«Ransom»: Geiselnahme nach Schema VOX

Die neue Crime-Serie ist eine internationale Koproduktion, unter anderem vom deutschen Vertreter RTL. Ob man über den Status der «CSI»-Beliebigkeit hinauskommt, verrät unser Review.

Cast und Crew «Ransom»

  • Idee: David Vainola, Frank Spotnitz
  • Genre: Crime, Suspense Drama
  • Darsteller: Luke Roberts, Nazneen Contractor, Brandon Jay McLaren, Sarah Greene
  • Ausführende Produzenten: Vainola, Spotnitz u.a.
  • Produktion: Entertainment One, Big Light Productions u.a. im Auftrag der Sender CBS (USA), Global (Kanada), TF1 (Frankreich) und RTL (Deutschland)
  • Folgen: 13 (je ca. 42 Min.)
Die Schwemme austauschbarer Crime-Serien ist nach dem lange zurückliegenden «CSI»-Boom ungebrochen. Auch im Jahr 2017 erwarten die Zuschauer – vor allem in den USA – altgediente Formate und viele Neustarts, die im Procedural-Genre angesiedelt sind. Sprich: mit abgeschlossenen Fällen pro Folge, einem losen roten Handlungsfaden bei den Hauptcharakteren, meist einem ungleichen Ermittlerduo, das verschiedene Ecken und Kanten hat – gern auch ein dunkles Geheimnis.

Die Zutaten für diese Art von Serie sind oft dieselben, und meist wird an der Rezeptur nur minimal geschraubt, denn das Genre ist weiterhin erfolgreich. In den USA ist der Sender CBS bekannt für diese Formate – er zeigte die mittlerweile allesamt eingestellten «CSI»-Vertreter und noch heute die drei (!) noch erfolgreichen «NCIS»-Serien, dazu solche Vertreter wie «Elementary», «Criminal Minds», «Hawaii Five-O», «Scorpion», «Person of Interest» oder «Rush Hour». Ganz zu schweigen von den zahlreichen ähnlichen Formaten, die mittlerweile wieder abgesetzt wurden.

Seit Januar gesellt sich mit «Ransom» ein weiteres Crime-Procedural zum austauschbaren CBS-Portfolio. Um es damit gleich vorwegzunehmen: Auch «Ransom» schafft es nicht, die Mainstream-Rezeptur im Genre so abzuändern, dass sie abseits des Otto-Normalzuschauers interessant wird. Die Zutaten stimmen handwerklich, man macht nicht viel falsch – aber bleibt gerade deswegen langweilig. Die Geschichte dreht sich um Eric Beaumont, einen erfahrenen Krisenmanager mit großem Verhandlungsgeschick bei Entführungen und Geiselnahmen. Er kann Täter psychologisch lesen, ihre Handlungen antizipieren, sie manipulieren – und schließlich zuschnappen. Sein Grundsatz: keine physische Gewalt anzuwenden.

«Ransom» ändert nicht viel an der Procedural-Rezeptur


Die Exposition in Folge eins könnte plakativer kaum sein: Ein verzweifelter Mann sieht sich von Gott verlassen und nimmt in einer Kirche Geiseln. Er droht damit, sich in die Luft zu sprengen. Beaumont sieht nur einen Ausweg, um alle Beteiligten lebend aus der Situation zu retten: Er verkleidet sich als Priester und konfrontiert den Terroristen, schickt ihm ein – zugegeben inszeniertes – „göttliches“ Zeichen. Der Mann erhält so seinen Glauben zurück und gibt die Geiselnahme auf. Der Tonus für die Serie ist damit gesetzt: Beaumont kämpft mit allen psychologischen Tricks, fürchtet sich vor keiner Situation, setzt auch sein Leben aufs Spiel. Und nutzt unkonventionelle Wege, um an sein Ziel zu gelangen.

Im eigentlichen Fall in Folge eins – der Sohn einer reichen Familie wird von einem Lösegeld-Erpresser entführt – kommen diese Taktiken erneut zum Einsatz, dann etwas vertrackter und ausführlicher als vorher. Die Grundmethodik bleibt aber offensichtlich dieselbe. Für den etwas anspruchsvolleren Zuschauer, der Abwechslung einfordert, ist «Ransom» daher eine Enttäuschung. Da hilft auch nicht die gute schauspielerische Leistung von Luke Roberts («Game of Thrones») als Eric Beaumont, da hilft auch kaum der rote Handlungsfaden, der in Folge eins gelegt wird: Obwohl ihre Bewerbung eigentlich abgelehnt wurde, schleicht sich die junge Ermittlerin Maxine (Sarah Greene) in den Fall ein und wird schnell bei Beaumonts Team akzeptiert. Später finden wir heraus, dass die ambitionierte Frau eine persönliche Verbindung zu Beaumont hat – Stichwort Procedural-Rezeptur, Stichwort dunkles Geheimnis.

Ob dieser Spannungsfaden ausreicht, um genügend Zuschauer bei Laune zu halten? Eigentlich erinnert «Ransom» in vielen Dingen erschreckend an frühere Crimeserien. Vor allem an das thematisch sehr ähnlich gelagerte «Hostages», das ebenfalls bei CBS lief, mit Dylan McDermott einen Ermittler hatte, der fast identisch aussieht wie Luke Roberts – und letztlich nur eine Staffel überlebte. Dass «Ransom» ein glücklicheres Schicksal ereilt, ist fraglich: Bei CBS floppt die Serie bei den Zuschauern. Jetzt braucht es also vor allem starke internationale Quoten bei den Koproduzenten aus Kanada, Frankreich und Deutschland, die das Format mitfinanzierten. Hierzulande ist RTL mit im Boot und präsentiert die Serie bei Schwestersender VOX. Am Donnerstag wird man dort gespannt auf die ersten Zahlen blicken.

VOX zeigt «Ransom» ab Mittwoch, 29. März, um 21.15 Uhr.
28.03.2017 12:03 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/92072