Eine Talkshow zur Primetime? Das geht doch nicht! VOX schickte sich an, den Gegenbeweis anzutreten, scheiterte damit - und bewies doch einen erstaunlich langen Atem im Umgang mit dem Format.
Ende des Monats wird VOX eine echte Exotenrolle inmitten der Riege an großen Privatsenders einnehmen: Während die Konkurrenz strauchelt oder gar erheblich an Zuspruch einzubüßen hat, kommt man selbst auf ein deutliches Plus - und das, obwohl man das lange Zeit als voluminöseste Quotenkuh angepriesene Genre der Scripted Reality nahezu komplett aus dem Aufgebot entfernte und sich immer wieder erfolgreich mit experimenteller Ware versuchte. So auch Mitte April mit der von Desiree Nosbusch moderierten Talkshow
«The Story of My Life», in der prominente Paare binnen eines Tages um mehrere Jahrzehnte alterten und sich in ihr zukünftiges Ich hineinversetzen sollten. Das Publikum fremdelte doch sehr arg mit der Aufgabe, sich so etwas zur besten Sendezeit um 20:15 Uhr anzuschauen.
Schon der Auftakt am 11. April ließ für die weiteren Wochen nichts Gutes erahnen, wenngleich man mit 1,36 Millionen Zuschauern und 4,3 Prozent immerhin ein einigermaßen zufriedenstellendes Quoten-Resultat erreichte. Die Sendung mit Boris und Lilly Becker kam jedoch bei den 14- bis 49-Jährigen auf nur 5,5 Prozent bei 0,56 Millionen und lag damit gleich zu Beginn etwa zwei Prozentpunkte unterhalb des Senderschnitts. Noch schwerer taten sich im Anschluss allerdings die Musikshows «Meylensteine» und «One Night Song» mit desolaten 3,4 und 2,5 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe. Hier griff der Sender schnell ein, um die beiden Formate nicht vollkommen zu verbrennen - wohl auch schon mit dem Hintergedanken, dass sie ab Ende Mai mit «Sing meinen Song» ein deutlich passenderes Umfeld haben würden, bei dem Gregor Meyle und Daniel Wirtz wie schon in der Vergangenheit wieder überzeugen könnten.
Dass es in Kombination mit dem Noschbusch-Talk wohl kaum was geworden wäre mit dem großen Quotenerfolg, zeigte sich spätestens in Woche zwei nur allzu deutlich, als Rebecca Mir und Massimo Sinato gerade einmal noch 0,83 Millionen Menschen zum Sender lockten. Zur besten Sendezeit entsprach dies kaum mehr hinnehmbaren 2,6 Prozent aller bzw. 3,4 Prozent der jüngeren Konsumenten. Mit einer Blitz-Absetzung war also nun zu rechnen, zumal Reruns von «Goodbye Deutschland!» mit starken 7,3 und 8,9 Prozent der 14- bis 49-Jährigen zeigten, dass gute Quoten an diesem Abend nun wahrlich nicht unerreichbar gewesen wären.
Doch VOX widersetzte sich vorerst den vermeintlich unumgänglichen Regeln des Marktes und hielt an seiner Ausstrahlung fest - um am letzten Dienstag des Jahres dann mit nur noch 2,0 und 2,5 Prozent die schrecklichsten Marktanteile zu verzeichnen, die der Sender seit Jahrzehnten zur Dienstags-Primetime hinzunehmen hatte. Mit einer Reichweite von 0,64 Millionen, die sich für das Leben und Denken von Thomas Heinze und Jackie Brown erwärmen konnten, wurde die drittschwächste Reichweite auf diesem Slot in den vergangegen zehn Jahren erzielt. Zuletzt lief es an Heiligabend mit dem Spielfilm «Cats & Dogs: Die Rache der Kitty Kahlohr» mieser, 0,58 Millionen Zuschauer sahen damals zu.
Doch trotz der verheerenden Ergebnisse widersetzte sich VOX auch weiterhin dem vermeintlich Unvermeidbaren und setzte die Sendung weder ab noch verschob man sie auf einen späteren Sendeplatz. Und in Woche vier hatte man dann sogar unerhoffte tagesaktuelle Relevanz vorzuweisen, strahlte man doch die bereits Wochen zuvor aufgezeichnete Folge mit Fabian Hambüchen und Marcia Ev aus - die erst wenige Stunden zuvor ihre Trennung bekannt gegeben hatten. Beim Gesamtpublikum wurden dennoch nahezu unverändert schlechte 0,66 Millionen Zuschauer sowie 2,1 Prozent Marktanteil verzeichnet, während es in der Zielgruppe mit 3,8 Prozent bei 0,38 Millionen ein deutliches Stück bergauf ging. Auf nach wie vor weit unterdurchschnittlichem Niveau zwar, aber immerhin.
Kurz vor Toreschluss bewegten sich die Werte erneut leicht nach oben, wobei diesmal mit 0,76 Millionen und 2,5 Prozent der etwas weitere Sprung beim Gesamtpublikum geschafft wurde. Nathalie Volk und Frank Otto erreichten in der werberelevanten Zielgruppe erneut 0,38 Millionen Menschen, der damit verbundene Marktanteil stieg zumindest leicht auf 4,0 Prozent. Und auch das Staffelfinale mit Sendergesicht Guido Maria Kretschmer sowie dessen Lebensgefährten Frank Mutters verbesserte sich noch einmal leicht auf 2,9 Prozent Gesamt- sowie 4,6 Prozent Zielgruppen-Marktanteil bei immerhin 0,80 Millionen Zuschauern - wenngleich man selbst damit noch immer gut zwei Prozentpunkte von der Sendernorm entfernt war.
Unterm Strich kamen an den sechs Dienstagabenden durchschnittlich gerade einmal 0,84 Millionen Menschen zusammen, die sich für «The Story of My Life» erwärmen konnten, wobei die Reichweiten nach einem einigermaßen ordentlichen Start anschließend doch stets deutlich unterhalb der Millionenmarke rangierten - außer der Auftaktepisode lagen somit auch alle weiteren knapp unterhalb des Durchschnittswerts. Verbunden war diese Zuschauerzahl mit gerade einmal 2,7 Prozent Marktanteil, womit der Senderschnitt von zuletzt gut fünf Prozent beinahe halbiert wurde. Und in der besonders stark umworbenen Zielgruppe sah es angesichts von nur 4,0 Prozent bei 0,39 Millionen Fernsehenden keinesfalls besser aus, auch hier kommt VOX derzeit im Normalfall auf fast das Doppelte.
Eine zweite Staffel dieses ambitionierten, angenehmen, mitunter aber auch etwas dröge daherkommenden Projekts mit Desiree Nosbusch zu erwarten, wäre angesichts dieser verheerenden Zahlen wohl vermessen - Respekt genug hat der Sender dafür verdient, überhaupt die vergangenen Wochen ohne Programmanpassung durchgestanden zu haben. Ab kommender Woche sind dann deutlich höhere Quoten zu erwarten, schließlich startet «Sing meinen Song» in eine weitere Staffel.