Schafft es die Formel 1 unter der Führung neuer Eigentümer ab kommender Saison ihren Unterhaltungsfaktor zu erhöhen? Dies könnte wegweisend für ihre Zukunft im Fernsehen werden.
Die Formel 1-Saison 2017 bei RTL
Das On-Air-Team bleibt unverändert: Neben Moderator Florian König, den Kommentatoren Heiko Waßer und Christian Danner sowie Boxenreporter Kai Ebel wird Niki Lauda bei den meisten Rennen (13) als Experte zur Verfügung stehen. Als weitere Experten kommen bei fünf Rennen Timo Glock und bei zwei Rennen Christian Danner zum Einsatz. Alex Hofmann kann König wie im Vorjahr bei terminlichen Überschneidungen vertreten. Die Formel 1-Saisonbilanz 2016 fiel für die ausstrahlenden Sender durchweg positiv aus. Nach Jahren kontinuierlichen Zuschauerschwunds begeisterte RTL erstmals seit vielen Jahren wieder mehr Zuschauer als zuletzt. 4,51 Millionen Personen und damit knapp 310.000 Motorsport-Fans als im Jahr 2015 widmeten sich dem Kampf der Boliden im vergangenen Jahr, mit sechs Millionen Zuschauern zum Saisonabschluss verzeichnete der Kölner Sender außerdem das beste Finale seit 2012. Auch die Sky-Übertragungen der Rennserie im Bezahlfernsehen stiegen in der Gunst der Zuschauer. Kurz vor dem Saisonstart 2017 wurde der freudige Blick aufs vergangene Jahr jedoch von den ernsteren Themen verdrängt, die sich um die Zukunft der Formel 1 im deutschen Fernsehen drehen. Das Jahr 2017 wird die Weichen stellen, wie es für TV-Fans mit dem Rennsport weitergeht, auch weil die Königsklasse des Automobilsports gerade einen massiven Umbruch erfährt.
Mit Liberty Media kommt der Wandel – auch bei den TV-Rechten?
Mit dem Ausscheiden des eigentümlichen Eigentümers Bernie Ecclestone werden die Karten neu gemischt – nicht nur die Formel 1 verändert sich damit massiv, sondern auch die Ausgangslage für Rechtedeals, die in diesem Jahr aufgrund auslaufender Verträge im Free-TV und Pay-TV erfolgen müssen. Die neuen Konstellationen lesen sich hierbei brisant: Das US-amerikanische Medienunternehmen Liberty Media übernimmt die Formel 1 und lässt sich dies rund 8 Milliarden US-Dollar kosten, die sich aus 4,4 Milliarden Dollar Kaufpreis und Schulden zusammensetzen, die Liberty übernimmt. Liberty Media befindet sich im Besitz des US-Milliardärs John Malone, der mit seinem Unternehmen auch Anteile an Discovery hält, das den TV-Markt in Sachen Sportrechten in der jüngeren Vergangenheit ordentlich aufmischte und seine Fühler nun auch nach der Formel 1 ausstrecken könnte.
Der neue Geschäftsführer und Ecclestone-Nachfolger findet sich wiederum in Chase Carey, der als engster außerfamiliärer Vertrauter des Medienmoguls und Sky-Gründers Rupert Murdoch gilt und obendrein einst im Sky-Aufsichtsrat saß. Die Personalien beim neuen Hauptanteilseigner deuten also sowohl in die Richtung von Eurosport als auch in die von Sky. Unterdessen meldete Ende Februar auch James Rushton, der Unternehmenschef des jungen Streaming-Diensts DAZN Interesse am Rennsport an. "Wenn wir wirklich an den Markt glauben, müssen wir uns die großen Rechte schnappen - ob das Champions League, Formel 1 oder Ski ist", ließ er sich von der dpa zitieren, nicht ohne auf die Finanzstärke der Perform Group hinzuweisen. RTL, das sich nach der Saison 2016 äußerst zufrieden mit der Entwicklung der Formel 1 zeigte und nun in seine 27. Saison geht, wird zweifelsfrei ebenfalls um den Fortbestand seiner Motorsporttradition setzen. Bei allen Bietern, die sich den Rennsport für ihren Sender sichern wollen, stellt sich nur eine Frage: Zu welchem Preis?
