Wenn Daniel Hartwich Chauffeur und Frank Hoffmann «Ninja Warrior» wird

Zwei Tage lang blickte die TV-Branche nach Köln-Ossendorf, wo die Screenforce Days stattfanden. Quotenmeter.de war vor Ort, hat das wichtigste vom Donnerstag zusammengefasst - und schaut auf das Event an sich zurück.

Rückblick: Das war am Mittwoch wichtig (1)

Raab hinter den Kulissen, Henssler als neuer Raab vor der Kamera: Wenn ein Name über dem ersten Tag der Screenforce Days schwebte, dann war es der von Stefan Raab. ProSieben kündigte an, dass TV-Koch Steffen Henssler in die Fußstapfen von König Lustig treten und sich in «Schlag den Henssler» regelmäßig Duelle mit Normalsterblichen liefern wird. Auch Raab selbst sorgte für Neuigkeiten: Als Ideengeber und Produzent wird er das «Ding des Jahres» suchen. In diesem etwas anderen Wettbewerbsformat können findige Menschen ihre kuriosen und spannenden Produktideen vorstellen.
Keine Frage: Am Mittwoch, dem ersten Tag der Screenforce Days, hatten SevenOne Media und ProSieben mächtig vorgelegt. Allein der kurze Auftritt Stefan Raabs brachte der Medienveranstaltung einen Grad an Aufmerksamkeit ein, der eigentlich kaum noch zu toppen war. Und so war von vorne herein klar, dass es die Vermarkter am zweiten Tag des Kölner Medien-Events nicht leicht haben würden. Trotzdem hatte der Donnerstag die eine oder andere spannende Geschichte zu liefern - und wartete mit zahlreichen prominenten Gesichtern auf. Im Namen ihrer Sender waren unter anderem Daniel Hartwich, Inka Bause, Matthias Sammer, Boris Becker sowie Matze Knop und Reiner Calmund ins Coloneum gekommen. Quotenmeter.de war ebenfalls vor Ort und fasst die Ereignisse zusammen.

RTL investiert in Fiction – und macht Frank Hoffmann zum «Ninja Warrior»


Dass RTL sein Fiction-Portfolio verstärkt selber in die Hand nehmen will, ist bereits länger bekannt. Auf der Programmpräsentation räumte der Kölner Marktführer seinen selbst produzierten Serien trotzdem ordentlich Zeit ein. Unter anderem präsentierte der Marktführer einen ausführlichen Trailer, in dem er die geplanten Serien-Neustarts allesamt kurz zusammenfasste. Verena Altenberger (spielt Magda in «Magda macht das schon!») unterstütze RTL-Chef Frank Hoffmann bei der Präsentation der Serienoffensive. Anke Schäferkordt wurde unterdessen in einem mehrteiligen Einspielfilm von Sendergesicht Daniel Hartwich ins Studio gefahren. Hartwich wiederum gab sich gewohnt ironisch und witzelte, dass er bei RTL für alles eingesetzt werde.

Aber zurück zum Programm der Kölner. Zusätzlich zu seinen Dramaserien kündigte RTL an, dasszwei Thriller auf Basis von Sebastian-Fitzek-Bestsellern geplant seien. Im Unterhaltungsbereich wurden diverse neue Shows versprochen - darunter ein Duell «Buschi vs. Köppen» und eine Action-Reality-Show mit Jenke von Wilmsdorff. Dass RTL viel auf die zweite Staffel von «Ninja Warrior» setzt, wurde nicht zuletzt durch das actionreiche Auftreten des Senderchefs klar. An einem Seil hängend schwang sich Frank Hoffmann - oder besser gesagt sein Double - auf die große Screenforce-Bühne. Aber keine Sorge: Der falsche Hoffmann verschwand denkbar auffällig hinter einer Stellwand von der Bühne, die Präsentation selbst hielt dann der echte.

