Fast wäre Das Erste auf den schwächsten Wert seiner Geschichte gefallen, doch hintenraus legte man noch klar zu - und fiel doch weit hinter das ZDF zurück. Unter den Kleineren überraschte kabel eins, während Sat.1 und ProSieben erneut ebenso wenig den Schalter umzulegen wussten wie Zielgruppen-Marktführer RTL.
Auch im Juni war einmal mehr eine Fußball-Übertragung dafür verantwortlich, dass zumindest an einem Abend noch zweistellige Millionenreichweiten zu Buche standen: Das Erste kam mit dem Confed-Cup-Halbfinalspiel zwischen Deutschland und Mexiko auf durchschnittlich 11,37 Millionen Interessenten und 37,0 Prozent. Auch bei den 14- bis 49-Jährigen war das Spiel mit 3,20 Millionen und 32,5 Prozent die erfolgreichste Ausstrahlung des Monats, bevor am Tag darauf das U21-EM-Finale auf immerhin 8,71 Millionen und 30,5 sowie 28,2 Prozent gelangte. Auch sonst dominierten mit weiteren Fußball-Übertragungen und dem «Tatort» bewährte Inhalte die Hitliste, die erste große Überraschung war dann die Primetime-Ausgabe von «Bares für Rares» mit 6,38 Millionen Fernsehenden und tollen 23,8 Prozent. Auch die jüngeren Menschen waren von der 90-minütigen Show mehr als angetan, hier wurden 16,1 Prozent bei 1,30 Millionen generiert.
Die erfolgreichste Show war beim jungen Publikum aber weder bei ARD und ZDF noch bei den großen Privatsendern anzusiedeln, sondern tatsächlich bei VOX: Die «Sing meinen Song»-Episode mit Michael Patrick Kelly ließ die Konkurrenz angesichts von 1,74 Millionen und gigantischen 20,0 Prozent Zielgruppen-Marktanteil reichlich alt aussehen, einzig das «Let's Dance»-Finale war mit 20,4 Prozent bei allerdings nur 1,50 Millionen zumindest konkurrenzfähig. Für eine starke Show-Premiere sorgte bei RTL dann ebenfalls Daniel Hartwich, dessen «Nachsitzen!» auf beachtliche 19,7 Prozent bei 1,45 Millionen jungen Fernsehenden gelangte.
Bei ProSiebenSat.1 sah es hingegen reichlich dünn aus, hier überzeugten eher die Sonntagsblockbuster und viele, viele «The Big Bang Theory»-Wiederholungen, nicht aber die wenigen schüchternen Show-Versuche. In diesem Segment war schon die zweite «Global Gladiators»-Folge mit 0,91 Millionen und 10,7 Prozent als Highlight anzusehen, das Format stürzte zuletzt aber dramatisch ab. Die Rückkehr von «MacGyver» lief mit 1,05 Millionen und 12,9 Prozent zum Auftakt mehr als anständig, fiel aber danach schon deutlich zurück. RTL II überzeugte am ehesten mit Sozialdokus wie «Hartz und Herzlich» oder «Armes Deutschland», kabel eins mit altbekannten Spielfilmen.
Alle Zuschauer (Juni 2017)
ALLE ZUSCHAUER (JUNI)
10,7
11,4
13,2
12,6
9,0
9,5
3,2
3,2
5,1
5,1
6,6
6,8
4,5
4,6
3,6
3,4
Marktanteile in % | Juni 2017 gegenüber Mai 2017
Bloß keine Müdigkeit vortäuschen: Getreu dieses Mottos machte das ZDF auch im ersten Sommermonat einfach da weiter, wo es innerhalb der Hauptsaison aufgehört hatte und kam damit auf richtig starke 13,2 Prozent. Zum Vergleich: In den fünf bisherigen Monaten des Kalenderjahres hatten die Mainzer stets 12,5 bis 13,9 Prozent aller Fernsehenden verzeichnet. Für Das Erste hätte es dagegen um ein Haar ein böses Erwachen gegeben, lag man doch bis wenige Tage vor Monatsende nur knapp im zweistelligen Bereich - dank der tollen Halbfinals der U21-EM sowie des Confed-Cups rettete man sich hintenraus aber noch auf 10,7 Prozent und entging damit knapp einem Allzeit-Tief. Erst im Januar hatte man mit 10,6 Prozent ein solches hingelegt.
