RTLplus-Chef Lacher: 'Wir denken über weitere Gameshows nach'

Zuerst starten am Montag aber mal die zweiten Staffeln von «Familienduell» und «Glücksrad». Vor allem beim «Glücksrad» hat RTL an ein paar Stellschrauben gedreht. Welche Ziele Lacher für 2017 hat, unter welchen Umständen er sich Gameshows am RTL-Vormittag vorstellen kann und wieso Gerichtsshows so erfolgreich sind, hat er uns im Exklusiv-Interview verraten.

Zur Person Jan Peter Lacher

Jan Peter Lacher (40) ist seit Dezember 2010 Bereichsleiter Programmplanung bei RTL Television in Köln. Zu seinem Verantwortungsbereich zählen die Entwicklung der Programmstrategie, die Steuerung der kurz-, mittel- und langfristigen Programmplanung sowie die Ressorts Ablaufplanung/Sendeleitung und Internationale Programmbeobachtung. Nach dem Studium der „Film und Fernsehproduktion“ an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg begann Jan Peter Lacher im November 2000 seine berufliche Laufbahn bei RTL Television, zunächst als Referent des Programmdirektors. Ab Mai 2004 war er Leitender Redakteur Programmkoordination und Entwicklung Fiction, ab Mai 2006 wirkte er als Ressortleiter Strategische Programmplanung. Er bleibt weiterhin Programmplaner - und ist zusätzlich Senderchef von RTLplus.
Herr Lacher, Ihr Sender RTLplus zeigt derzeit vormittags, am Vorabend und am späteren Abend insgesamt rund sechseinhalb Stunden pro Tag Gameshows. Alle vier Formate haben eine erste Staffel hinter sich. Am Montag startet die zweite Staffel von «Familien Duell» und «Glücksrad». Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Wir sind wirklich sehr zufrieden: Das Feedback der Zuschauer, die ihre Lieblingssendungen von früher mit großem Spaß wiederentdeckt haben, ist sehr positiv und die Zuschauerzahlen stimmen auch. Wir sind mit der Bestellung von insgesamt 240 Gameshow-Episoden direkt zu Beginn von RTLplus ziemlich ins Risiko gegangen. Kein anderer Spartensender hat sich das bislang in seiner Startphase getraut. Umso glücklicher sind wir, dass es funktioniert hat und wir schnell eine zweite Staffel mit je 60 neuen Folgen beauftragen konnten. Gefreut hat uns übrigens auch, dass die Zuschauerzahlen in den vergangenen Wochen, in denen wir Wiederholungen gezeigt haben, stabil geblieben sind.

Werden Sie bei den nun kommenden neuen Folgen an Stellschrauben drehen?
Natürlich haben wir uns schon vor dem Start der Neuauflagen intensive Gedanken gemacht, wie wir die Formate erfolgreich in die Gegenwart adaptieren können. Es galt die Erwartungshaltung der Fans zu erfüllen, Emotionen aus der Vergangenheit zu wecken, die Seele des jeweiligen Formats zu bewahren, es zugleich aber auch in ein modernes Gewand zu stecken. Eine ganz wichtige Rolle dabei spielen unsere hochkarätigen Moderatoren, die mit viel Engagement und Spaß dabei sind. Ich denke, es ist uns gelungen, alle vier Shows angemessen zu modernisieren. Und dennoch haben wir viele Punkte gefunden, die wir in der zweiten Staffel noch besser machen werden.

