Ebenso wie die charismatische Hauptfigur, verkörpert von Heino Ferch, wirkt auch die Romanverfilmung etwas aus der Zeit gefallen. Dies wirkt stellenweise befremdlich, hat jedoch auch seinen ganz eigenen Charme.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Heino Ferch als Johann Friedrich von Almen
Samuel Finzi als Carlos
Andrea Osvart als Joelle Hirt
Isabella Parkinson als Maria
Nora von Waldstätten als Vanessa
Daniel Wagner als Artjom Sokolow
Alexander Finkenwirth als Neuenhauser
Thomas Sinclair Spencer als Colin Montgomery
Hinter der Kamera:
Regie: Thomas Berger
Drehbuch: Martin Rauhaus
Kamera: Frank Küpper
Musik: Fabian Römer„Man sollte stets mit dem Besten rechnen, dann wird es sich von selbst einstellen.“ Dieses Zitat stammt von Johann Friedrich von Allmen, seines Zeichens Hauptfigur einer Romanreihe des Schweizer Schriftstellers Martin Suter und Protagonist in einer nun für das Erste produzierten Literaturverfilmung. Unmittelbar zu Beginn des Films stellt sich Allmen im Eilverfahren vor, Champagner schlürfend auf dem Speedboot, ausdrücklich betonend, mit welchem Glück er doch gesegnet sei. Von Beginn an wird klar, dass es der Zuschauer hier nicht nur mit einem Lebemann der alten Schule zu tun hat, sondern auch der Film selbst, obwohl er in der Gegenwart spielt, etwas Nostalgisches an sich hat. Unterstrichen wird dieser Eindruck vom Titel-Insert, das auch aus einer 80er-Jahre-Serie stammen könnte.
Nachdem vergangenen Samstag bereits die Verfilmung von Suters Debutroman
«Allmen und das Geheimnis der Libellen» ausgestrahlt wurde, legt das Erste am kommenden Wochenende mit dem zweiten Teil nach. Diesmal dreht sich alles um einen wertvollen rosa Stein:
Johann Friedrich von Allmen (Heino Ferch) weiß jetzt, mit welcher Erwerbsform er sich aus seinen finanziellen Nöten befreien will: Gemeinsam mit Butler Carlos (Samuel Finzi) widmet sich der Bonvivant der Wiederbeschaffung von geraubten Kunstwerken – natürlich mit üppigem Spesenkonto und fürstlichen Honoraren. Sein erster Erfolg im spektakulären Libellen-Fall hat sich bei solventen Kunden bereits herumgesprochen: Der Engländer Montgomery (Tomas Sinclair Spencer) beauftragt „Allmen International Inquiries“, den flüchtigen Dieb eines gestohlenen rosa Diamanten ausfindig zu machen. Dieser gehört angeblich einem superreichen Geschäftsmann und ist die Hochzeitsgabe für dessen Tochter. Der millionenschwere Hochkaräter spielt selbst für Allmen in einer bisher unbekannten Liga.
So hilft sein Faible für schöne Dinge, die berechtigten Zweifel beiseite zu schieben. Auch die 20.000 Franken Vorschuss sprechen dafür, sich unverzüglich auf die Jagd nach dem rosafarbenen Objekt der Begierde zu machen. Gestohlen hat es angeblich der russische Geschäftsmann Sokolow (Daniel Wagner). An seine Spur heften sich Allmen und Carlos – zunächst ohne zu ahnen, dass auch ihnen jemand auf den Fersen ist. Wie gefährlich ihre Schatten sind, stellen die beiden fest, nachdem sie den Untergetauchten ausfindig gemacht haben.
Johann Friedrich von Allmen ist eine komplett aus der Zeit gefallene Figur, die genau aus diesem Grund sofort Interesse beim Zuschauer weckt. Seine überaus vornehme und charmante, bisweilen auch arrogante Art stellt Heino Ferch ebenso überspitzt dar, wie der gesamte Charakter angelegt ist. Oftmals kommentiert die Hauptfigur ihre Situation und ihr Handeln, wie erwähnt, beispielsweise direkt zu Beginn. Auch die sogenannte „Vierte Wand“ wird durchbrochen und der Zuschauer in der Allmen eigenen, hochgestochenen Sprache ganz direkt angesprochen. Dieses Stilmittel findet allerdings nur in Ausnahmefällen Verwendung.
Der Charakter erinnert nicht selten an große popkulturelle Werke aus Film und Literatur. Teilweise so deutlich, dass es sich auch um eine Hommage handeln könnte. Seine Lebemann-Attitüde, sein Stilbewusstsein und sein Schlag bei schönen Frauen lassen unweigerlich an James Bond denken. Sogar Bösewichte mit russischem Akzent sind mit von der Partie. Im Gegensatz zum Geheimagenten, handelt es sich bei Allmen jedoch um einen klassischen Hochstapler, der es geschickt weiß, den Schein zu wahren. Seine Auffassungsgabe und seine Kombinationsfähigkeit wecken hingegen Assoziationen mit Sherlock Holmes, wenngleich dieser sich üblicherweise keiner Küchenpsychologie bedient.
Und ebenso wie Sherlock Holmes nichts ohne seinen Dr. Watson wäre, wäre der Dandy vergangener Tage nichts ohne seinen treuen Begleiter Carlos. Der von Samuel Finzi sympathisch verkörperte Butler funktioniert mit seinem pragmatischen und sarkastischen Blick auf die Welt als Gegenstück zum Glücksritter Allmen hervorragend und steht diesem mit Rat und Tat zur Seite. Ein loyaler Gefährte im möglicherweise etwas zu klassischen Sinne.
Das Verhältnis zwischen schillernder Haupt- und vergleichsweise dröger Nebenfigur ist nur ein Beispiel für die teils zu konventionelle Herangehensweise an diesen Krimi. Viele Handlungsschritte der Protagonisten wirken zu vertraut, kreative Ideen sind eher selten und der Plot schreitet weitestgehend frei von Spannung bedächtig voran. Allerdings geschieht tatsächlich ein nicht zu vorhersagendes Ereignis, das die Story nochmal in Schwung bringt. Gegen Ende sorgt zudem eine kleine Verfolgungsjagd durch einen U-Bahn-Schacht für Abwechslung.
Das Flair des scheinbar altreichen, versnobten Abenteurers wird in 120 Minuten jedoch vortrefflich vermittelt. Seine stärksten, weil humorvollen Momente hat der Film, wenn Allmen kreativ vertuscht, dass er gerade nicht so flüssig ist, wie er vorgibt zu sein. Dann muss als Trinkgeld eben auch mal eine Krawatte herhalten. In diesen Szenen offenbart sich ein ganz eigener Charme der Literaturverfilmung.
Das Erste zeigt «Allmen und das Geheimnis des rosa Diamanten» am Samstag, den 6. Mai 2017, um 20.15 Uhr.