Nach mehr als zwei Jahrzehnten nahm Jürgen Domian am vergangenen Freitag seinen Hut. Aus Sicht der Einschaltquoten wohl zur genau richtigen Zeit, denn zuletzt lag man immer öfter im roten Bereich.
Vorherige «Domian»-Quotenchecks
In der Nacht von Freitag auf Samstag ging eine kleine Fernsehära zu Ende: Der nächtliche WDR-Talk
«Domian» verabschiedete sich nach fast 22 Jahren von der Bildfläche und folgt damit «Zimmer frei» auf den Fernsehfriedhof, das bereits einige Monate zuvor mit einer großen Abschiedsgala seine Pforten geschlossen hatte. Lässt man einmal inhaltliche und emotionale Aspekte komplett außen vor und fokussiert sich auf eine reine Analyse der Einschaltquoten, dann lässt sich sagen: «Domian» ist genau zum richtigen Zeitpunkt gegangen. Denn nachdem die Zahlen bereits in den vergangenen Jahren auf immerhin hohem Niveau rückläufig waren, lagen sie seit Oktober nur noch knapp oberhalb des Senderschnitts - und bei den jüngeren Zuschauern sogar in unschöner Regelmäßigkeit deutlich drunter.
Im Oktober etwa gelangten die 19 ausgestrahlten Folgen nur noch auf eine durchschnittliche Sehbeteiligung von 0,12 Millionen, was unspektakulären 2,0 Prozent Marktanteil entsprach. Bei den 14- bis 49-Jährigen wurden gar nur 0,7 Prozent bei 0,02 Millionen Interessenten verzeichnet. Selbst an guten Tagen kam die nächtliche Callin-Talkshow nicht mehr über 0,17 Millionen und knapp drei Prozent Marktanteil hinaus, sechsmal war sie mit nur 1,5 bis 1,7 Prozent sogar ziemlich deutlich vom Soll entfernt. In der früher einmal durchaus «Domian»-affinen jungen Konsumentengruppe knackten gar nur drei Ausgaben die dem Senderschnitt entsprechende Prozenthürde, an schlechten Tagen wurden nicht einmal mehr 0,5 Prozent verzeichnet - was an zwei Tagen einer derart mickrigen Publikumsbeteiligung entsprach, dass eine nicht mehr messbare Reichweite von 0,00 Millionen zu Buche stand.
Im November gingen zumindest die Zahlen beim Gesamtpublikum ein wenig nach oben, mit 0,13 Millionen und 2,3 Prozent lag man zu nächtschlafender Stunde wieder knapp im grünen Bereich. Diesen Aufschwung zu verdanken hatte man in erster Linie zwei Folgen, die mit 3,4 und 3,3 Prozent wahrlich knackige Marktanteile erzielten und den Schnitt gehörig nach oben trieben. Gleichzeitig gelang es aber auch, die Tage zu reduzieren, an denen deutlich unter zwei Prozent hinzunehmen waren - drei Fälle, in denen man nicht über 1,6 Prozent hinaus kam, waren das Tiefste der Gefühle. Das jüngere Publikum ließ das Format nach wie vor eher links liegen, nur eine einzige Folge konnte mit 1,6 Prozent bei 0,04 Millionen so richtig überzeugen. Die Folge: Mit 0,02 Millionen gingen sogar noch etwas schwächere 0,6 Prozent Marktanteil einher als im Vormonat.
Und dann ging es im Dezember ja auch schon auf die Zielgerade, was man den Einschaltquoten zumindest beim Gesamtpublikum auch deutlich anmerkte: Die letzten zehn Folgen lagen allesamt oberhalb der Zwei-Prozentmarke und bereits die vorletzte Folge am Donnerstag erreichte mit 0,21 Millionen Fernsehenden sowie 3,9 Prozent Marktanteil die höchsten Zahlen des Untersuchungszeitraums. Das letzte Geleit gaben der Show dann am 16. Dezember schließlich 0,38 Millionen Menschen, was dann doch noch einmal einem wahrlich spektakulären Marktanteil in Höhe von 5,6 Prozent entsprach. Alles in allem verbuchten die zwölf Dezember-Ausstrahlungen sehr gute 2,8 Prozent bei 0,16 Millionen.
Umso erstaunlicher fielen die Werte bei den 14- bis 49-Jährigen aus, welche sich sehr lange völlig unbeeindruckt vom näherrückenden Abschied zeigten und sogar noch der drittletzten Ausgabe mit nur 0,1 Prozent bei einer nicht mehr messbaren Zuschauerzahl eine völlige Abfuhr erteilten. Einzig die allerletzte Stunde wurde dann auch von den jungen Menschen zelebriert und gelangte noch einmal auf richtig schöne 2,3 Prozent bei 0,07 Millionen. Doch auch das reichte nicht, um im Dezember-Schnitt mehr als gewohnt dürftige 0,7 Prozent bei im Mittel 0,02 Millionen Interessenten zu erreichen.
Summa summarum kamen die letzten 51 Folgen seit Oktober auf eine durchschnittliche Zuschauerzahl von 0,13 Millionen, was 2,3 Prozent aller zwischen ein und zwei Uhr nachts fernsehenden Menschen waren. Damit lag «Domian» zwar noch leicht oberhalb des WDR-Senderschnitts von derzeit nur noch rund zwei Prozent, musste aber sogar gegenüber unserer jüngsten Untersuchungsperiode zwischen November 2015 und Januar dieses Jahres klare Einbußen hinnehmen: Damals wurden im Schnitt noch 2,8 Prozent realisiert, bei den vorherigen Analysen von 2013 und 2010 hatten sogar noch ungleich stärkere 3,3 und 4,3 Prozent bei Durchschnittsreichweiten in Höhe von bis zu 0,19 Millionen zu Buche gestanden. Innerhalb von knapp sieben Jahren ist also beinahe die Hälfte des Publikums verloren gegangen, was dafür spricht, dass sich Jürgen Domians Talk allmählich doch etwas abnutzte.
Besonders deutliche "Hör auf!"-Signale sendete aber die junge Zuschauergemeinde an die Programmverantwortlichen, die zuletzt nur noch mit 0,02 Millionen bzw. 0,6 Prozent vertreten war. Der wahrlich nicht exorbitant hohe Senderschnitt von etwa einem Prozent wurde damit erstmals überhaupt unterschritten, nachdem vor elf Monaten noch ordentliche 1,2 Prozent auf dem Zettel gestanden hatten. Im Jahr 2013 waren noch 1,6 Prozent zu holen, drei weitere Lenzen vorher gar noch richtig, richtig gute 2,5 Prozent bei 0,06 Millionen. «Domian» verlor zum Ende hin also insbesondere das junge Publikum massiv, das ihm zuvor viele Jahre lang gefolgt war. Hätte sich der TV-Seelsorger der Nation also nicht für diesen würdevollen Abschied entschieden, er wäre wohl auf absehbare Zeit einem Modernisierungsschub des öffentlich-rechtlichen Senders zum Opfer gefallen. Gut, dass er es dazu nicht hat kommen lassen...