Den großen Reality-Hit hat es lange nicht mehr gegeben – das Genre dominieren weiterhin Klassiker wie «Germany’s Next Top Model» oder «Big Brother». Wir blicken daher auf fünf unkonventionelle Formate.
Es ist mit Sicherheit nicht das meistgeliebte und qualitativ hochwertigste Genre im Fernsehen. Aber es hat in den letzten 20 Jahren einen einmaligen Siegeszug hingelegt. Die Reality ist aus dem Programm nicht mehr wegzudenken, auch weil viele Sendungen günstig produziert werden können und vergleichsweise ordentliche Zuschauerzahlen erreichen. Es gibt Formate, über die man spricht – sei es positiv oder negativ. Sendungen wie «Germany’s Next Top Model», das diese Woche startet, prägen die Träume vieler junger Menschen – und sind gleichzeitig ihr Produkt. Wie real die Realität in diesen Formaten ist, bleibt eine offene Frage. Einen richtig großen Hit aus dem Genre hat es jedoch schon länger nicht mehr gegeben. Dafür produzieren viele kleinere Sender, vor allem in den USA, spannende Reality-Formate mit Importpotenzial für den deutschen Markt. Wir stellen fünf von ihnen vor:
«Hunted» (CBS)
Es ist der große Reality-Neustart in noch jungen US-Fernsehjahr 2017. «Hunted» ist ein Katz-und-Maus-Spiel auf mehr als mehr als 250.000 Quadratkilometern Fläche: Im Südosten der USA sind neun Paare auf der Flucht vor professionellen Ermittlern, die modernste Technologien zur Aufspürung zur Verfügung haben. Das Paar, das sich einen Monat lang vor den Ermittlern verstecken kann und nicht gefunden wird, gewinnt 250.000 Dollar. Die US-Show ist eine Adaption des britischen Originals, das seit 2015 erfolgreich gezeigt wird. In den USA markierte «Hunted» mit mehr als 12 Millionen Zuschauern den erfolgreichsten Start einer Reality-Sendung seit fünf Jahren. Dazu half allerdings auch ein Live-Footballspiel, das im Vorfeld gezeigt wurde. Derzeit pendeln sich die Quoten bei – ordentlichen – sechs Millionen Zuschauern ein. Und bei der spannenden und innovativen Idee ist möglich, dass sich «Hunted» zu einem langfristigen Erfolg mausern könnte.
«An Idiot Abroad» (Sky 1 UK)
Die Show ist zwar schon einige Jahre eingestellt, die Idee aber so zeitlos wie genial: Was wäre, wenn man einen lethargischen, langweiligen Couch-Potato, der am liebsten seinen Alltag zuhause verbringt, plötzlich auf Weltreise schicken würde? Die Reality «An Idiot Abroad» tut genau das mit Karl Pilkington, einem britischen Schauspieler und Comedian. Auf Reise geschickt wird er von seinem gehässigen Kollegen Ricky Gervais («The Office»), der Karl auf seinen Reisen immer wieder mit Aufgaben und Herausforderungen versorgt. Es soll ja schließlich nicht langweilig werden. Herausgekommen ist eine urkomische Reality, die gleichzeitig eine ganz andere Herangehensweise an Reiseshows darstellt.
«Seven Year Switch» (FYI)
Das verflixte siebte Jahr, hier wird es wörtlich genommen: In der Reality «Seven Year Switch» tauschen Paare, die sich nach sieben Jahren in einer Beziehungskrise befinden, ihre Partner aus – für zwei Wochen. In diesen Wochen entscheidet sich das Schicksal der – ehemals? – Verliebten, und genau das macht den Reiz der Show aus: Entdecken die Paare, räumlich voneinander getrennt, ihre gegenseitige Liebe wieder oder erkennen sie, dass eine weitere Beziehung keinen Sinn mehr ergibt? Finden sie in dem neuen zweiwöchigen Partner vielleicht sogar eine willkommene Abwechslung? «Seven Year Switch» befindet sich in den USA bereits in der zweiten Staffel, Sat.1 hat für dieses Jahr eine deutsche Adaption angekündigt.
«Spies» (Channel 4)
Haben Sie auch manchmal den Wunsch, einen aufregenderen Beruf auszuüben, ein aufregenderes Leben zu leben? Als Extremsportler zum Beispiel, als Schauspieler – oder als Spion? In Großbritannien wird dieser Wunsch Wirklichkeit: In «Spies» werden 15 normale Menschen ausgewählt, ihr Können als Spione beim Secret Service unter Beweis zu stellen. Die Rekruten werden ausgebildet von drei ehemaligen Profi-Ermittlern und werden zunehmend auf die Probe gestellt: Wer entwickelt das Mindset eines Undercover-Spions, wer kann falsche Identitäten annehmen und die gestellten Aufgaben geheim lösen? Die Show führt die Kandidaten um die Welt, beispielsweise nach Marokko, und Woche für Woche scheiden Teilnehmer aus. In Großbritannien spricht man über das Format, das dick aufträgt – aber irre spannend ist.
«The Uber Experiment» (YouTube)
Die Show zur Startup-Kultur in Kanada: «The Uber Experiment» nimmt ein Uber-Auto, einen Fahrer und einen Gast. Und dann wird: geredet. Selbst beschreibt sich das Format als „Business Entertainment Reality Talk Show“, und das trifft es ziemlich genau. Die Gäste sind Promis aus der Wirtschaft, CEOs junger Firmen, Kapitalgeber und gemachte Manager, die ihre Erfolgsstorys erzählen. Wer sich für Firmengründungen oder Wirtschaft generell interessiert, wird gespannt zuhören: Wissen wird hier unterhaltsam vermittelt – gekoppelt an die persönliche Geschichte der Fahrgäste und den informellen Charakter des Gesprächs. In jedem Fall ist die Serie interessanter als jeder Management-Ratgeber. Auf der IMDb ist «The Uber Experiment» eines der bestbewerteten größeren Reality-Formate – und es zeigt, wie gute Genre-Ideen auch im Internet funktionieren können. Abseits der formalisierten Fernsehpfade.