Moderationsurgestein Thomas Gottschalk springt aktuell von Sendung zu Sendung, von Sender zu Sender. Ein Handeln, aus dem der aktuell ebenfalls im televisionären Umzug befindliche Steffen Henssler wertvolle Lektionen ziehen kann.
Thomas Gottschalk ist eine markante Fernsehpersönlichkeit – womöglich eine der ikonischsten, die Deutschlands TV-Branche derzeit noch hat. Und trotzdem ruht sich der herbstblonde Fernsehmoderator nicht auf seiner unvergleichlichen Art aus, sondern springt von Format zu Format, von Sender zu Sender – und erlaubt jüngeren Kollegen wie Steffen Henssler, daraus Lehren zu ziehen.
Generationen wuchsen mit Thomas Gottschalk als «Wetten, dass..?»-Moderator auf. Und erlebten dabei den Bamberger, wie er sich voll in seinem Element befand. Das ZDF-Format betrieb in den Gottschalk-Jahren einen sonderbaren, beeindruckenden, schwer nachzuahmenden Balanceakt zwischen "Es gibt ein klares Konzept" und "Der Moderator ist der Star". Familien, die einschalteten, wollten nicht Wetten und Promis sehen, sondern erleben, wie Thomas Gottschalk, der Gala-Conférencier unter den Altherren-Lausbuben, auf Wetten reagiert, mit den Kandidaten umspringt und mit Prominenten rumblödelt.
Der Zuschauerrückgang unter Gottschalks Nachfolger Lanz, bei dem es mehr um die Sendungsinhalte ging, bewies, wie wichtig die Persönlichkeit Gottschalk für «Wetten, dass..?» war. Doch in der Zeit nach «Wetten, dass..?» versuchte Gottschalk gar nicht erst, eine Kopie dieses Formats zu finden, die genauso auf ihn zugeschnitten ist. Denn selbst wenn eine perfekte Kombination aus Moderator und Showidee gern gesehen wird,
so gibt das heutige Fernsehpublikum überraschend wenig auf die moderierende Persönlichkeit – es sind die Showideen, in die es sich verbeißt.
«Neo Magazine Royale» ist ein Internethit,
«Schulz & Böhermann» weniger. Alle vermissen Stefan Raab, dabei gingen sein «Quizboxen» und der Polittalk «Absolute Mehrheit», der die Raab-Fingerabdrücke stolz aufgetragen hat, als wären sie Medaillen, nach kurzem Anfangshype unter. Eine beliebte Fernsehpersönlichkeit, die mit einem Konzept hervorragend funktioniert, bringt ihre Fans nicht automatisch zu ihren anderen Projekten mit.
Und so ergeht es aktuell auch Gottschalk, der mit «Little Big Stars» und «Mensch Gottschalk» auf die Nase fiel – und dabei haben Zuschauer, die es nicht mögen, wenn sich der Lockenkopf in den Mittelpunkt drängt, mit der Sat.1-Talentshow einen gesunden Kompromiss erhalten. Während Gottschalk-Fans in «Mensch Gottschalk» wenigstens in Ausgabe zwei Gottschalk pur serviert bekamen.
Nunmehr reicht es nicht, ein klar skizziertes Image, eine große Bekanntheit und eine markante Persönlichkeit zu haben, um im Fernsehen zu obsiegen. Und daher sollte man als Fernsehpromi sich selbst nicht weiter als Verkaufsargument sehen. Henssler scheint jedoch noch diese "Der Star im Fokus ist das Verkaufsargument"-Devise zu verfolgen, wenn er den prächtigen VOX-Quotendampfer «Grill den Henssler» verlässt, als wäre er eine sinkende Fregatte, um sich bei ProSieben in «Schlag den Henssler» als neuer Raab zu verkaufen.
Gottschalk hingegen, der viel weniger Grund hätte, sich in Bescheidenheit und Demut zu üben, testet einfach wild alles aus, was ihm angeboten wird. Wissend, dass allein der Name des Moderators keine Quote mehr macht, und es nur noch darum geht, eine Showidee zu finden, die Leute zurück an den guten, alten TV-Empfänger lockt. Und so gab er Sat.1 und «Little Big Stars» eine Chance, obwohl es mit «Die 2 – Gottschalk & Jauch gegen alle» bei RTL bis dahin noch immer gut lief. Anders als der übereifrige Henssler brannte er die Brücke zur alten Sendeheimat aber nicht gleich ab – sollte ProSieben irgendwann genug von «Schlag den Henssler» haben und lieber «Schlag den Star» zurückholen, wer garantiert Henssler nach diesem eiligen Abbruch eine Rückkehr zu VOX?
Wenn selbst ein Thomas Gottschalk auf 1000 Hochzeiten tanzen muss, dann darf sich auch ein Steffen Henssler nicht überschätzen.
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