Als hätte es nie eine Pause gegeben. Das «Prison Break»-Sequel setzt gekonnt auf die Rezepte von früher. Doch für ein erfolgreiches Comeback ist das definitiv nicht genug.
Cast & Crew
- Showrunner: Paul Scheuring
- Executive Producer: Paul Scheuring, Vaun Wilmott, Marty Adelstein, Michael Horowitz, Nelson McCormick, Neal H. Moritz, Dawn Parouse, Brett Rattner
- Cast: Wentworth Miller, Dominic Purcell, Sarah Wayne Callies, Rockmond Dunbar, Robert Knepper, Amaury Nolasco
- Musik: Ramin Djawadi
- Kamera: Jeffrey C. Mygatt
Eigentlich ist es ärgerlich. Seit geraumer Zeit haben neue Ideen im Fernsehen immer weniger Platz. Stattdessen setzen viele US-amerikanische Networks zunehmend auf das Recycling alter Serien, um dem zunehmenden Zuschauerschwund etwas entgegenzusetzen. Doch auch die neuen Anbieter, die in den vergangenen Jahren vor allem mit kreativen, neuen Inhalten auf sich aufmerksam machten, springen gerne mal auf diesen Zug auf. Netflix hat im vergangenen Jahr mit «Fuller House» und «Gilmore Girls» gleich zwei alte Serien neu aufgelegt – und das mit ziemlich großem Erfolg.
Ist Michael Scofield noch am Leben?
Bei den klassischen Networks scheint die Revival-Strategie deutlich seltener zum Erfolg zu führen. So entschied sich FOX im vergangenen Jahr, einen Action-Klassiker der 2000er wiederaufleben zu lassen: «Prison Break». Eine Serie, die ihr endgültiges Ende mit dem Tod des Hauptprotagonisten eigentlich gefunden hatte. Davon ging auch Lincoln Burrows aus, der sich sieben Jahre nach den Geschehnissen des finalen Films wieder als Ganove in Chicago verdingt. Als eines Tages jedoch T-Bag vor seiner Türe steht und ihm einen mysteriösen Umschlag mit einer kryptischen Nachricht und einem Foto zeigt, bröckelt diese Gewissheit. Ist Michael Scofield noch am Leben? Mit dem Bild von seinem Bruder macht sich Lincoln auf den Weg zu Sara, die schon vor Jahren wieder geheiratet hat. Als die zweifelnde Ex-Frau von Michael und sein Bruder kurz darauf angegriffen werden, wird schnell klar, dass jemand die Grüne für Michaels Verschwinden vertuschen will. Denn dieser scheint seit Jahren in einem Gefängnis im Jemen festzusitzen. Ein Land, in dem nicht nur die Befreiung aus dem Gefängnis eine Herausforderung ist, sondern auch Terrorismus und der tobende Bürgerkrieg.
Auf den ersten Blick scheint die Serie, die nie wieder an die Qualität der ersten Staffel heranreichen konnte, alles richtig zu machen. Mit Paul Scheuring ist derselbe Showrunner an Bord wie schon während der ersten vier Staffeln. Und ohne seine beiden Hauptcharaktere hätte er laut eigener Aussage die Fortsetzung von «Prison Break» niemals umgesetzt, sodass Wentworth Miller als auch Dominic Purcell mit von der Partie sind. Hinzu kommen unter anderem Sarah Wayne Callies (Sara Tancredi), Rockmond Dunbar (C-Note), Amaury Nolasco (Sucre) und Robert Knepper (T-Bag), wobei letztgenannter eine interessante Nebenstory inklusive einer neuen Roboterhand verpasst bekommt.
Eine abgeschlossene Geschichte
Zumindest das Interesse der alteingesessenen Fans der Serie dürfte dank des bekannten Casts (inklusive der deutschen Synchronstimmen) geweckt werden. Und das war laut Executive Producer Vaun Wilmott eines der erklärten Ziele des Revivals, das insgesamt neun Episoden umfasst: eine Geschichte erzählen, die Zuschauer der ersten Stunde zufriedenstellt. Auf der anderen Seite wollten die Macher «Prison Break» auch für neue Zuschauer zugänglich machen. Das führte in der ersten Folge der fünften Staffel allerdings dazu, dass die Charaktere gerne mal frühere Geschehnisse und Gefühle etwas unbeholfen nochmal zusammenfassen. Für die neuen Zuschauer mag das durchaus praktikabel sein, für Fans mit Vorwissen bedeutet das lediglich das stetige Erwähnen des Offensichtlichen. Die neue Staffel werde aber eine abgeschlossene Geschichte erzählen – eine willkommene Hintertür für FOX, falls die Quoten nicht stimmen. Und bisher fiel das Interesse an der Neuauflage sowohl in den USA
eher mau aus.
Showrunner Paul Scheuring sparte im Vorfeld der neuen Staffel auch nicht an großer Symbolik, die der Story innewohnen solle. Er verglich das Revival gar mit Homers Odyssee, schließlich sei Odysseus einst auch sieben Jahre lang auf der Insel Ogygia gefangen gewesen – und genauso lange schien Michael nun im gleichnamigen Gefängnis im Jemen zu sitzen.
Die alten Rezepte
Doch trotz aller Symbolkraft, die der Showrunner in die fünfte Staffel legen will, kann man «Prison Break» getrost auf seinen Kern runterbrechen. «Prison Break» ist weiterhin eine ordentliche Action-Serie, die zu Beginn der fünften Staffel eigentlich alles richtig macht. Die Pilotfolge vereint die alten Charaktere und führt die neue Story mit Spannung (Wie landete Michael im Jemen?) sowie gelungenen Cliffhangern ein, und auch die zweite Folge hält das Tempo weiterhin hoch. Hinzu kommen gute Action-Szenen sowie ein schönes Setting – die Dreharbeiten fanden in Marokko statt. All das lässt einen die ein oder andere Logik-Schwäche oder holprigen Dialog wie auch schon früher verzeihen. «Prison Break» ist und bleibt ein kurzweiliges Vergnügen, das recht nahtlos an die alte Serie aus den 2000ern anknüpft und das Gefühl von früher wieder hervorholt.
Letztlich bedient sich «Prison Break» nur jener Rezepte, die vor vielen Jahren durchaus mal funktioniert haben, aber nach bereits vier Staffeln abgenutzt waren. Und so ist es unwahrscheinlich, dass die Serie doch noch zum großen Hit avanciert. Trotz der zeitnahen Ausstrahlung der neuen Staffel bei RTL II – nur vier Tage nach der Premiere – fallen die Quoten auch in Deutschland nämlich eher mau aus. Und so zeigt sich mal wieder, dass Serien-Recycling
höchst selten eine geeignete Strategie ist, um an frühere Erfolge anzuknüpfen, sondern vielmehr wie eine Verzweiflungstat im sich ändernden TV-Markt wirkt.
Die fünfte Staffel «Prison Break» läuft samstags um 20.15 Uhr bei RTL II.