VOX fokussiert das Escort-Geschäft und hat viele Reality-Ideen


Wie kann man nur an eine von Kritikern gefeierte, mit starken Quoten gesegnete Krankenhausserie anschließen? VOX hofft, in der TV-Saison 2018/19 die Antwort im Escort-Business zu finden: Mit «Milk & Honey» wird die zweite VOX-Serie nämlich in genau diesen Geschäftsbereich blicken. Die Serie basiert auf einer israelischen Idee. Überhaupt kam das Screening von VOX sehr frisch daher, schließlich hatte man den potentiellen Werbekunden einiges zu verkaufen. Stolz präsentierte Senderchef Bernd Reichart die Steigerungen, die Erfolgsmarken wie «Sing meinen Song», «Die Höhle der Löwen» und Co. zuletzt verbuchen konnte. Anders als ProSieben und RTL, die ihre jüngsten Quotenverluste allerhöchstens am Rande thematisierten, zeigte sich VOX selbstbewusst und gestärkt.

Und trotzdem möchte sich VOX auch im non-fiktionalen Bereich nicht ausruhen und kündigt sogleich eine ganze Latte an neuen Formaten an: Der Privatsender wird Ex-Paaren die Chance geben, sich noch einmal in Ruhe auszusprechen und schwer vermittelbaren Arbeitslosen helfen, endlich ihre beruflichen Stärken zu entdecken. Zudem wird gekocht, geflirtet und analysiert, was eigentlich bei einem Vorstellungsgespräch so passiert.

Discovery will bei Olympia klotzen, nicht kleckern


Mit der Erwerbung der Olympia-Rechte sorgte Discovery vor zwei Jahren für großes Staunen in der TV- und Sportbranche. Auf den Screenforce Days ließ sich der Mediengigant endlich in seine Karten schauen, wie er mit der Sportlizenz umgehen möchte: 50 Stunden Olympia im Free-TV stünden bei Eurosport zu erwarten. Discovery-Geschäftsführerin Susanne Aigner-Drews kommentiert: "2018 beginnt für uns ein neues goldenes Zeitalter, wenn wir erstmals die Olympischen Spiele übertragen". Auch über die Bundesliga-Ausstrahlung wurden einige Worte verloren - so wird Matthias Sammer zum Eurosport-Experten für des Deutschen liebsten Sportliga. Dass Discovery selbst Boris Becker für einen kurzen Auftritt anreisen ließ, zeigt unterdessen, wie ernst den Verantwortlichen das Event war.

Bei RTL II gibt es wieder nackte Haut zu sehen


Rückblick: Das war am Mittwoch wichtig (2)

Sat.1 will wieder wachsen: Der Bällchensender spricht von einer "Transformation". Und die besteht unter anderem aus aufwändiger exklusiver Fiction und bekannten Showmarken am Sonntagabend (mehr dazu hier). Luke soll unterdessen weiter zum Sendergesicht aufgebaut werden. Zudem wurden vage Neuerungen für die Access Prime versprochen - näheres diesbezüglich soll jedoch erst noch folgen.
Zu Beginn seiner Programmpräsentation gab sich RTL II mit einem wildgeschnittenen Programmtrailer laut. Das Screening selbst fiel dann aber alles andere als das aus. Ganz im Gegenteil machten die Verantwortlichen von El Cartel am Donnerstag ihren Job vielleicht am sympathischsten. „RTL II ist Fernsehen auf Augenhöhe“, sagte Andreas Bartl, Geschäftsführer von RTL II. Zumindest in der Präsentation kam genau das auch herüber. So verzichtete man zum Beispiel komplett auf Bühnenfeuerwerke, ließ dafür aber Curvy Supermodels auflaufen und Sarah Lombardi singen. Einen überaus guten Auftritt legte darüber hinaus Andreas Bartl hin, der sich durch und durch authentisch und nahbar gab.