Die Formel 1-Saison 2017 bei Sky
Sky baut weiter auf sein Team aus Kommentator Sascha Roos (45), Experte Marc Surer (65) und Moderatorin Tanja Bauer (47). Zuwachs erhält der Pay-TV-Sender dennoch: Durch die Zusammenarbeit mit dem britischen Sky-Team verstärkt Technik-Guru Pat Symonds (63) die Sky-Übertragungen. In der vergangenen Saison stand Symonds noch in Diensten von Williams.Mit der neuen Ausschreibung könnte der Preis an den Formel 1-Rechten deutlich steigen, darauf deuten alleine schon die umfangreichen Pläne von Liberty Media hin, das sich mit der Formel 1 einem Mammutprojekt widmet. Aus Kreisen von Liberty Media heißt es, man habe vor die Eventisierung der Grand Prixs weiter zuzuspitzen, um wieder mehr Zuschauer vor Ort zu gewinnen. Damit einher sollen massive Ausgaben im Bereich der Vermarktung gehen. Die neuen Formel 1-Besitzer haben die Formel 1 in dieser Hinsicht scheinbar in desolatem Zustand vorgefunden: "Es gibt kein Marketing, keine Forschung, keine Daten, keine digitalen Plattformen", erklärte eine Quelle kürzlich der „Financial Times“. Rasch verpflichtete Liberty Murray Barnett und Matthew Roberts, zwei britische TV-Manager, die so rasch wie möglich alle Hebel in Bewegung setzen sollen, um die Formel 1 in dieser Hinsicht auf Vordermann zu bringen.
Insbesondere im Internet will Liberty schnellstmöglich aufholen, was die Formel 1 in den vergangenen Jahren komplett verschlafen hat. Der Verzicht auf Social Media kostete die Rennserie viele junge Fans, zudem sind Livestreams der Rennen angedacht. Um wieder mehr Show zu garantieren und damit die Grand Prixs in die Nähe des „Super Bowl“ zu rücken, will Chase Carey die Formel 1-Piloten wieder mehr in den Mittelpunkt stellen. "Die Ingenieure haben die Fahrer überholt, also müssen wir dafür sorgen, dass die Fahrer wieder nach vorn kommen", sagte Carey im Interview mit der britischen „The Times“. Kein Wunder, dass Carey Lewis Hamilton im Interview als „fabelhaft“ beschrieb, der zwar des Öfteren mit Eskapaden vom Sportlichen ablenkt, dafür aber über den Star-Faktor verfügt, um die Rennfahrer wieder zu echten Persönlichkeiten werden zu lassen, an denen sich das Publikum reiben kann.
Bringen Regeländerungen die Zuschauer zurück?
Die Pläne zur Generalüberholung kommen in einer Zeit, in der die Formel 1 zuletzt weltweit deutlich an Aufmerksamkeit verlor – Zuschauerzuwächse in Deutschland, die wesentlich dem Erfolg des deutschen Weltmeisters Nico Rosberg unterlagen, trügen darüber nicht hinweg. Seit Jahren hat die Formel 1 ein Imageproblem aufgrund kontraproduktiver Außendarstellung durch Promoter und Fahrer. Etlichen Regeländerungen in den vergangenen Jahren, die unter anderem zu komplizierte Regeln, viele neue Techniken und ungewohnt leise Motoren brachten, taten ihr Übriges. Während sich Liberty nun um das Image der Formel 1 kümmern wird, wartete die Rennserie selbst auch zur Saison 2017 mit neuem Reglement auf, die endlich wieder ganzheitlich zum Sehvergnügen beitragen sollen.
Neue Richtlinien für Reifen, Karosserie, Gewicht, Kosten, Antrieb, Start und Helme wurden erlassen, auch sie werden das Zuschauerinteresse an den Rennsportübertragungen bestimmen und damit eine Rolle bei den Zukunftsplänen der TV-Stationen spielen. Die Autos werden breiter, flacher und schwerer und damit wieder schneller – über 25 Prozent mehr Antrieb sollen die Boliden verfügen, Schätzungen zufolge würden die Rennwägen bis zu fünf Sekunden schneller pro Runde fahren. Dieser Entwicklung schob die Formel 1 in den vergangenen Jahren noch einen Riegel vor, eine Entscheidung, die in der Vergangenheit für reichlich Stirnrunzeln sorgte, wollte man die Formel 1 doch weiterhin als Top-Segment der Motorsportkategorie verkaufen.