Doch auch die beiden größten Privatsender konnten den Auftakt in die Ferienmonate nicht dazu nutzen, die miese Bilanz der jüngeren Vergangenheit ein wenig aufzupolieren. RTL verzeichnete gerade einmal 9,0 Prozent und knüpfte damit nahtlos an die enttäuschende Serie aus gleich vier einstelligen Monaten (8,8 bis 9,5 Prozent) zum Ende der TV-Saison an. Mit jetzt sechs einstelligen Werten aus den letzten sieben Monaten blicken die Kölner auf eine historisch schlechte Serie zurück. Aber Sat.1 geht es da ja keineswegs anders: Mit 6,6 Prozent gab man im Vergleich mit den beiden Vormonaten (je 6,8 Prozent) wieder ab, seit Januar wurde die Marke von sieben Prozent bereits zum vierten Mal unterboten. Übrigens: Im Juni 2016 hatte man ähnlich triste 6,6 Prozent verzeichnet, damals allerdings gegen die EM-bedingte Übermacht der Öffentlich-Rechtlichen, die zusammen auf mehr als 33 Prozent Marktanteil gelangten. Diesmal waren es rund zehn Prozentpunkte weniger, die ARD und ZDF kumuliert verbuchten.
Auf Rang fünf bleibt weiterhin VOX, das derzeit zwar "nur" am Dienstag mit sensationellen Quotenrekorden von sich reden machen kann, aber auch dank einer sehr soliden Gesamtbilanz auf 5,1 Prozent gelangte - und damit die beachtliche Flughöhe der vergangenen Monate reproduzierte. Auch ProSieben scheint sich zumindest mal gefangen zu haben und lag mit 4,5 Prozent innerhalb des Quotensegments der vergangenen fünf Monate (4,5 bis 4,8 Prozent). Möchte man allerdings wie in der Vergangenheit wieder über die Fünf-Prozentmarke gelangen, müsste man schlichtweg kräftiger in die Pedale treten als man es aktuell tut. Einen kleinen Erfolg verbuchte derweil kabel eins für sich, das mit 3,6 Prozent auf den besten Wert dieses Kalenderjahres gelangte, nachdem man zuletzt konsequent bei 3,4 oder 3,5 Prozent gelegen hatte. Ganz hinten fand sich einmal mehr RTL II, das sich mit 3,2 Prozent nicht mehr elementar gegenüber ZDFneo abhob. Das kam im Juni auf 3,0 Prozent und war bereits im Vormonat mit 3,1 Prozent voll und ganz konkurrenzfähig gewesen.
Und auch die Gesamtleistung der acht großen Fernsehsender entsprach einmal mehr der Dynamik, über die im Kontext des deutschen Fernsehmarktes bereits seit geraumer Zeit berichtet wird: Der Deframentierung. Mit 55,9 Prozent wurde der nächste ewige Tiefstwert erreicht, nachdem ein solcher bereits im Mai vermeldet werden musste (56,6 Prozent) und dem man zuvor im April mit 57,1 Prozent nur um Haaresbreite entronnen war.
14- bis 49-Jährige (Juni 2017)
14- BIS 49-JÄHRIGE (JUNI)
6,5
7,3
6,6
5,9
12,0
12,1
5,1
5,1
7,2
7,0
8,2
8,4
9,5
9,6
5,1
4,7
Marktanteile in % | Juni 2017 gegenüber Mai 2017
Mit glanzlosen Marktführungen kennt sich RTL mittlerweile ganz gut aus, eine weitere dieser Couleur erreichte man im Juni. Mit 12,0 Prozent lag man auf noch etwas schwächerem Niveau als in den vier Vormonaten, wo jeweils zwischen 12,1 und 12,3 Prozent auf dem Papier gestanden hatten. Vermeintliche Marktnaturalismen kann man dadurch argumentativ untermauern, dass die beiden großen Vertreter der ProSiebenSat.1-Gruppe aktuell völlig aussichtslos in ihrem Vorhaben sind, RTL gefährlicher zu werden: ProSieben verharrte mit 9,5 Prozent klar im einstelligen Bereich, Sat.1 verzeichnete mit 8,2 Prozent sogar einen noch etwas schlechteren Wert als zuletzt und scheint sich sogar immer weiter von den neun Prozent zu entfernen, die in den vergangenen Jahren der monatlichen Realität entsprachen.
