Die 'Popcorn und Rollenwechsel'-Sommerkino-Awards

Der Quotenmeter.de-Fernsehpreis war letzte Woche! Jetzt ist es Zeit für die 'Popcorn und Rollenwechsel'-Sommerkino-Awards!

Was ist schon eine Quotenmeter.de-Kaffeetasse, die die besten Leistungen eines Fernsehjahres würdigt, wenn man auch ein paar warme 'Popcorn und Rollenwechsel'-Worte haben kann, die sich an denkwürdige Errungenschaften der sommerlichen Kinomonate richten?! Richtig: Kalter Kaffee! Und wer will schon kalten Kaffee? Okay, jeder Mensch, der Eiskaffee mag oder auf den aktuellen Cold-Brew-Trendzug aufgesprungen ist. Doch dies tut den 'Popcorn und Rollenwechsel'-Sommerkino-Awards keinen Abbruch!

Eine erlesene Fachjury, bestehend aus exakt einem unabhängigen Fachjuror, hat sich in stundenlange, hitzige Debatten geschmissen, um unter dem Einsatz von Blut, Schweiß und Tränen die Favoriten in 16 prestigeträchtigen Spitzenkategorien zu küren. Die traditionsreichen 'Popcorn und Rollenwechsel'-Sommerkino-Awards, die hiermit erstmals verliehen werden, sind mit einem umwerfenden Preisgeld von exakt 0,0 Cent dotiert. Sämtliche Gewinner werden via Gedankenübertragung über ihr ungeheures Glück benachrichtigt. Zur Wahl standen sämtliche Filme, die zwischen der letzten Aprilwoche und dem 1. September 2016 in den hiesigen Kinos angelaufen sind. Und dies sind die strahlenden Gewinner:

Unsommerlichster Film des Sommers: «The Witch»


Nassgraue Farbästhetik, kühle Atmosphäre und generell ein verregnetes Oktober-Feeling: Das Arthouse-Gruseldrama «The Witch» wäre (anders als «Conjuring 2», der Sommerblockbuster unter den diesjährigen Horrorfilmen) viel besser als Auftakt zur Herbstsaison aufgehoben.

Bestes Product Placement: Pringles in «Ghostbusters»


Große Hollywood-Produktionen kommen schon lange nicht mehr ohne das wenig subtile Einarbeiten real existierender Marken aus. Manchmal stört dieses Product Placement nicht weiter, andere Male ist es aggressiv und störend. Und wieder andere Male knuspert Kate McKinnon in der Rolle der schrägen Ingenieurin Dr. Jillian Holtzmann im (für ihre Kolleginnen) denkbar unpassendsten Moment Pringles, weil sie die Spannung bei einer Geistersichtung sonst nicht mehr aushalten würde. Ein im wahrsten Sinne des Wortes knackiger Gag.

Der 'Ach ja, das war ein Hit! Hatte ich schon wieder vergessen!'-Award: «Angry Birds – Der Film»


Rund 1,44 Millionen gelöste Eintrittskarten, und somit mehr Kinobesucher als Quentin Tarantinos «The Hateful 8» oder der neue «Star Trek»-Film: Die Gaming-App-Verfilmung «Angry Birds – Der Film» darf sich mit Fug und Recht als respektabler Publikumsrenner bezeichnen. Was von dem prominent synchronisierten Animationsfilm hängen geblieben ist? Nahezu gar nichts – ich hätte fast schon vergessen, dass es ihn gibt. Zwar blieb er nicht mies in Erinnerung, aber gar nicht in Erinnerung zu bleiben ist nicht viel besser. Ob es wirklich eine kluge Idee ist, einen zweiten Teil zu produzieren?

Mit perfektem Timing gestartet und dennoch untergegangen: «90 Minuten – Bei Abpfiff Frieden»


Pünktlich zur Schlussphase der Fußball-Europameisterschaft startete mit der Mockumentary «90 Minuten – Bei Anpfiff Frieden» eine humorvolle, clevere internationale Gemeinschaftsproduktion, die sowohl die Fußballbegeisterung als auch den Konflikt im Nahen Osten passioniert durch den Kakao zieht. Ein gut gewählter Starttermin – und dennoch haben sich kaum Sportbegeisterte ins Kino verirrt. Hoffentlich fährt die ZDF-Produktion bei ihrer TV-Auswertung bessere Zahlen ein.