Und das Programm? Obwohl RTL II vor Ort seinem Casting «Curvy Supermodel» viel Raum gab und seine Präsentation für eine ausführliche Verneigung vor dem Format freiräumte, ist das Datum des Staffelstarts (17. Juli) nicht neu. Was von allen Branchenbeobachtern vermutet wurde, aber doch nicht offiziell war: RTL II gibt grünes Licht für eine zweite Staffel «Naked Attraction» (mehr dazu). Außerdem betonte der Sender noch einmal, dass Peer Kusmagk und Janni Hönscheid demnächst eine neue Dokusoap bekommen sollen.


Quatsch is back!


Der Tag war schon lang, als am Nachmittag Sky Media an der Reihe war und in rund 30 Minuten als letzter Vermarkter für sein Programm werben durfte. Das wichtigste vorab: Sky 1 kündigte die Rückkehr einer Format-Legende an. Bereits im Herbst 2017 wird beim Bezahlsender der «Quatsch Comedy Club» zu sehen sein. Thomas Hermanns und Ilka Bessin werden durch die wiederbelebte Stand-up-Comedy-Sendung führen. Darüber hinaus holt Sky 1 Sternekoch Nelson Müller in die Jury der zweiten «MasterChef»-Season (mehr dazu). Abseits dessen betonte der Sender, er habe bei der Champions League-Ausschreibung Geschichte geschrieben. Erst vor kurzem war bekannt geworden, dass das ZDF im Bieterwettbewerb gegen Sky leer ausgegangen war. Sky konnte sich die Freude über das neue Rechtepaket somit nicht verkneifen.

Was bleibt also von zwei Tagen Screenforce Days?


Dem Wunsch der Werbekunden, ein gemeinsames Medienevent mit wichtigen Vermarktern der TV-Branche zu organisieren, sind die Screenforce Days 2017 nachgekommen. Nach zwei Tagen kann festgestellt werden, dass dieses Vorhaben sogar mit Erfolg gelungen ist. Hunderte akkreditierte Gäste wohnten der Veranstaltung bei, so mancher Beitrag dürfte den einen oder anderen tatsächlich gepackt habe. Für die größte Aufmerksamkeit sorgten dabei natürlich SevenOne Media und IP Deutschland. Aber auch die kleinen Vermarkter bekamen ihre Fläche und nutzten diese gut. Abseits davon überzeugten besonders die Vorträge von David Richard Precht, Giovanni di Lorenzo und Bestsellerautor Martin Lindstrom. Letzterer war erst am Donnerstagvormittag an der Reihe gewesen und hatte in einem mit Humor gespickten Beitrag die Bedeutung von Small Data gegenüber Big Data hervorgehoben.

And the winner is…

definitiv SevenOne Media. Zweifellos hat der Werbevermarkter von ProSiebenSat.1 auf den Screenforce Days das auffälligste und beste Screening umgesetzt. Mit Live-Musik, vielen neuen und spannenden Ankündigungen und natürlich Stefan Raab hat die Sendergruppe den besten Job gemacht. Deutlich leiser, aber auf ihre eigene Art sehr überzeugend kamen zudem die Screenings von Disneymedia (für den Disney Channel) und El Cartel (für RTL II) daher.
Was Quotenmeter.de bereits am Mittwoch titelte, kann am Donnerstag noch einmal geschrieben werden: Das Fernsehen lebt! Auch wenn das Medium in den letzten Jahren hart zu kämpfen hatte und des Öfteren schlecht geredet wurde, vereint es weiterhin extrem hohe Reichweiten auf sich. Dass diese auf einem fragmentierten Markt keine Selbstverständlichkeit mehr sind, scheinen die Fernsehmacher verstanden zu haben. Die neue TV-Saison verspricht mit einigen spannenden Ideen daherzukommen, unter anderem bei ProSieben im Show-Bereich und bei RTL in der Fiktion. Vorbei scheinen die innovationslosen, langweiligen Jahre. Die Screenforce Days 2017 senden ein Mut machendes Zeichen aus.
22.06.2017 19:50 Uhr  •  Sidney Schering und David Grzeschik Kurz-URL: qmde.de/93960