Zum Beispiel?
Lassen Sie mich über das «Glücksrad» sprechen, das schon komplett produziert wurde und morgen startet. Wir haben hier den Einstieg verkürzt. Jan Hahn, Isabel Edvardsson und die Kandidaten sind jetzt direkt an ihrem Platz, so dass schon nach knapp einer Minute gespielt werden kann. Wir wollen in der zur Verfügung stehenden Zeit einfach so viel wie möglich spielen. Ein Kreuzworträtsel auf der Wand sorgt in der zweiten Runde für mehr Abwechslung. Das Rätsel besteht aus mehreren Worten, die wie ein Kreuzworträtsel auf der Wand verteilt sind. Die Begriffe haben eine Gemeinsamkeit, die aus der Kategorie hervorgeht. Und auch die Schnellraterunden haben wir aufgewertet. Sie bestimmen natürlich weiterhin, wer als erster drehen darf. Allerdings erhält der Gewinner ab sofort zusätzlich 100 Euro, die er in jedem Fall behalten darf.

Musste man auch am Casting der Kandidaten schrauben? Mir schien, als ob manche Teilnehmer der ersten Staffel teilweise arg spät erst lösen konnten.
Spätes Lösen kann auch eine Strategie sein, um sein Konto zu füllen. Es birgt natürlich das Risiko, das erspielte Geld zu verlieren oder aussetzen zu müssen. Manchmal haben die Kandidaten im Studio die Lösung auch nicht so schnell parat wie Sie zu Hause vor dem Fernseher. Wir haben bei allen unseren Shows ein sehr lebendiges Kandidatenfeld. Gerade sind wir mit «Familienduell» im Studio. Ich erlebe dort Teilnehmer mit einer besonderen Leidenschaft für die Sendung und großer Sympathie für Inka Bause. Nach einem knappen halben Jahr on Air können wir sicher sein, dass alle Mitspieler mit den Spielregeln vertraut sind. Beim schon abgedrehten «Glücksrad» kann ich Ihnen in der zweiten Staffel mehr Dynamik, tolle Kandidaten und echte Überraschungen versprechen.

Wenn die Zuschauer ihre Lieblingsprogramme bei den großen Sendern gesehen haben, schauen sie sich gerne nochmal bei den kleineren Sendern um und bleiben dabei offenbar mit Vorliebe auch bei uns hängen.
Jan Peter Lacher, RTLplus Senderchef
Wundert es Sie eigentlich, dass die Gameshows vor allem auch am Abend nochmal richtig abräumen? Dort holen sie ja annähernd so gute Werte wie am Vorabend.
Das ist ein interessantes Phänomen. Diese Randzeiten sind für kleinere Sender oft die eigentliche Primetime. Wenn die Zuschauer ihre Lieblingsprogramme bei den großen Sendern gesehen haben, schauen sie sich gerne nochmal bei den kleineren Sendern um und bleiben dabei offenbar mit Vorliebe auch bei uns hängen. Mit den Quoten am Vorabend bin ich zufrieden, denke aber, dass wir perspektivisch noch zulegen können. Sie wissen ja: Der Vorabend ist eine sehr wettbewerbsintensive Phase mit starken Sehgewohnheiten. Wenn es gelingt, dort erfolgreich zu sein, zahlt dies massiv in den Tagesmarktanteil ein. Wir haben aus dem Stand heraus eine absolut solide Basis gefunden. Und es freut mich natürlich auch, dass wir die Zuschauer nicht etwa von den RTL-Soaps weggeholt haben, sondern von unserer Konkurrenz.

Da müssen wir aber auf den Samstagnachmittag bei RTL zu sprechen kommen. Mit zuletzt deutlich einstelligen Werten sahen Sie sich gezwungen, die Gameshows durch «Die Trovatos» zu ersetzen. Momentan gibt es eine kleinere Schiene am Sonntagmittag bei RTL. Wie sehen dort die mittelfristigen Planungen aus?
Wir hatten am Samstagnachmittag einen durchaus guten Start im Herbst. Man muss bei allen Bewertungen bedenken, dass eigentlich alle großen Sender am Samstagnachmittag Probleme haben, Sehgewohnheiten zu bilden. Wir wollten daher zu dieser Zeit RTLplus und seine neuen Sendungen in ein prominentes Schaufenster bei RTL stellen. Ende 2016 gaben die Zuschauerzahlen dann leider deutlich nach. Gerade gegen den Wintersport haben wir uns sehr schwer getan, so dass wir zur ursprünglichen Programmierung zurückkehren mussten. «Familien Duell» und «Ruck Zuck» laufen jetzt am Sonntagmittag. Es wurde ja auch schon über einen täglichen Sendeplatz bei RTL spekuliert. Aber dafür reicht die produzierte Folgenanzahl noch nicht aus.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Welche Pläne hat Jan Peter Lacher mit RTLplus im Jahr 2017, wie steht er zu weiteren Eigenproduktionen und worauf freut er sich bei RTL?


