Die Programmpräsentationen für die kommende US-Saison brachten wieder einige neue Formate mit sich. Wir prognostizieren die vielversprechendsten Neustarts der Sender.
Die neue Saison im Überblick
Mitte Mai war es wieder soweit – die US-Networks haben ihr Line-up für die im Herbst beginnende TV-Saison 2017/2018 bekanntgegeben, samt Absetzungen, Verlängerungen und natürlich auch den Neustarts, die Fernsehzuschauer in wenigen Monaten erwarten. Dabei sehen sich die Sender nicht nur wie üblich verschiedenen Ausgangssituationen und teilweise hohem Druck ausgesetzt, die Quote als Indikator für den Erfolg und Misserfolg eines Formats verliert bei immer mehr zeitversetzten Abrufen, steigenden Einnahmen durch Streaming-Verkäufe und Syndikationsrechten sowie der wachsenden Bedeutung des Online-Marktes immer mehr an Wert. Daher müssen neue Formate dieser Tage vor allem eines leisten – Aufmerksamkeit zu kreieren. Wir blicken auf die Neustarts der fünf großen US-Networks und deren vielversprechendste Formate.
ABC – «Alex, Inc.»
ABC-Upfronts
- Neu: 10
- Verlängert: 18
- Abgesetzt: 12
Die Programmgestaltung bei ABC stand und steht noch immer ganz im Zeichen der Suche nach einem langfristigen Ersatz des Sitcom-Hits «Modern Family». Zwar verlängerte ABC die Familien-Comedy gerade erst über die kommende Saison hinaus, dennoch fahndet das Network fieberhaft nach einem Nachfolger in seinem Comedy-Mittwoch. Die meisten Vorschusslorbeeren heimste in dieser Hinsicht ein Projekt namens «Start Up» ein. Das Format genießt den Star-Bonus, denn «Scrubs»-Star Zach Braff schrieb das Format nicht nur und wird Regie bei der Serie führen, auch vor der Kamera tritt er als Hauptdarsteller in Erscheinung. Seinen Namen legte die Produktion jedoch ab, denn es könnte zu Verwechslungen mit der Sony Pictures-Produktion «StartUp» kommen, die vergangenem Jahr erstmals auf dem Sender Crackle erschien.
Braff schuf die Idee zum Format zusammen mit dem ehemaligen «Scrubs» Executive Producer Matt Tarses, im Rahmen des nun «Alex, Inc.» getauften Projekts kehrt also ein Dream Team zu ABC zurück. Inspiriert vom Podcast „StartUp“, der von Tarses kreiert wurde, (wohl um das Namenverwirrspiel perfekt zu machen,) spielt Braff den brillanten Radio-Journalisten Alex Schuman, Ehemann und Vater zweier Kinder, der etwas ziemlich Gewagtes plant: Er will seinen Job kündigen und seine eigene Firma gründen. Dabei stellt er fest, dass sein Plan schwerer in die Tat umzusetzen ist, als er zunächst dachte. «Alex, Inc.» geht erst in der Midseason an den Start, sodass die Entscheidung für einen Sendeplatz noch aussteht. «Modern Family» könnte der hoffnungsvollen Produktion im neuen Jahr aber Starthilfe geben.
CBS – «Young Sheldon»
CBS-Upfronts
- Neu: 9
- Verlängert: 19
- Abgesetzt: 10
Vergleichsweise wenig Experimente wagt CBS. Das Ziel des Networks, das nun in seine neunte Saison in Folge als meistgesehenes US-Network geht, will vor allem weiter konstante Zahlen verschreiben, deshalb kommen die neuen Formate auch weniger spektakulär daher. Mit Bestellungen von «S.W.A.T.» und «SEAL Team» will CBS in der Drama-Sparte ernster werden und ein Gegengewicht zum leichteren «NCIS» schaffen, auch bei der Nummer eins des Gesamtpublikums liegen die größten Hoffnungen aber in einem Comedy-Format. Vom Flagschiff-Format «The Big Bang Theory», das noch immer die mit Abstand beliebteste Comedy darstellt, werden aktuell noch zwei weitere Staffeln erwartet. Spätestens dann soll das Spin-Off «Young Sheldon» den Staffelstab von den Nerds übernehmen, heiß erwartete Comedy-Neustarts wie «Kevin Can Wait» oder «Superior Donuts» wurden den Erwartungen in der vergangenen Saison nämlich nicht gerecht.
Kommende Saison wird der Ableger des CBS-Hits auf dem Programmplatz nach seinem Mutterformat starten, um so genügend Starthilfe zu bekommen, sich seinerseits zu einem Hit-Format zu entwickeln. Auch «Young Sheldon» (Foto) stammt von den Köpfen hinter «The Big Bang Theory», zum einen von Steven Molaro, der als Showrunner fungieren wird, zum anderen von «TBBT»-Schöpfer Chuck Lorre. Für die Inszenierung des Piloten gewann man nun sogar «The Jungle Book»-Regisseur Jon Favreau. «Young Sheldon» blickt zurück auf die Kindheit des beliebten «The Big Bang Theory»-Charakter Sheldon Cooper, dessen neunjähriges Pendant von Iain Armitage gespielt wird. Das Spin-Off soll konzeptionell Parallelen zu «Malcolm mittendrin» aufweisen, daher dürfen natürlich auch weitere Familienmitglieder nicht fehlen. So werden Zuschauer auch Bekanntschaft mit den Eltern und den Geschwistern des jungen Sheldon machen.
