Cast & Crew
Vor der Kamera:
Max Simonischek als Lukas Laim
Lavinia Wilson als Johanna Fischer
Gerhard Wittmann als Anton Simhandl
Katharina Müller-Elmau als Simone Reichenbach
Fritz Karl als Doktor Kammeyer
Bibiana Beglau als Lea Adler
Gisela Schneeberger als Marlene Laim
Hinter der Kamera:
Produktion: Network Movie
Drehbuch: Lisa van Brakel und Jörg von Schlebrügger
Regie: Michael Schneider
Kamera: Andreas Zickgraf
Produzenten: Wolfgang Cimera und Bettina WenteIn München wurde ein altehrwürdiger Notar an einer Brücke erhängt. Auf seinen Bauch hat der Täter in hebräischen Schriftzeichen „Schilem“ gekritzelt; zu Deutsch: Vergeltung.
Lukas Laim (Max Simonischek) und sein Team – darunter seine jüdische Kollegin Johanna Fischer (Lavinia Wilson), die hebräisch spricht und mit Laim in einer der ersten Szenen in dessen Wohnung knattert – ackern bald die erstaunliche Lebensgeschichte des erhängten Notars auf: Sein stattliches Vermögen hatte er unter Anderem mit der Beurkundung von Arisierungsgeschäften während der Nazizeit gemacht, als vermögende Juden einen Großteil ihres Eigentums an raffgierige Parteimitglieder zu Spottpreisen verschachern mussten.
Vor diesem Hintergrund hält Laim auch ein politisches Motiv für möglich: jüdische Extremisten. Lachhaft, findet dagegen seine jüdische Kollegin. Schon hier merkt man, wie brutal stereotyp dieses Drehbuch seine Claims absteckt. Dass in einer Nebenrolle Bibiana Beglau als Direktorin eines Museums für jüdische Kunst auftreten darf, die bei ihrer Einrichtung zugeschanzten Geldern aus Nazivermögen beide Augen zudrückt, wirkt da nur alibihaft, um die jüdischen Charaktere mit etwas Augenwischerei ein bisschen auszudifferenzieren. Denn das unappetitliche Motiv einer jüdischen Verschwörung durchzieht diesen Film permanent.
«Laim und die Zeichen des Todes» versucht das freilich einzudämmen. Etwa mithilfe der Figur eines Professors, der seine Vorlesungen eher mit schwülstiger Dramatik denn mit historisch-kulturgeschichtlicher Expertise hält und ob Laims penetranter, aber weitgehend gehaltloser Nachfragen pseudophilosophisches Geschwafel von den Wechselwirkungen zwischen Unrecht und Recht von sich absondert.
Oder mit einem offen geführten (untereinander verfeindeten) Trio, das an den erhängten Notar einen Erpresserbrief geschrieben hatte. Und erpresst wurden auch noch andere: die wohlhabende Enkelin eines KZ-Aufsehers – und Laims Mutter (eine treffende Besetzung: Gisela Schneeberger), deren Vater bei der Arisierungswelle in den späten 30er Jahren kräftig die Hand aufhielt und damit den immensen Wohlstand zusammenraffte, von dem die Familie Laim heute noch lebt.
«Laim und die Zeichen des Todes» macht den typischen, aber von deutschen Sendern für notwendig erachteten Fehler, an dem viele Stoffe mit erzählerischer Ambition scheitern: Es presst ihn in einen Krimi. Die Konsequenzen dieses Fehlers sind hier aber wesentlich katastrophaler als bei vielen anderen Produktionen. Denn die dafür notwendige, in diesem Fall brutale inhaltliche Vereinfachung lässt diesen Film in gruselige Untertöne fallen. Wie selbstverständlich kokettiert er mit dem Motiv jüdischer Verschwörungen, als wäre es vollständig abwegig, schon allein darin unappetitliche Parallelen zu unappetitlichen Gedanken zu sehen. Philosophische Fragen um Gerechtigkeit und Rache, die in sinnigen Filmen ganze Passagen füllen würden, wischt er in Nebensätzen beiseite, um Platz zu schaffen für allerhand Fickificki im gläsernen Loft.
Eine aufrichtige Begegnung mit den Themen Holocaust, Vergeltung, Schuld und Sühne findet ohnehin nicht statt. Sämtliche Szenen, in denen das zumindest versucht wird, versinken früher oder später in Altweiberrührung, in theatralischen, aber sinnentleerten, unangenehm schwülstigen Elogen, in Verknappungen und Entstellungen. Mehr noch: Dieser Film begeht die Unanständigkeit, den Holocaust zum an sich austauschbaren historischen
Backdrop für einen belanglosen, minderwertig erzählten Krimi zu degradieren.
Das ZDF zeigt «Laim und die Zeichen des Todes» am Montag, den 3. April um 20.15 Uhr.