Am Samstag liefern sich ARD, ZDF, RTL und ProSieben einen XXL-Show-Vierkampf. Aber warum wird vieles im Fernsehen immer länger? Wir haben einmal bei den Chefinnen von UFA und Good Times nachgehört.
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Man kann ein Format in der Regel preiswerter herstellen, wenn man mehr Stunden davon produziert. Zum anderen hält man die Zuschauer bei einem erfolgreichen Programm natürlich langer auf dem Schirm und bindet sie besser an das eigene Programm
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Sylvia Fahrenkrog-Petersen über XXL-Shows
Alle Fans von Shows kommen dieses Wochenende voll auf ihre Kosten. Schon am Freitag wird RTL nach längerer Zeit eine neue Folge von
«5 gegen Jauch» zeigen, am Samstag geben sich dann gleich vier Sender gleichzeitig die Ehre. Während im Ersten
«Frag doch mal die Maus» läuft, flimmert im ZDF
«Der Quizchampion» über die Schirme. RTL geht wie gewohnt mit
«Das Supertalent» auf Sendung und bei ProSieben steht die letzte Folge des Jahres und zugleich Frank Buschmanns Abschied von
«Schlag den Star» auf dem Plan. Gewiss mag jede Show ihre Eigenheiten, ihre Besonderheiten – ja ihr eigenes Publikum haben. Trotzdem haben alle fünf der genannten Sendungen einen einende gemeinsamen Nenner: ihre Überlänge.
Würde man alle fünf Shows am Wochenende sehen wollen, käme man – die Werbeblöcke bei RTL und ProSieben einmal mit eingerechnet – auf unglaubliche 990 Minuten Sehzeit. Das sind 16 Stunden und 30 Minuten, die laut Programmplan von Nöten wären, um sich alle fünf Shows von Anfang bis Ende anzuschauen. Oder besser gesagt: anzutun.
Die Tendenz, dass TV-Sendungen und dabei insbesondere Shows immer länger werden, ist schon seit einigen Jahren im deutschen Fernsehen zu beobachten. Eines von vielen Beispiel hierfür ist «5 gegen Jauch», das bei seiner Erstausstrahlung 2009 noch eine Brutto-Sendelänge von 135 Minuten aufwies. Die Verlockung, die Sendung einfach ein wenig zu strecken, scheint bei RTL mit der Zeit aber gewachsen zu sein. Zwei der vier gezeigten Folgen im Jahr 2014 dauerten bereits bis 23 Uhr und somit jeweils 30 Minuten länger, im vergangenen Jahr waren alle gezeigten Folgen mit einer Laufzeit von knapp drei Stunden bedacht.
An diesem Freitag kommt es bei RTL nun zu einem kleinen Novum: Erstmalig wird die Show mit Oliver Pocher und Günther Jauch den ganzen Abend bis zum «Nachtjournal» um Mitternacht ausfüllen. Über die Jahre hinweg ist die Sendezeit somit um 90 Minuten gestiegen - ein beträchtlicher Wert. Doch ist das Phänomen der längeren Sendezeiten längst nicht nur bei RTL und schon gar nicht ausschließlich bei Privatsendern zu beobachten. Das Erste spendiert seinem
«Frag doch mal die Maus» am Samstag eine halbe Stunde mehr als gewöhnlich - statt 22.45 Uhr bis 23.15 Uhr. Das ZDF setzt mit seinem
«Quizchampion» am Samstag ebenfalls auf ein 180-minütiges Format, wenngleich die Drei-Stundenmarke in der Vergangenheit beim «Quizchampion» schon ein paar Mal erreicht wurde. «Schlag den Star» ist ohnehin auf Überlänge ausgelegt.