Dass es aber doch keine Abwärtsobligatorik bei den größeren Sendern geben muss, bewies in der jüngeren Vergangenheit quasi monatlich VOX. Und auch wenn man sich von den 7,6 bis 7,9 Prozent, die zwischenzeitlich in der abgelaufenen Saison möglich waren, nun wieder ein Stück weit entfernt hat, lässt sich auch über die im Juni erzielten 7,2 Prozent noch angeregt applaudieren. Zu einer überraschenden Dynamik kam es derweil bei den beiden großen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, denn das ZDF überholte Das Erste mit 6,6 gegenüber 6,5 Prozent. Möglich wurde dies, weil die Mainzer einerseits ihren höchsten Wert seit August vergangenen Jahres generierten, wo olympiabedingt noch sehr gute 8,3 Prozent generiert worden waren. Andererseits fiel die ARD aber auch in ihre Schlummerhaltung zurück, die angesichts von zuletzt dreimal mehr als sieben Prozent eigentlich überwunden schien.
In gewisser Weise können sich aber doch beide Sender als Sieger der aktuellen Marktentwicklung präsentieren, immerhin ist es noch gar nicht allzu lange her, dass sie sich des Öfteren RTL II hatten beugen müssen. Mit eher erbarmungswürdigen 5,1 Prozent, die von einer Ausnahme abgesehen inzwischen zur Regel geworden sind, können die Grünwalder nicht mehr ernsthaft an diesem Dreikampf partizipieren - ja, um genau zu sein konnte man im Juni noch nicht einmal kabel eins hinter sich lassen. Das feierte mit ebenfalls 5,1 Prozent nämlich ein unverhofftes Comeback oberhalb der Fünf-Prozentmarke, nachdem man seit Februar regelmäßig nur noch 4,6 bis 4,8 Prozent erzielt hatte. Dass man nicht hinter RTL II landete, hatte übrigens einen historischen Wert, immerhin gelang dies zuletzt im Januar - nicht dieses Jahres, sondern im Januar 2012, wo beide Kanäle allerdings auf deutlich bessere 5,8 Prozent zu verweisen gehabt hatten.
Und damit wären wir auch schon beim unvermeidlichen Thema Gesamtbilanz der "Großen". Die fiel im Juni mit 60,2 Prozent zwar minimalst besser aus als im Mai, wo allerdings mit 60,1 Prozent eben auch der schlechteste Wert überhaupt erzielt worden war.
Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (GESAMTES JAHR)
11,2
11,3
12,7
12,7
9,7
9,7
3,3
3,3
5,3
5,3
7,1
7,1
4,8
4,9
3,6
3,6
Marktanteile in % | Sep 2016 – Jun. 2017 gegenüber Sep. 2016 – Mai 2017
Mit eher überschaubarer Aussagekraft ist die obige Statistik gesegnet, die besagt, inwiefern sich die Saisonbilanz bei Hinzuziehung des Juni verändert. Im schlimmsten Fall tut sie dies um 0,1 Prozentpunkte nach unten, im dominanten Bestfall tut sie dies gar nicht. Diese numerische Bewegungsaversion lässt sich vor allem dadurch erklären, dass sich die Dynamiken eines Monats nicht allzu stark auf ein aus neun anderen Werten resultierendes arithmetisches Mittel auswirkt, da der Juni hier eben nur ein Zehntel der Gesamtbilanz ausmacht. Vergleicht man dagegen die Juni-Werte mit dem Saisonmittel, startete einzig das ZDF (13,2 Prozent) stärker, kabel eins reproduzierte den Wert und die weiteren sechs Sender lagen drunter - was dafür spricht, dass sogar innerhalb der jüngsten Vergangenheit weitere Verschleißerscheinungen bei den "großen" Sender aufgetreten sind.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (GESAMTES JAHR)
6,5
6,5
6,0
5,9
12,8
12,8
5,4
5,5
7,4
7,4
8,7
8,7
10,0
10,0
4,9
4,9
Marktanteile in % | Sep 2016 – Jun. 2017 gegenüber Sep. 2016 – Mai 2017
Immerhin drei Sendern bewirkte der Juni hier leichte Verschiebungen - und beim ZDF sogar ungewohnterweise einmal nach oben. Das war im Vorjahresmonat übrigens noch etwas anders, als ARD und ZDF dank der Fußball-Europameisterschaft jeweils über zwölf Prozent verzeichnet hatten und im Gegenzug fast alle Privatsender ziemlich deutliche Verluste hinzunehmen hatten. Diesmal hingegen wird es der beiden weiteren Sommermonate bedürfen, um eine zumindest ansatzweise aussagekräftige Dynamik des Gesamtniveaus herausarbeiten zu können.