Film, der am dringendsten einen strengen, seinen Willen mit aller Macht durchsetzenden Produzenten benötigt hätte: «Alice im Wunderland – Hinter den Spiegeln»


Es ist ein uraltes Feindbild in der Kinobranche: Das Klischee des herrischen Produzenten, der dem Regisseur und Autor den Film wegnimmt und kleinschneidet, weil er denkt, er sei so publikumstauglicher. Doch es gibt Filme, die von solch einem rigorosen Eingriff profitieren würden. Disneys «Alice»-Sequel ist ein solcher. Irgendwo in diesem erzählerischen Chaos aus Redundanz, überlang ausgedehnten Humoreinlagen ohne zündende Pointen und dahinplätschernd erzählten, überdramatisch inszenierten Konflikten steckt ein solider Fantasyspaß von 80 bis 90 Minuten Laufzeit. Diesen aus dem Rest rauszuschleifen, und sei es noch so erbarmungslos gegenüber Nebendarstellern und Subplots, wäre Aufgabe eines solchen manischen Produzenten gewesen. Und er wäre aufgrund dieses Handelns ausnahmsweise ein Held.

Bester Rose-Byrne-Einsatz des Sommers: «Mit besten Absichten»


Die Australierin Rose Byrne ist die heimliche Patin des Kinosommers – und ausgerechnet der Film, der an den Kinokassen böse abgeschmiert ist, zeigt die ganze Bandbreite der unter anderem aus «Spy – Susan Cooper Undercover» bekannten Schauspielerin. Die Dramödie über eine von Susan Sarandon gespielte, klammernde Mutter gibt Byrne die Möglichkeit, sowohl ihr brillantes komödiantisches Timing vorzuführen, als auch eine emotional komplexe Heulattacke zu durchleiden. Generell ist diese charmante Produktion mehr als nur einen Blick wert – schade, dass sie so unterging.

Schlechtester Rose-Byrne-Einsatz des Sommers: «X-Men: Apocalypse»


Diesen Preis kann man genauso gut als den Award für die größte Verschwendung von Talenten betrachten: Die Superhelden-Katastrophe «X-Men: Apocalypse» reduziert Rose Byrne darauf, Exposition liefernden Ballast darzustellen, macht James McAvoy zu einem dauerverheult dreinblickenden Etwas und ersäuft Oscar Isaac in gefühlt drei Tonnen Make-up. Und der Rest des Films ist auch nicht gerade ein Beweis dessen, was Cast und Crew drauf haben.

Die irrste popkulturelle Verschwörungstheorie des Sommers: Sony hat den Feminismus erfunden


2016 ist das Jahr, in dem das Internet droht, vor bescheuerten Theorien rund um Popkultur zu platzen. Marvel bezahlt Kritiker, DC-Comics-Filme zu zerreißen. Johnny Depp und Amber Heard haben ihr Scheidungsdrama inszeniert, um von Depps mageren Leistungen in «Alice im Wunderland – Hinter den Spiegeln» abzulenken. Netflix bezahlt Kritiker, alles doof zu finden, so dass die Leute zuhause bleiben und den VoD-Dienst nutzen. Aber meine liebste Gaga-Theorie der vergangenen Webmonate? Sony hat den Feminismus erfunden, um «Ghostbusters» eine Daseinsberechtigung zu verschaffen. Ja. Vorher hat niemals irgendjemand über Gleichberechtigung der Geschlechter gesprochen. Kommt alles von Sony! Klar!

Nervügster Bilm: «BFG – Big Friendly Giant»


Beven Stielwärg sützt in seiner Linderkomanberbilmung «BFG – Big Friendly Giant» nor dallem lalauf, sadd wir es moll fnuffig binden, bänn Mörter balsch lausgesplochen märden. Haha, ich dach mich mot.

Der beste schlechte Film des Sommers: «StreetDance: New York»


Flache Figuren, teils haarsträubend dumme Dialoge (die in der Synchronfassung glücklicherweise in Sachen Eloquenz leicht verbessert wurden) und eine Story von der Stange. Aber ein edler Look, schöne Musik und richtig gute Tanzsequenzen sowie dieses ansteckende Gefühl, dass alle Beteiligten ihr Herzblut in diesen dummen, feinen, kleinen Film stecken: «StreetDance: New York» ist echt nicht gut. Aber ich habe ihn echt voll gern.

Schön, dass ihr die Kurve gekriegt habt: «Star Trek Beyond»


Nach «Star Trek Into Darkness», der in meinen Augen mit immer größerem Abstand immer dürftiger wird, habe ich das Schlimmste befürchtet. Insbesondere mit Justin Lin am Steuer der Enterprise. „«Fast & Furious» im All?!“ Das muss doch nicht sein. Aber «Star Trek Beyond» hat eine schmucke Optik, ein knackiges Erzähltempo und selbst wenn es klar mehr Action-«Star Trek» ist als ein nachdenkliches «Star Trek», so fühlt sich dieses Sci-Fi-Spektakel so an, als würde es ohne Zweifel zu diesem Franchise gehören. Feine Sache.