"Tolle Quote bestätigt, dass das passt"
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Aus Sendersicht spielt natürlich die Kosten-Nutzen-Rechnung eine Rolle. Für den Sender ist es kostengünstiger, wenn die Sendung länger ist – aber der Quote schadet es auch nicht
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Ute Biernat zum Phänomen der XXL-Shows
Aber warum ist das so? Warum kommen immer mehr Shows mit derart langen Sendezeiten daher? Ute Biernat, CEO UFA SHOW & FACTUAL GmbH (produziert unter anderem «Das Supertalent» und «Wer weiß denn sowas?») macht keinen Hehl daraus, dass nicht zuletzt Geldfragen entscheidend sind. „Aus Sendersicht spielt natürlich die Kosten-Nutzen-Rechnung eine Rolle. Für den Sender ist es kostengünstiger, wenn die Sendung länger ist – aber der Quote schadet es auch nicht“, so die UFA-Chefin. Es gäbe viele Formate, die ohne Probleme beim Publikum ankämen – in 60-minütiger genauso gut wie in 120-minütiger Version. „Bei «Wer weiß denn sowas XXL» zum Beispiel haben wir eine Samstagabend-Primetime-Version entwickelt, die aus der sehr erfolgreichen Vorabend-Marke entstanden ist. Die tolle Quote bestätigt, dass das passt“, verteidigt Biernat die Strategie, der auch ihre Produktionsfirma folgt.
Ein größeres Wagnis gehe man laut Biernat bei neuen und weniger etablierten Sendungen ein, deren Sendezeit zu lang ausfiele. Ich diesen Fälle käme es schon mal öfter vor, dass man mit einer langen Fassung baden gehe. Sylvia Fahrenkrog-Petersen, Geschäftsführerin und leitende Produzentin bei der Good Times Fernsehproduktions GmbH («Der Trödeltrupp»), sieht das grundsätzlich ähnlich. "Natürlich produzieren die Sender XXL-Formate, das sind zum einen Kostengründe. Man kann ein Format in der Regel preiswerter herstellen, wenn man mehr Stunden davon produziert. Zum anderen hält man die Zuschauer bei einem erfolgreichen Programm natürlich langer auf dem Schirm und bindet sie besser an das eigene Programm."
Konkret macht Fahrenkrog-Petersen ihre Ausführungen an der Reihe
«Armes Deutschland - Stempeln oder abrackern?» von RTL II fest. Dieses sei zwar in Einzelepisoden bestellt, nachher aber im Doppelpack ausgestrahlt worden. „Bei der Nachbestellung wird das Format jetzt schon von Anfang an länger", so Fahrenkrog-Petersen.
Was bleibt also..?
Klar ist, dass die Kosten-Nutzen-Rechnung eine entscheidende Rolle spielen dürfte. Es ist leichter, ein vorhandenes Programm um einige Minuten zu strecken als ein komplett neues zu produzieren. Hinzukommt oft, dass mit zunehmender Sendezeit die Marktanteile von Sendungen steigen. Da sich der Erfolg einer Sendung in der Regel am Senderschnitt orientiert, dürfte dieser Fakt ebenfalls nicht unerheblich sein. Und: Wer einmal vorlegt, dem wird nachgemacht. Kein Wunder, dass RTL schon vor Jahren seine Castingshows samstags gerade immer dann verlängerte, wenn man gegen «Wetten, dass..?» oder «Schlag den Raab» antreten musste musste - beides bekanntermaßen auch eher lange Sendungen.
So oder so bleibt festzuhalten, dass Sendezeit grundsätzlich natürlich nichts über die Qualität einer Show aussagt. Bei «Schlag den Raab» damals und gewissermaßen auch bei «Schlag den Star» heute dürften die nicht festgelegten und langen Sendezeiten Teil des Konzepts sein und dem Spannungsbogen in die Karten spielen. Dass diesem Trend immer mehr Formate folgen, mag wirtschaftlich richtig sein. Das Endprodukt, die Show selbst, leidet darunter aber immer häufiger. Denn längst nicht jedes Konzept ist dazu geeignet, es auf eine beliebig lange Sendezeit auszudehnen. Und so bleibt uns nicht mehr, als allen Show-Fans für dieses Wochenende vor allem eines zu wünschen: eine Menge Sitzfleisch.