Rolle rückwärts

Bei «DSDS» sind die altbekannten Mottoshows zurückgekehrt, die die Eventshows ersetzen sollen. Doch wie verlief der Auftakt? Quotenmeter.de war am Samstagabend live vor Ort im Studio in Köln-Ossendorf…

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  • «DSDS» ist und bleibt erfolgreich. Kein Wunder, dass RTL die Castingshow auch 2018 im Programm haben wird.
Fast sieben Jahre ist es inzwischen her, dass sich Mehrzad Marashi und Menowin Fröhlich im Finale von «Deutschland sucht den Superstar» gegenüberstanden. Die beiden Kandidaten polarisierten die «DSDS»-Fangemeinde und verhalfen der Final-Show der siebten Staffel zu astronomisch hohen Quoten. Mehr als sieben Millionen Zuschauer blieben am späten 17. April 2010 für die Entscheidungsshow wach. Das entsprach einem stolzen Marktanteil von 50,6 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe. Solch hohe Werte waren selbst für «DSDS» nicht üblich. Und dennoch: Quoten von 30 Prozent und mehr waren bei der Bohlen-Show damals schon die Regel.

Nun sind die fetten Jahre bei «DSDS» bekanntlich vorbei. Seit 2010 hat sich viel getan und die Quoten sind - verglichen mit dem damals üblichen Niveau - fast schon dramatisch zurückgegangen. Trauriger Tiefpunkt der Quotenmisere war der letzte Samstag, an dem die Recall-Entscheidung in Dubai angesichts von 2,77 Millionen Zuschauern historisch schlecht abschnitt. Bei allen verpasste «DSDS» damit selbst einen zweistelligen Marktanteil, in der Zielgruppe reichte es noch zu 13,8 Prozent. «DSDS», der einstige Straßenfeger, scheint mitten in der Beliebigkeit angekommen.

Das wollen die Macher der Show aber so nicht akzeptieren. Sie haben besonders in den vergangenen Jahren immer wieder am Konzept der Castingshow geschraubt und Veränderungen angestrebt. Im Jahr 2017 sollen es nach einer mehrjährigen Pause wieder die altbekannten Mottoshows richten. Sie wurden wegen gesunkener Quoten einst zu Gunsten der Eventshows abgeschafft. Nun wagt RTL die Rolle rückwärts: Die Eventshows entfallen in diesem Jahr komplett, die Live-Shows feiern ihr Comeback. Quotenmeter.de war bei der ersten Show mit dem Motto Partyhits live vor Ort.

Keine Parkplatz-Entscheidungen, dafür Dr. Fleischhauer


Dabei ließen es sich die Verantwortlichen gleich zu Beginn der Sendung nicht nehmen, die Rückkehr der „legendären Mottoshows“ (Stimme aus dem Off) in hohen Tönen anzupreisen. Auch Oliver Geissen befand freudig, dass die Live-Sendungen „endlich“ zurück seien. Diese Aussagen könnte man im Umkehrschluss auch so deuten, dass die Eventshows endlich abgeschafft sind. Zweifellos dürften sich «DSDS»-Fans mit der ersten Mottoshow deutlich leichter getan haben als mit den voraufgezeichneten Eventshows zuletzt. Denn mit der Rückkehr der Live-Sendungen aus der alten Produktionsstätte in Ossendorf wusste sich «DSDS» rein qualitativ zu steigern. Keine aufgezeichnete und wild zusammengeschnittene „Show“ mehr, keine Parkplatz-Entscheidungen. Zum Glück.

Stattdessen setzten die Verantwortlichen wieder auf jene Elemente, die bei Fans und Kritikern in der Vergangenheit gut angekommen waren. Mit Bühnenfeuerwerken, Lasern und einer riesigen LED-Wand stellte die erste Mottoshow zweifellos ein visuelles Meisterstück dar. Zwischen den einzelnen Acts bauten die Mitarbeiter hinter den Kulissen die Bühnenbilder in fast schon atemberaubendem Tempo auf und wieder ab. Die erste «DSDS»-Liveshow war somit vor allem etwas fürs Auge.

Ausgesprochen ausgelassen - gerade auch im Vergleich zu anderen TV-Shows - fiel die Stimmung im Publikum aus. Hier darf sich RTL glücklich schätzen, dass zumindest einige Kandidaten eine starke Fanbase hinter sich zu vereinen wissen. Und für den Faktor Nostalgie durfte natürlich auch Notar Dr. Fleischhauer nicht fehlen. Wie früher auch überbrachte er am Ende der Show Moderator Oliver Geissen die Ergebnisse des Telefonvotings.

„«DSDS» ist wieder zu Hause in Köln. Es könnte nicht besser sein“, befand am Ende der Sendung auch Kandidat Ivanildo gegenüber Quotenmeter.de. Der 40-Jährige war einer der 13 Kandidaten, die den Recall überstanden und die Live-Showphase erreicht hatten. Über knapp drei Stunden traten sie nacheinander auf, wobei alles nach dem gewohnten Castingshow-Muster ablief: Nach einem kurzen Einspielfilm folgte der musikalische Auftritt, zumeist etwa zwei Minuten lang, woran sich wiederum das Jury-Urteil anschloss. Mit 13 Acts fiel die Show im Endeffekt doch etwas länger als nötig aus – dieses Problem dürfte sich spätestens ab nächster Woche aber ohnehin nicht mehr stellen, dann treten nur noch zehn Kandidaten auf. Positiv fällt ins Gewicht, dass Oliver Geissen die Entscheidung am Ende der Show schnell verkündete und nicht unnötig in die Länge zog.

