiquitären Ballauf-Schenk-Dualismus, der leider nicht darüber hinaus kommt, in verschiedenen Nebenhandlungssträngen festzustellen, dass der Eine immer das will, was der Andere ablehnt: Der Eine will dem verwitweten Gatten auf den Zahn fühlen, der Andere nicht. Der Eine will das Mädchen in die Obhut des Jugendamts übergeben, der Andere es bei Onkel und Tante lassen. Der Eine hat eine gewisse Empathie für die geplagten mutmaßlichen Steuersünder, der Andere sieht allein die Gerechtigkeit am Werk. So geht das die ganze Zeit – Widerspruch um der Widerspruchs Willen, was aber für eine sinnige Grundspannung zwischen den beiden Ermittlern nicht ausreicht.
Ansonsten schwankt die erzählerische Qualität innerhalb der Folge enorm: Während die so langen wie langweiligen didaktischen Dialogpassagen über die Beweggründe abgehalfterter Mittelständler zum Steuerbetrug so mit Klischees und Küchenpsychologie vollgestopft sind, dass man sich den Bierdeckel von Friedrich Merz zurückwünscht, sind andere Passagen wie der sehr subtil geführte Subplot um das kleine traumatisierte Mädchen von einer durchaus beeindruckenden Intensität.
Am Schluss bleibt ein halbgarer, vergessenswerter Mischmasch aus verschiedensten Versatzstücken, die leider nie ein sinnvolles, thematisches Ganzes ergeben.
Das Erste zeigt «Tatort – Durchgedreht» am Sonntag, den 21. August um 20.15 Uhr.