RTLplus scheint kaum Baustellen zu haben. Es gab im ersten Halbjahr kaum Kurskorrekturen.
Der Sender macht uns auch allen wirklich viel Spaß. Er hat ein einfaches, aber erfolgreiches Konzept, das wir auch so fortsetzen werden. Im Januar haben wir beim Gesamtpublikum und in den werberelevanten Zielgruppen 14-59 J. und 14-49 J. jeweils die 1-Prozent-Marke geknackt. In der offiziellen Best-Ager-Zielgruppe (Frauen 40-64 J.) waren es sogar 1,3 Prozent. Damit ist uns der beste Senderstart der vergangenen Jahre gelungen. Unsere Herausforderung wird nun sein, die Empfangbarkeit in den Haushalten weiter zu steigern. Wir haben eine starke technische Reichweite, jetzt wollen wir von noch mehr Menschen gefunden werden. Das dauert aber ein bisschen. Je älter die Zuschauer sind, desto schwerer tun sie sich mit Sendersuchläufen. Dabei ist das Einstellen bei den meisten Geräten gar nicht so kompliziert.

Mit welchen Klassikern wollen Sie das Programm bestücken?
Da haben wir viele Ideen. Kein anderer Privatsender verfügt über so viele so starke Unterhaltungsklassiker wie RTL. Einen wichtigen Schwerpunkt bilden die Serienklassiker mit hoher Folgenanzahl. Wir profitieren davon, dass RTL in den 90ern und bis in die 2000er hinein viele erfolgreiche fiktionale Eigenproduktionen hatte, die sich beim Publikum nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen. Darüber hinaus zeigen wir am Mittwochabend non-fiktionale Hits aus der jüngeren Vergangenheit.

In den 90ern hatte RTL gleich etliche Talkshows im Programm – von «Hans Meiser» bis «Birte Karalus». Sat.1 Gold hatte mal den Versuch gestartet, die Daily Talks zurückzuholen, das Experiment aber schnell wieder beendet. Gibt es bei Ihnen Pläne in diese Richtung?
Der Daily Talk war damals ein starkes Genre, das viele begeistert hat. Momentan sind wir mit unseren Gerichtssendungen im Tagesprogramm allerdings so erfolgreich, dass wir nicht über Alternativen nachdenken.

Hat es Sie eigentlich überrascht, dass regelmäßig das «Familiengericht» die meistgesehene RTLplus-Sendung des Tages ist?
Wir waren ziemlich sicher, dass die Gerichtsshows bei unserem Publikum gut ankommen werden. Sie reflektieren auf vielfältige Weise den Alltag unserer Zuschauer. Hinzu kommen charismatische Richter, die überzeugend und sympathisch agieren. Dass die Sendungen aber so stark laufen, hat uns dann doch überrascht.

Derzeit fokussieren wir uns bei den Eigenproduktionen auf die tägliche Schiene am Vorabend.
RTLplus Senderchef Jan Peter Lacher im Quotenmeter-Interview
Sie wollen das Feld der Eigenproduktionen zur neuen Saison noch ausweiten. Denken Sie da nur an Formate für die Daytime auch könnte es auch auf einen Primetime-Versuch hinauslaufen?
Derzeit fokussieren wir uns bei den Eigenproduktionen auf die tägliche Schiene am Vorabend. In der Primetime sind wir mit unseren Klassikern sehr gut aufgestellt. Für ein Primetime-Abenteuer ist es noch viel zu früh. Ohnehin ist es auf Spartensendern eine große Herausforderung, mit Eigenproduktionen am Hauptabend nachhaltig erfolgreich zu sein.