Die Testfahrten bestätigten den Eindruck schnellerer Boliden, die nun wieder Jagd auf Zeitrekorde machen können. „Die Testfahrten der letzten Wochen haben einen Vorgeschmack auf ein aufregende und hochspannende Saison gegeben, in der alles möglich zu sein scheint", freut sich daher RTL-Sportchef Manfred Loppe. Gleichzeitig soll das neue Regelwerk jedoch Überholmanöver erschweren, die sicherlich ebenfalls einen wesentlichen Teil der Spannung ausmachen. Aus der Sicht des Zuschauers wird sportlich also nicht alles zwangsläufig sehenswerter.
Vettel in der Pflicht
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Gerade Ferrari mit Sebastian Vettel hat einen großen Entwicklungsschritt gemacht und könnte die Mercedes-Vorherrschaft der letzten Jahre brechen. Auch angesichts der zahlreiche Reglement-Änderungen im Sinne der Fans sind wir zuversichtlich, dass das gewachsene Interesse an der Formel 1 anhalten wird.
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RTL-Sportchef Manfred Loppe
Eine wesentliche Rolle für den Erfolg der Formel 1 im deutschen Fernsehen wird auch 2017 die Präsenz eines deutschen Favoriten spielen. Das Ende des seit Jahren kontinuierlichen Zuschauerschwunds nicht auf die Leistung des amtierenden Weltmeisters Nico Rosberg zurückzuführen, wäre sehr gewagt. Mit seinem Rücktritt stellt Rosberg die Formel 1 in Deutschland nun vor große Herausforderungen. Die Weltmeisterschaft beginnt am 26. März ohne einen amtierenden Weltmeister im Teilnehmerfeld und mit der drängenden Frage, ob ein anderer deutscher Formel 1-Pilot die Lücke Rosbergs füllen kann, um das deutsche Zuschauerinteresse aufrechtzuerhalten.
Sportlich, das unterstrichen die ersten Testfahrten in Barcelona, könnte nur Sebastian Vettel im Ferrari den dominanten Silberpfeilen ebenbürtig sein. Nun wird der Fokus der deutschen Motorsport-Fans einzig auf dem Heppenheimer liegen. Ob sich der 29-Jährige davon aber beeindrucken lässt und seine Rolle annimmt, bleibt vorerst fraglich. Die vergangenen Saisons kosteten Vettel bei Formel 1-Fans viele Sympathiepunkte. Eine Öffentlichkeitswirksamkeit wie Social Media-Star Lewis Hamilton erreicht Vettel bei Weitem nicht, insbesondere in der vergangenen Saison begegnete der Ferrari-Pilot TV-Kameras aufgrund seiner Erfolglosigkeit gelangweilt bis übelgelaunt. Deutsche Fernsehzuschauer werden sich mit Unmut an die Pöbel-Attacke Vettels beim Großen Preis von Mexiko 2016 erinnern, die er über Funk und damit vor aller Welt an Rennleiter Charlie Whiting richtete. Vettels Entwicklung muss also über das Sportliche hinausgehen, will man einen Fixstern für deutsche Fans haben, der die positive Entwicklung der Formel 1 im Fernsehen fortführt.
Aufmerksam werden alle möglichen Player im bevorstehenden Rechtedeal die neue Saison beobachten. Viele Unbekannte spielen derzeit noch in die Entwicklung der Formel 1 hinein, gleichzeitig werden diese Faktoren jedoch auch eine Rolle dabei spielen, wie weit sich die Medienunternehmen nach den TV-Rechten ab der Saison 2018 strecken werden. Während RTL weiterhin über die unumstritten beste Position in Sachen Free-TV-Rechten verfügt, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sich im Pay-TV ein Senderwechsel vollzieht, ungleich höher. Nun erwarten alle den Startschuss am 26. März 2017. Dann wird sich zeigen, ob die Formel 1 wieder zu Höchstgeschwindigkeit auffährt oder weiter mit angezogener Handbremse.