Chaos am Strand: Zac Efron und Dwayne Johnson scherzen sich durch eine moderne «Baywatch»-Version. Und, ja: Natürlich wird hier in Zeitlupe gelaufen.
Filmfacts «Baywatch»
- Regie: Seth Gordon
- Produktion: Ivan Reitman, Tom Pollock, Beau Flynn, Dwayne Johnson, Michael Berk, Dany Garcia, Douglas Schwartz, Gregory J. Bonann
- Drehbuch: Damian Shannon, Mark Swift
- Story: Jay Scherick, David Ronn, Thomas Lennon, Robert Ben Garant
- Basierend auf der TV Serie von Michael Berk, Douglas Schwartz, Gregory J. Bonann
- Darsteller: Dwayne Johnson, Zac Efron, Alexandra Daddario, Kelly Rohrbach
- Jon Bass, Ilfenesh Hadera, Priyanka Chopra
- Musik: Christopher Lennertz
- Kamera: Eric Steelberg
- Schnitt: Peter S. Elliot
- FSK: ab 12 Jahren
- Laufzeit: 119 Minuten
Vergangene Fernsehserien mit neuer Besetzung und modernem Augenzwinkern für die große Leinwand zu revitalisieren, ist keine neue Kinoidee – aber eine, die durch den erfrischenden «21 Jump Street» und dessen noch irrere Fortsetzung «22 Jump Street» wieder an Strahlkraft gewonnen hat. Auf der Welle dieser Reihe, in der Channing Tatum und Jonah Hill ein 80er-Jahre-Krimikonzept durch den Kakao ziehen, bekommt nun auch «Baywatch» die zwischen Verneigung und Verballhornung schwankende Kinobehandlung verpasst. Aus David Hasselhoff wird «Fast & Furious 8»-Muskelpaket Dwayne Johnson, der als beliebter, passionierter und fähiger Rettungsschwimmer Mitch Buchannon mit einem wichtigtuerischen Newcomer zusammenarbeiten muss: Dem durch seinen Narzissmus in Ungnade gefallenen zweifachen Goldmedaillengewinner Matt Brody («Bad Neighbors»-Partytiger Zac Efron). Und wie es Phil Lord & Chris Miller, die Regisseure der «Jump Street»-Kinofilme, vorgemacht haben, ulken sich auch Johnson und Efron in der von Seth Gordon («Kill the Boss») inszenierten Komödie mit munterem Grinsen durch die Klischees der Vorlage.
Tiefergehende Kenntnisse der vor allem in den frühen bis mittleren 90er-Jahre sehr populären Fernsehserie sind allerdings nicht nötig, um über diese Seitenhiebe schmunzeln zu können. Die Drehbuchautoren Damian Shannon und Mark Swift zielen bevorzugt auf selbsterklärende Albernheiten und «Baywatch»-Markenzeichen, die zur popkulturellen Allgemeinbildung gehören: Gut aussehende, glücklich strahlende Menschen, die in Zeitlupe laufen. Die andauernde Missachtung dessen, wofür Rettungsschwimmer eigentlich da sind, so dass unsere Hauptfiguren auch spannendere Dinge erledigen können (wie etwa: einen Drogenboss aufhalten). Enorm aufgeblasene Streitigkeiten zwischen den Protagonisten, um den Plot voranzutreiben. Und eine weltferne Verehrung für Rettungsschwimmer, von der echte Bademeister sicher liebend gern ein paar Scheiben abbekommen würden.
Wie «22 Jump Street»-Jünger im Kino enttäuscht feststellen werden, und alle, die diese Art der Metaironie weniger mögen, bejubeln dürften: «Baywatch» hat zwar eine solide Prise an solchen Gags, aber weitaus weniger, als die eher auf die selbstironischen Späße hingebogenen Trailer mutmaßen lassen. Die zweistündige Strandkomödie ist enger mit der 2004 veröffentlichten «Starsky & Hutch»-Version verwandt als mit «22 Jump Street». Die mit Ben Stiller und Owen Wilson besetzte Regiearbeit des «Hangover»-Machers Todd Phillips überspitzt einige Aspekte aus der gleichnamigen Kriminalserie und machte sich ein Vergnügen daraus, aus einer modernen Perspektive auf die ausgetretenen, überreizten Elemente des Originals zurückzublicken – ist aber zugleich ein geradliniger Comedy-Krimi.