Gehen Ihre Überlegungen dann ausschließlich in Richtung Gameshow?
Ja, aktuell denken wir über weitere Gameshows nach. Ich will aber nicht ausschließen, dass wir uns in diesem Feld auch etwas strecken. Grundsätzlich gilt immer die Frage: Passt das alles dann letztlich zusammen?

Sie sind neben Ihrer Aufgabe bei RTLplus als Senderchef auch für die Programmplanung von RTL zuständig. Worauf freuen Sie sich in 2017 am Meisten?
Da gibt es so Vieles. Morgen Abend meldet sich «Team Wallraff» mit einer besonders berührenden Folge zurück. Kommenden Freitag inszenieren wir erstmals die große Kennenlern-Show bei «Let’s Dance», in der die Promis zum ersten Mal auf ihre Tanzpartner treffen. Am 29. April werden wir aus dem ausverkauften Londoner Wembley-Stadion einen sicherlich sehr spektakulären Boxkampf zwischen Wladimir Klitschko und Anthony Joshua übertragen. Im Sommer bringen wir «Ninja Warrior» zurück, das uns 2016 einen unglaublichen Erfolg beschert hat. Damit sind wir einen neuen Weg gegangen. Ich kann sagen: Die zweite Staffel wird wieder ein richtiges Highlight. Außerdem arbeiten wir an vielen fiktionalen Projekten und haben gerade die Verfilmung zweier Bestseller von Erfolgsautor Sebastian Fitzek kommuniziert. Ich freue mich sehr, dass unsere Zuschauer «Magda macht das schon!» in ihr Herz geschlossen haben und wir in die Fortsetzung gehen.

Mein Eindruck ist, dass sich die Kreativen in den USA gerade vor allem in der Nische austoben. Dabei entstehen sicherlich auch tolle Serien, allerdings sind die wenigsten davon für ein breites Massenpublikum in Deutschland relevant.
Jan Peter Lacher, Chef-Programmplaner von RTL, ist enttäuscht vom Seriennachschub in den USA
Deutsche Fiction wird bei RTL also wieder eine größere Rolle spielen. Kaum verwunderlich, wenn man auf die Werte blickt, die ARD, ZDF und ZDFneo in diesen Tagen mit deutschen Filmen und Krimis einfahren…
Hier schließt sich ein bisschen der Kreis. Mit RTL investieren wir in neue fiktionale Eigenproduktionen, von denen auch RTLplus in einiger Zeit profitieren wird. Das vergangene Jahrzehnt war von amerikanischen Mainstream-Serien geprägt, die sich auch hierzulande großer Beliebtheit erfreuten. Leider ist der Nachschub nicht mehr stark genug. Mein Eindruck ist, dass sich die Kreativen in den USA gerade vor allem in der Nische austoben. Dabei entstehen sicherlich auch tolle Serien, allerdings sind die wenigsten davon für ein breites Massenpublikum in Deutschland relevant. Als Mediengruppe RTL Deutschland setzen wir daher konsequent auf lokale Inhalte. Wir werden noch mehr deutsche Fiction produzieren und damit besonders nah an der Lebensrealität unserer Zuschauer sein. Ich möchte das Wort „mehr“ hier betonen, weil wir auch in den vergangenen Jahren erfolgreiche deutsche Serien im Programm hatten, denken Sie an «Alarm für Cobra 11», «Der Lehrer», oder unsere Daily Soaps.

Danke für das Gespräch.
19.02.2017 11:51 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/91303