Der 'Huch, wo ist denn der ganze Vorabhype hin?'-Award: «The Nice Guys»


In den Wochen, ja, sogar Monaten, vor dem «The Nice Guys»-Kinostart wurde so, so viel über die neue Regiearbeit von «Iron Man 3»-Macher Shane Black gesprochen. Die Trailer kamen online gut an. Wann immer sie vor einer Kinovorführung liefen, wurden sie gefeiert. Und dann ..? Weder wird «The Nice Guys» zum Publikumsrenner, noch sind sich die Kritiker einig, wie der Film zu finden ist. Und dann gibt es nicht einmal eine nennenswerte Anschlussdiskussion, was denn nur passiert sein könnte. «The Nice Guys» kündigte sich an, kam … und verpuffte.

Der hoffnungslose Sommerflirt 2016: Dr. Jillian Holtzmann


Fast jeder hat es schon einmal erlebt: Das Schließen einer neuen Bekanntschaft in den warmen, sommerlichen Monaten, bei der man genau weiß, dass es keinen Zweck hat, weitere Hoffnungen zu hegen. Ob man einfach nicht der Menschenschlag ist, den sein Gegenüber sucht oder ob es vergeben ist: Am Ende des Sommers bleibt man weiter allein. Und dennoch hat es Spaß gemacht, mit dieser neuen Bekanntschaft Zeit zu verbringen und rumzublöden. Der filmische Sommerflirt-ohne-Zukunft dieses Jahres war für wohl nahezu jeden, der den neuen «Ghostbusters» gesehen hat, Kate McKinnons irre Holtzmann. Jungs, macht euch keine Hoffnung, laut Presseinterviews teilt sich die Figur ihre sexuelle Orientierung mit ihrer Darstellerin. Mädels, macht euch keine Hoffnung, laut Aussagen des Regisseurs darf Holtzmann aufgrund eines Studiomandats nicht offen zu ihrer Orientierung stehen. Kurzum: Sie ist für niemanden zu haben. Und doch für uns alle: Eine gut gelaunte, unvergleichliche, unfassbar coole Figur, die wir alle bestaunen dürfen. Vielleicht auch in einem zweiten Film – denn die Hoffnung stirbt zuletzt.

Die goldene Käsereibe: «Toni Erdmann»


Denn man würde mir meine Kritikerlizenz entziehen, wenn der Feuilletondarling des Jahres hier ganz leer ausginge.

Der Film mit dem akkuratesten Selbstbild: «Collide»


Es ist nicht weiter schlimm, wenn ein Film keine breit angelegten Ambitionen verfolgt und zugleich der klügste, spannendste, spektakulärste und lustigste Streifen des Jahres sein will. Manchmal sind zielgerichtete, spitze Ziele genauso gut. Einfach nur ein dummer, anspruchsloser, stylischer, schneller Actionfilm sein zu wollen, ist vollkommen gerechtfertigt. Dann muss man das halt nur gut umsetzen. Diesen Sommer wollten diverse Filme nichts weiter sein als kernige Hirn-aus-Action. Manche machten einen soliden Job. Andere verfehlten ihr Ziel durch ein Übermaß an Geschwafel (etwa «Mechanic: Resurrection»). Und dann gibt es «Collide»: Hohes Tempo, verdichtete Emotionen, saustarke Stunts.

Der 'Hätte echt viel schlimmer kommen können'-Preis: «Suicide Squad»


Ein Film, der zwischendurch wie ein Werbespot wirkt. Für einen Harley-Quinn-Solofilm. Für ein besseres Sequel. Für «Justice League». Für den Ben-Affleck-als-Batman-Solofilm. Für «Suicide Squad»-Shirts bei Hot Topic, EMP, Elbenwald und Co. Und dann noch die viel diskutierten Eingriffe des Studios, um aus einem grimm und ernst gedachten Film ein wild-irres Spektakel zu machen. «Suicide Squad» hätte ganz, ganz übel werden können. Am Ende war er aber ganz passabel. Nett sogar. Nicht wirklich gut, insbesondere nach dem Lehrbuch. Aber … Ja, er ist deutlich besser als befürchtet.

Das waren sie bereits. Die 'Popcorn und Rollenwechsel'-Sommerkino-Awards. Und nun: Geht alle schön brav ins Kino. Denn sollte es die 'Popcorn und Rollenwechsel'-Herbstkino-Awards geben, wollt ihr ja wissen, wovon ich hier so schwadroniere!
05.09.2016 13:14 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/87905