Dies trifft genauso auf «Baywatch» zu. Statt in «Jump Street»-Manier aus fast allem eine augenzwinkernde Referenz, eine Enttarnung von Klischees oder eine juxende Verneigung vor ausgedienten Storyideen zu formen, erzählt Gordons «Baywatch» zwischen seinen Selbstironieanflügen einen eher konventionellen Kriminalplot (in feinster 90er-Manier), dem sich eine sympathische, verbal schlagfertige Truppe lustiger Helden annimmt.
Mit eben diesen Hauptfiguren zwei Stunden Zeit zu verbringen, weckt fast schon so etwas wie Sommerurlaubsfeeling. Zwar ist in manchen Einstellungen der Himmel über das cineastische Miami Beach betrüblich grau (alle, die mit Adleraugen den Film betrachten, werden dahingehend einige Anschlussfehler ausfindig machen), trotzdem fühlt es sich so an, als würde ein launiger Strandbesuch mit dem Schließen netter Bekanntschaften einhergehen.
Dwayne Johnson hat in seiner Rolle als ebenso gestrenger wie gut aufgelegter Lebensretter sichtbaren Spaß an diesem Drehbuch, Zac Efron bringt als sich langsam an den Teamwork-Gedanken gewöhnender Partybos das aus den «Bad Neighbors»-Filmen gewohnte komödiantische Timing mit, Jon Bass als pummeliger Lebensretter-Novize Ronnie wandelt das Klischee des lustigen Dicken mit genügend Selbstbewusstsein und guten Slapstickkünsten ausreichend ab. «True Detective»-Nebendarstellerin Alexandra Daddario ergänzt die Gruppe als gewiefter, eher normal tickender Einfluss und Model Kelly Rohrbach kann der obligatorischen Lovestory mit leichtem Witz tatsächlich einen Hauch von Popcorn-Glaubwürdigkeit verleihen.
Wie bei einer in den USA mit einem R-Rating versehenen Komödie zu erwarten steht, ist der Humor des «Baywatch»-Films pubertär: Chaos, Ekel, Albernheit und eine Spur Fremdscham, wenn etwa Ronnies Gemächt in einer Sonnenliege feststeckt und ausgerechnet seine Traumfrau ihm dabei zu helfen versucht. Das wird zwangsweise einige gealterte «Baywatch»-Fans verärgern, selbst wenn bei einer feucht-fröhlichen Komödie solche Witze nahezu unvermeidlich sind – und Gordon dem ganzen jugendlichen Leichtsinn durch ein flottes, nicht aber gehetztes Tempo, und die freundliche Dauerattitüde seiner Figuren eine angenehme Harmlosigkeit mitgibt: Hier soll keiner vorgeführt oder blamiert werden (
wie etwa im gallig-derben Zac-Efron-Vehikel «Dirty Grandpa»), sondern ein Actionkrimi-Plot über eine dubiose Nachtclubbesitzerin (bewusst überzeichnend: Priyanka Chopra) mit gedankenlosem Strandchaos versehen werden.
Die digitalen Effekte (seien es Flammen oder Studioaufnahmen, die mittels Greenscreen zu vermeintlichen Außenaufnahmen verwandelt werden) mögen gelegentlich unfertig sein, und der Plot selten mehr als der in bekanntem Takt knatternde Motor für neue Gags – aber die Darsteller haben lässige Chemie miteinander, das Tempo ist solide und der Mix aus derbem Spaß, Metawitzlein und schmissigen Wortgefechten ausgewogen. «Baywatch» mag somit nicht die Party des Kinosommers schlechthin sein, aber die Lust auf eine potentielle weitere Strandsause liegt durchaus in der Luft.
«Baywatch» ist ab dem 1. Juni 2017 in vielen deutschen Kinos zu sehen.