FOX – «911»
FOX-Upfronts
- Neu: 6
- Verlängert: 24
- Abgesetzt: 8
Prekär gestaltet sich die Serien-Lage bei FOX. Sportübertragungen brachten dem Sender zwar vergangene Saison tolle Zahlen ein, dafür verloren Original-Serien bei den 18- bis 49-Jährigen deutlich an Beliebtheit, insbesondere in der Drama-Sparte, wo beispielsweise das heiß erwartete «24»-Reboot «Legacy» versagte und FOX das letztlich gefeierte «This Is Us» an NBC abgab. FOX‘ Allzweckwaffe Ryan Murphy, Schöpfer von «Glee» und «American Horror Story», könnte den ersehnten Drama-Hit mit «911» liefern.
Murphy und Brad Falchuk produzieren das Procedural Drama im Stile von «Emergency Room», das sich mit verschiedenen Polizeibeamten befassen soll, die in den USA unter der titelgebenden Telefonnummer Notrufe entgegennehmen. Angela Bassett, die Murphy und Falchuk durch ihre Auftritte in bereits vier Staffeln von «American Horror Story» bestens bekannt ist, soll dabei eine der tragenden Rollen übernehmen. Zwar plant FOX zwar erst in der Midseason mit «911», mit Ryan Murphy-Formaten ist dieser Tage aber immer zu rechnen. Das beweist der Kreative seit Jahren bei Schwestersender FX im Kabelfernsehen, der bei der FOX-Programmpräsentation als 'cooler Bruder' des Networks bezeichnet wurde und nun auch wieder FOX zu etwas mehr Coolness verhelfen soll.
NBC – «Rise»
NBC-Upfronts
- Neu: 8
- Verlängert: 16
- Abgesetzt: 5
Deutlich besser sieht das Befinden von NBC aus, das in der Zielgruppe nach wie vor die Spitzenposition hält und mit «This Is Us» wohl den aussichtsreichsten Neustart der vergangenen Saison stellte. Dementsprechend muss NBC keine Programmlöcher stopfen, sondern lediglich darauf achten, mit Neustarts nicht zu zerstören, was vergangene Saison so gut funktionierte. Ein Programmplatz, aus dem NBC vergangene Saison zu wenig machte, war der 22 Uhr-Slot am Montagabend, wo ein neues Format bestens auf den ungebrochen starken Werten von «The Voice» aufbauen könnte. Dies gelang mit «Timeless» nicht. Im Herbst wird schließlich der Neustart «The Brave» den Sendeplatz hinter «The Voice» besetzen, noch größere Aussichten auf einen Erfolg hat jedoch ein anderes Format.
Das Jason Katims-Drama «Rise» wird wie die meisten neuen Formate erst in der Midseason an den Start gingen, dann aber wird die Serie jedoch aller Voraussicht nach von den Olympischen Winterspielen beflügelt werden, für die NBC die Übertragungsrechte hält. Dies war bereits bei Katims vorigem NBC-Drama «Parenthood» der Fall, das von der Marketing-Plattform klar profitierte. «Rise» verfügt zwar nicht über die Strahlkraft des «Will & Grace»-Reboots oder «Law & Order: True Crime – The Menendez Murders». Mit Katims hat man jedoch einen zuverlässigen Showrunner, obendrein wartet «Rise» mit «How I Met Your Mother»-Star Josh Radnor auf, der in der Buchadaption des Romans „Drama High“ nach wahren Begebenheiten den hingebungsvollen Lehrer und Familienvater Lou Mazzuchelli spielt, welcher nicht nur die glanzlose Theatergruppe seiner Schule aufmischt, sondern eine ganze Stadt.
The CW – «Black Lightning»
The CW-Upfronts
- Neu: 4
- Verlängert: 11
- Abgesetzt: 4
Das kleine The CW gibt sich vergleichsweise mit deutlich weniger Zuschauern zufrieden als seine Network-Konkurrenz, weshalb der Sender etliche Formate verlängerte. Mit «The Vampire Diaries» endete jedoch zuletzt einer der großen Hits des Senders und linear verlor The CW etwa um 25 Prozent in der Zielgruppe. Dafür hat der Sender jedoch einige vielversprechende Neustarts in der Hinterhand, die sich ihrerseits zum Erfolg für The CW entwickeln könnten.
«Life Sentence» verspricht Star-Power mit «Pretty Little Liars»-Darstellerin Lucy Hale, während mit «Dynasty», dem «Denver-Clan»-Reboot ein Hit aus den 1980ern ins Fernsehen zurückkehrt, wobei sich erst noch zeigen muss, ob auch die von The CW adressierten Millenials damit warm werden. Das vermutlich heißeste Eisen findet sich in «Black Lightning», einer weiteren DC Comics-Adaption, womit die sechs Comicbuch-Serie knapp 60 Prozent einer The CW-Woche füllen könnten. Die Serie, für die wieder einmal The CW-Allrounder Greg Berlanti als Executive Producer fungiert, handelt von Jefferson Pierce (Cress Williams), einem ehemaligen Selbstjustizler, der mittlerweile als Lehrer arbeitet, aber aufgrund diverser Ereignisse in seinem Leben wieder das Kostüm von «Black Lightning» überstreift. Ursprünglich wurde das Format für FOX produziert, das jedoch verzichtete. Wie beim bereits erwähnten, späteren NBC-Hit «This Is Us». Ein Zeichen?