In London spielen derzeit die besten Tennis-Akteure der Welt um die ATP-Krone. Ein Fest für Sportjournalist-Tausendsassa Sascha Bandermann. Wir haben den Fußball-, Eishockey-, Darts-, Basketball- und Tennis-Experten zum exklusiven Gespräch getroffen.
Die ATP Finals 2016 in London bei Sport1+
- Sport1+ überträgt seit Sonntag alle Spiele. Angesetzt sind diese immer ab 15 und 21 Uhr. Die Halbfinals steigen kommenden Samstag (15+21 Uhr), das Finale am kommenden Sonntag um 19 Uhr.
- Für Sport1+ sind neben Sascha Bandermann auch Hartwig Thöne, Sebastian Bernsdorff und Jan Platte im Einsatz. Jan Platte begleitet am kommenden Wochenende auch die Halbfinals und das Finale.
Die Tennis-Welt blickt derzeit wieder nach London. Zum Abschluss eines jeden Tennisjahres spielen die besten Spieler der Welt um die Krone der ATP; und in diesem Jahr wird es ganz besonders spannend, hat doch kürzlich erst Andy Murray den bisherigen Spitzenreiter der Weltrangliste, Novak Djokovic, vom Thron gestoßen. „Ganz klar: Die ATP World Tour Finals sind quasi der fünfte Grand Slam“, sagt Sascha Bandermann, der die Spiele auch in diesem Jahr wieder für Sport1+ als Kommentator begleitet. Die vier Grand Slams, also die wichtigen Turniere, sind die Australien Open im Januar, die French Open sowie Wimbledon im Sommer und die US Open im Herbst. Wer sich nun die ATP Krone aufsetzt, wird sich am kommenden Sonntag entscheiden. Der Mann am Mikro, Sascha Bandermann, kann sich dann recht gut in die Athleten hineinversetzen. Vor ziemlich genau 21 Jahren war der heute 45-Jährige auf Platz 323 der Tennis-Weltrangliste vorgedrungen. „Dass ich selbst mal auf hohem Niveau gespielt habe, ist natürlich ein absoluter Vorteil“, erzählt er. Wer als Reporter quasi das „inner game“ kennt, tut sich eben leichter, die aktiven Sportler einzuschätzen.
Bandermann ist seit fast 15 Jahren Sportjournalist, und hat in dieser Zeit nicht nur für seinen jetzigen Sender Sport1, sondern auch für Sky und Liga total! gearbeitet. Er berichtet als Moderator, Kommentator und Reporter über Tennis, aber auch über andere Sportarten wie Fußball,Eishockey, Darts und Basketball. „Wenn wir ehrlich sind: Wer ganz große Bekanntheit im Sportjournalismus erlangen will, muss ja hierzulande Fußball machen“, sagt Bandermann. Nur dort gäbe es letztlich in
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Wenn es dann wichtiger ist, was Franck Ribery an der Säbener Straße in München zu Mittag gegessen hat, als eine Weltklasse-Leistung in einer anderen Sportart, kann ich das einfach nicht verstehen.
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Sportjournalist Sascha Bandermann
Regelmäßigkeit die ganz großen Reichweiten. Und dennoch ist Bandermann eigentlich eher Fan der kleineren und vom Fußball an den Rand gedrängten Sportarten, wie er sagt. „Wenn es dann wichtiger ist, was Franck Ribery an der Säbener Straße in München zu Mittag gegessen hat, als eine Weltklasse-Leistung in einer anderen Sportart, kann ich das einfach nicht verstehen“, sagt der 45-Jährige kopfschüttelnd.
Und genau diesen Eindruck konnte man zuletzt durchaus bekommen. Die Spiele des WTA-Finals, die wegen Beteiligung von Angelique Kerber immerhin im Ersten (oder teilweise auch bei One) liefen, hatten nach Aussagen der ARD-Oberen nicht für zufrieden stellende Quoten gesorgt. „Mich wundert hier eher die Verwunderung darüber“, sagt Bandermann klar. „Wo sollen die Quoten denn herkommen? Es ist so, dass in Deutschland Fußballspiele der 3. Liga höheres Interesse generieren als Weltklasse-Tennis. Und wenn das so ist, dann bekommt der Zuschauer, was er verdient hat und sehen möchte“, erklärt Bandermann. Tennis werde seiner Meinung nach hierzulande aber kleingeredet.
