Mit seinem Staubsaugervertreter Hasso Gründel scheint der WDR in dieser sechsteiligen Serie ein wenig den «Tatortreiniger» des NDR nachbauen zu wollen. Das gelingt nur begrenzt.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Peter Jordan als Hasso Gründel
David Berton als Pascal Fitzler
Maya Bothe als Daniela Wüst
Emma Drogunova als Janina Roth
Andreas Potulski als Alexander von Tebenstein
Christa Rockstroh als Gabi Reckmann
Falk Rockstroh als Gunther Reckmann
Hinter der Kamera:
Produktion: Molina Film
Headautor: Lars Albaum
Drehbuchautoren: Sonja Schönemann und Markus Barth
Regie: Lars Jessen
Kamera: Kristian Leschner
Produzentin: Jutta MüllerStaubsaugervertreter. Es dürfte keinen deutscheren Job geben. Keinen, der mehr die Biederkeit und den wirtschaftswunderlichen Aufschwung der frühen Bundesrepublik verströmt. Ein Beruf wie eine Karikatur auf den deutschen Michel der fünfziger Jahre, der statt seiner Zipfelmütze einen geschniegelten Mittelklasse-Anzug trägt und durch Mittelschichtshäuser in Mittelschichtsvierteln tingelt, um die überteuerte Überproduktion an Muttchen zu bringen, die das frischgebaute Einfamilienhaus gerade feucht durchwischt, während der Herr Gemahle einen bescheidenen Beitrag zum Bruttosozialprodukt leistet.
Die Zeiten sind heute freilich andere. Digitalisierung, Automatisierung, gesellschaftliche Verwerfungen sowieso, auch wenn sie bei den AfD-Anhängern unter uns noch nicht angekommen sind. Der Staubsaugervertreter hat ausgedient: ökonomisch, soziologisch – und eigentlich auch als Karikatur.
Hasso Gründel, der Held dieser sechsteiligen WDR-Mini-Serie, kommt aus dieser verstaubten Welt der Haustürgeschäfte. Man merkt es schnell: Der leere Buchhalterblick, das geschniegelte Outfit, mit dem er zwar adrett, aber keineswegs modisch aussieht, das ambitionslose Durchwurschteln in der Mittelschicht. Ein Mann, der im Beruf nicht mehr und nicht weniger sieht als ein Mittel zum Broterwerb, der in einer Bescheidenheit existiert, die zwar angenehm, aber nicht behaglich ist. Der freundlich ist, aber nicht herzlich und keineswegs überschwänglich.
Eigentlich macht Hasso Gründel Innendienst. Doch die neuen Eigentümer der Staubsaugerfirma haben den Bumms einmal durchgerechnet und wollen die wenig lukrative Außendienstabteilung zusammenstreichen, die Hasso koordiniert. Als der dagegen Widerstand leistet, bieten sie ihm einen Deal an: Wenn er als Vertreter in drei Wochen sechzig Staubsauger vertickt, könne der Außendienst bestehen bleiben.
Hasso geht also auf Ochsentour: in neurotische Vororte, wo durchgeknallte Nachbarn Hitchcocks «Fenster zum Hof» nachspielen, zu schnöseligen Musikproduzenten und kühl-professionellen Therapeuten, die den ganzen Wahnsinn aus einer anderen Perspektive kennen.
Der letzte Cowboy kommt aus Gütersloh, sang die Thommie Bayer Band in den siebziger Jahren. Und in der Tat ist das keine schlechte Allegorie: Was den Amerikanern die weite Prärie ist, ist den Deutschen eine mittlere Großstadt im Regierungsbezirk Detmold, der so aussieht, wie er klingt. Der amerikanische Cowboy reitet, lässig eine Marlboro im Mundwinkel, in den Sonnenuntergang von Wyoming (oder knattert –
in neuerer Lesart – dort seinen Kollegen), während sein deutsches Pendant, der Staubsaugervertreter, Tante Trude den neuen Beastmaster 2000 Deluxe aufschwatzt.
«Der letzte Cowboy» erzählt das nicht unähnlich dem «Tatortreiniger» aus dem NDR: ein etwas kurioser Beruf, der Zugang in viele Milieus und zu völlig unterschiedlichen Menschen verschafft. Doch der «Tatortreiniger» um den von Bjarne Mädel brillant inszenierten Schotty ist komödiantisch klar das ausgereiftere Format – mit einer Hauptfigur, die eben nicht nur diffuse Parodie sein will, und Handlungsabläufen, die eine Ebene jenseits obskurer Kuriositäten und des Wahnsinns des Alltags haben.
«Der letzte Cowboy» hat zwar seine netten Momente und eine pfiffige Ausgangssituation, aber eben auch den etwas geleckten und zu gekünstelten Charme eines Staubsaugervertreters, den andere Satiriker in wesentlich kürzerer Zeit wesentlich präziser einfangen konnten: Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann.
Der WDR zeigt sechs Folgen von «Der letzte Cowboy» ab Montag, den 26. Dezember um 22.40 Uhr.