Late-Night in den Zeiten von Donald Trump

Die Entertainment-Riege Amerikas ist von Donald Trumps Wahl entsetzt - und wird in den nächsten Jahres das Sprachrohr der Opposition sein. Willkommen zurück in den Bush-Jahren.

This wasn’t supposed to happen.

Trump war ein Witz, eine Punchline, er hat funktioniert wie das Monster aus einem Horror-Film, über das man lacht, wenn die Vorstellung vorbei ist: Er war ein abwegiges Schreckensszenrio, das uns in seiner Unwahrscheinlichkeit die Sicherheit der realen Welt bestätigen sollte: Wie gruselig wäre es, wenn dieser Mann tatsächlich das Land regieren würde! Gut, dass das nie passieren wird! Right? Right?!

Der größte anzunehmende Unfall ist eingetreten, das Establishment entsprechend schockiert. Sogar eingefleischte Berufssatiriker brauchten ihre ganze Professionalität, um durch ihre ersten Post-Trump-Shows zu kommen. Seth Meyers hatte Tränen in den Augen, Stephen Colbert konnte bei seiner parallel zur Wahl ausgestrahlten Live-Sendung am Schluss seinem linksliberalen Publikum immerhin noch ein Wenig Optimismus vorsetzen, während Conan O’Brien in einem stilvollen Eingangsmonolog auf die lange Tradition der amerikanischen Demokratie hinweisen konnte, die schon weit schlimmere Wahlen hinter sich hat. Dennoch: Die geballte Desillusionierung und der Schock waren ihnen anzusehen. Das letzte Mal, dass die gesamte Late-Night-Moderatoren-Riege Amerikas so deprimiert vor den Kameras stand, war in den Tagen nach dem 11. September.

Die bekannten Persönlichkeiten aus der amerikanischen Unterhaltungsindustrie werden sich in den kommenden vier Jahren wohl wieder stärker politisch engagieren, mit klarem Parteibezug und einer konsequenten Verachtung für den regierenden Präsidenten. Wie schon in den Jahren der Bush-Regierung oder – noch einige Jahrzehnte früher – in der Ära Nixon, nur wahrscheinlich diesmal noch deutlich extremer, noch deutlich geeinter.

Von den bekannten und populären Unterhaltungsformaten, die vor allem ein junges (und damit entsprechend linksliberales) Publikum ansprechen, wird nun vor allem eines gefragt sein: Haltung. So wie die «Daily Show» unter Jon Stewart in den Zeiten von Bush und Cheney zum Sprachrohr und zur Echo Chamber einer jungen Opposition wurde, müssen nun John Oliver, Stephen Colbert und «Saturday Night Live» konsequent den Wahnsinn der nächsten vier Trump-Jahre abarbeiten.

Hoffentlich hat Alec Baldwin keine anderweitigen Termine.
11.11.2016 12:30 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/89304