In der Tat: Auf der ganzen Welt haben die Veranstalter keine Probleme, Live-Tennis-TV-Rechte zu verkaufen. In Deutschland wird Sky Deutschland nun die Berichterstattung der ATP ab Januar übernehmen. „Wir haben drei Grand-Slams im Free-TV, wir haben unzählige Streams von verschiedenen Veranstaltungen. Man muss nur wissen wo und kann dann eigentlich genug Tennis sehen“, meint Bandermann, der einzig den Ruf mancher Funktionäre nach einem sicheren Platz bei ARD und ZDF nicht verstehen will. Dass Tennis aber deutlich höhere Reichweiten verdient hat, da ist sich Bandermann sicher. „Das ist ein toller Sport: Mann gegen Mann oder Frau gegen Frau, eine enorme Athletik. Tennis bietet die volle Bandbreite des Dramas, es spielt sich vieles im Kopf ab. Vor allem die echten Schlachten über fünf Sätze sind einfach grandios“, schwärmt der ehemalige Tennis-Spieler, der vielen Zuschauern inzwischen aber von einer anderen und irgendwie komplett gegensätzlichen Sportart bekannt ist.
Steht Tennis nachwievor doch eher für ein gesellschaftlich gehobenes Publikum, ist Eishockey deutlich mehr der Sport für’s Volk. Als Kind der 80er Jahre und gebürtiger Rheinländer wurde Bandermann mit dem Puck-Sport groß, jubelte im Düsseldorfer Stadion Größen wie Hegen und Kühnhackl zu. „Ein Spiel wie das legendäre 4:3 bei der WM 83 gegen Finnland prägt natürlich“, lacht der 45-Jährige. Schon seit Jahren berichtet er als Sport1-Moderator von den Auftritten der Eishockey-Nationalmannschaft bei der WM und weiteren Länderspielen, seit September berichtet er für Sport1 (und die Deutsche Telekom) nun Wochenende für Wochenende auch aus den Stadien der Deutschen Eishockey Liga (DEL). „Die Liga hat sich in den vergangenen Jahren stark verbessert und ist auf einem guten Weg“, meint Bandermann. Am Ziel sei man aber noch nicht.
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Als Journalist hast du oft nur einen sehr begrenzten Zugang zu wirklich besonderen Themen. Es fällt schwer, mal wirklich hinter die Fassade zu schauen
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Sascha Bandermann sieht die "Abschottung" einiger Bundesligavereine kritisch
So kritisiert er, dass ein Auf-und Abstieg zwischen DEL und DEL2 zuletzt wieder ins Stocken gekommen ist. „Den brauchen wir dringend für die Dramatik“, meint Bandermann und stellt zudem die Frage, ob ganze 52 Vorrunden-Spiele wirklich nötig sind. „Vielleicht ist das auch ein bisschen viel“, sagt der 45-Jährige, der den Eishockey-Sport vor allem vom Play-Off-System leben sieht. Chancen für das deutsche Eishockey sieht er jedenfalls deutlich. „Schauen wir doch mal, wo der Fußball in Deutschland in den 80ern und auch Anfang der 90er war. Die Bundesliga hat sich enorm gemausert“, findet Bandermann – was übrigens nicht immer gut sei. Vieles sei, so sagt der Sportjournalist, im Fußball „künstlich glattpoliert“. Vereine könnten ihre Stars nachwievor ziemlich gut vor der Presse abschotten. „Als Journalist hast du oft nur einen sehr begrenzten Zugang zu wirklich besonderen Themen. Es fällt schwer, mal wirklich hinter die Fassade zu schauen“, sagt er über das Geschäft Bundesliga.
Im Eishockey, wo die Liga den nächsten Schritt nach vorne machen will, seien die Möglichkeiten breiter gestreut. Auch dort gäbe es zwei, drei Trainer, die einen vielleicht nicht ganz so gern sehen, sagt Bandermann lachend, aber grundsätzlich, hätte er mit seiner TV-Crew „viele Freiheiten“. Das mache die Sportart für ihn letztlich auch so liebenswert. „Dennoch brauchen wir auch im Eishockey noch mehr gutes Storytelling“, sagt der 45-Jährige. Nur so werde letztlich ein Schuh draus. Gelingt es dem Kufensport mehr zu polarisieren, dann wird die Aufmerksamkeit größer. Und dann steigen auch die Quoten, was letztlich bessere und mehr Sendeplätze nach sich zieht. Der Fußball hat’s halt irgendwo doch vorgemacht.