Großer Raum für Spontanität blieb trotz der Live-Situation allerdings nicht. Das Höchste der Gefühle war hier fast schon der Moment, in dem Kandidat Alexander nach Kritik an seinem Outfit seine Jacke ablegte und an Juror H.P. weitergab. Und dann wäre da noch Dieter Bohlen zu nennen, der bei so manchem Auftritt ebenfalls gegen das starre Konzept anarbeitete. Der selbsternannte Poptitan, der sein Juryurteil in der Regel als letzter abgibt, fiel insbesondere Mit-Juror H.P. Baxxter mehrfach ins Wort. H.P. wiederum musste sich von Bohlen gewissermaßen vorführen lassen, schließlich widersprach ihm das «DSDS»-Urgestein mehrfach ganz offensiv. H.P. ging auf die kleinen Sticheleien von Bohlen allerdings nicht weiter ein.

Erst dachte ich, es könnte tatsächlich ein Nachteil sein, dass ich aus Amsterdam komme. Aber Deutschland liebt Musik. Und wenn Du gute Musik machst, dann kommen die Fans von selbst. Genau das ist heute passiert, die Leute lieben die Musik und haben dafür angerufen. Danke Deutschland für das!
Kandidat Ivanildo (40) zum positiven Voting der Zuschauer
Damit wurde am Samstagabend erneut deutlich, was Kritiker «DSDS» ohnehin seit Jahren bescheinigen. Auch in Staffel 14 ist und bleibt die Castingsendung eine reine Bohlen-Show. Sämtliche Mit-Juroren am Pult sind maximal hübsches Beiwerk, meinungsstarke Charaktere haben neben einem Dieter Bohlen zumeist keine Chance. Hinzukommt, dass musikalisches Leistungsvermögen längst nicht immer oberste Priorität besitzt. Das wurde besonders bei Mihaelas Auftritt deutlich, bei dem die Jury erst einmal ausführlich die Attraktivität ihrer Beine besprach.

Und dennoch muss festgehalten werden (und das ist eben auch die andere Seite der Medaille), dass Bohlen von allen Beteiligten weiterhin den größten Unterhaltungsfaktor aufweist. Da mag ein Oliver Geissen seinen Job als Moderator noch so grundsolide erledigen – gegen das «DSDS»-Alphatier Bohlen hat er wie die anderen Juroren auch keine Chance. Wofür die einzelnen Kandidaten stehen, scheint sich teilweise ebenfalls noch nicht klar genug herauskristallisiert zu haben. Sie wirken austauschbarer als vor einigen Jahren.

Dennoch scheint RTL bemüht darum, seinen Nachwuchssängern so gut wie eben möglich Attribute zuzuschreiben. Da wäre zum Beispiel Noah, der kleine, knuffige Junge. Oder Armando, der coole Macker, der manchmal unüberlegte Dinge sagt. Und Matthias, seines Zeichens Rettungssanitäter - und Frauenversteher. Damit versucht man die gewohnten Klischees zu bedienen. Für Matthias reichten die Anrufe am Ende trotz (oder wegen?) eines macho-mäßigen Einspielfilms nicht aus. Seine erste Reaktion darauf, die er backstage abgab, fiel vor allem erleichtert aus.

Fazit: Es ist gut, dass RTL die Mottoshows zurückgeholt hat, mit diesen wieder komplett live auf Sendung geht und dafür die Eventshows abgeschafft hat. Die Atmosphäre und Stimmung im Studio war gut, vor allem visuell hatte die erste Show einige Hingucker zu bieten. Dennoch kam die über dreistündige Sendung nicht ganz ohne Längen aus. In den kommenden Wochen folgen nun drei weitere Mottoshows, bevor am 6. Mai das Finale der diesjährigen «DSDS»-Staffel ausgetragen wird. Einen Showdown wie zu den goldenen «DSDS»-Zeiten dürfte es zwar nicht geben. Zumindest Ivanildo verspricht aber, topmotiviert weiterkämpfen zu wollen. „Nächste Woche können meine Fans echten Soul erwarten. Ich werde nicht 100, sondern 300 Prozent geben“, sagte uns der Sänger am späten Samstagabend noch mit einem Schmunzeln.
Wie hat Ihnen die Rückkehr der Live-Mottoshows bei «Deutschland sucht den Superstar» gefallen?
Super Sache! Im nächsten Jahr kann RTL gerne auch mehr Superstar-Live-Shows zeigen.
27,7%
War in Ordnung - zumindest deutlich angenehmer als die Eventshows zuletzt.
34,0%
Die erste Mottoshow hat mir überhaupt nicht gefallen, RTL sollte sich etwas anderes einfallen lassen
38,2%

09.04.2017 02:50 Uhr  •  David Grzeschik Kurz-URL: qmde.de/92361