Die glorreichen 6 XXL: Exzessive Laufzeit, enormer Filmgenuss (Teil V)
Vor diesen Produktionen, für die man drei Stunden oder mehr freimachen muss, sollten Filmliebhaber keine Berührungsängste haben: Weiter geht’s mit «Lawrence von Arabien».
Die Handlung
Filmfacts «Lawrence von Arabien»
Regie: David Lean
Produktion: Sam Spiegel
Drehbuch: Robert Bolt, Michael Wilson; basierend auf "Die sieben Säulen der Weisheit" von Thomas Edward Lawrence
Darsteller: Alec Guinness, Anthony Quinn, Jack Hawkins, José Ferrer, Anthony Quayle, Claude Rains, Arthur Kennedy, Omar Sharif, Peter O'Toole
Der britische Offizier Thomas Edward Lawrence (Peter O'Toole) wird auf die arabische Halbinsel entsandt, um den Sieg gegen die Türken zu erringen. Früh wird ihm klar, dass er sich mit den Arabern verbünden muss, um dieses Ziel zu erreichen. Und so umschmeichelt er Prinz Feisal (Alec Guinness), damit er sich auf seine Seite schlägt. Als nächstes nimmt er sich vor, die Hafenstadt Akaba einzunehmen, die er als Schlüsselort in der militärischen Auseinandersetzung erkennt. Mit psychologischem Geschick ergattert er die Unterstützung lokaler Stämme und nimmt die Stadt durch einen Überraschungsangriff ein. Lawrence wird zum bewunderten Anführer und nimmt die Beduinenkultur immer stärker an. Dann erfährt er, dass die Briten nicht vorhaben, den Arabern nach dem Krieg ihre Unabhängigkeit zu gestatten. Lawrence muss sich entscheiden, wem seine Treue gilt und wie er sie zeigen kann …
Warum nur diese exzessive Filmlänge?
Vielleicht mehr noch als die «Ben Hur»-Verfilmung aus dem Jahr 1959 gilt «Lawrence von Arabien» als das Paradebeispiel für das, ja, als die Krönung des Hollywood-Epos: «Die Brücke am Kwai»-Regisseur David Lean nutzt die ausschweifende Laufzeit dieses Bombastwerks, um in Abenteuerromantik zu schwelgen und so dem Publikum detailliert glaubhaft zu machen, was der Titelheld an der Wüste, den Beduinen und ihrer Kultur so faszinierend findet. Und auch wenn sich die Feingliedrigkeit bei der Charakterisierung diverser Nebenfiguren trotz der langen Laufzeit in Grenzen hält, so ist die Skizzierung des Protagonisten umfangreich und plausibel – womit dieser Abenteuerfilm auch als stark heranzoomendes Charakterdrama aufgeht.
Die 6 glorreichen Aspekte von «Lawrence von Arabien»
Als Breitbild-Leinwandepos mit deftiger Dosis Abenteuerromantik lebt «Lawrence von Arabien» zu großen Teilen von seiner schwelgerischen Kameraarbeit: Kameramann Freddie Young, der unter anderem auch den ersten Disney-Realfilm «Die Schatzinsel» sowie den Klassiker «Doktor Schiwago» filmte, fängt die Wüstenpanoramen und die diversen Siedlungen, ob groß oder klein, prunkvoll oder rein zweckdienlich, in berückender Schönheit ein. In Zusammenwirkung mit Anne V. Coates‘ («Erin Brockovich») exakter Schnittarbeit entsteht trotz der malerischen Bildästhetik ein Gefühl der Authentizität, wie es für die einen eher exaltierten Stil zeigenden späten 50er- und frühen 60er-Jahre außergewöhnlich ist.
Insbesondere die Eroberung der Küstenstadt ist eine Meisterleistung der Filmkunst, die mit brillant choreographierter Kameraarbeit, fesselndem Pomp und einer faszinierenden Heerschar an Akteuren einem mühelos den Atem raubt. Vor allem in dieser Szene, doch auch gemeinhin, verzaubert «Lawrence von Arabien» mit bildschöner Ausstattung und dem so erzeugten, unnachahmlichen Flair. Dass vor diesem Hintergrund der damals noch eher unerfahrene Peter O'Toole eine Schauspielleistung für die Ewigkeit absolvierte und jedem glaubhaft macht, was in diesem Kriegsherren mit Anstand vorgeht, ist da kein Wunder mehr. Ein umso größeres Wunder ist aber, dass ein so historisch inakkurater Film auch mehrere Jahrzehnte später solch eine mächtige Ausstrahlung hat – das ist wohl die Folge solch herausragender Handwerkskunst.
«Lawrence von Arabien» ist auf DVD und Blu-ray erhältlich sowie via Amazon, iTunes, Netflix, Wuaki, Videoload und Juke abrufbar.