Sony Corporation: Ein Wirtschaftsporträt in drei Akten

Wir schauen uns Sony etwas genauer an. Als Exempel dienen: Ein reichhaltiges Musikarchiv, eine Filmsparte, die dringend einen neuen Überhit sucht und ein klammheimlich erfolgreich vor sich hinlaufendes TV-Segment.

Das TV-Geschäft: Ein Flaggschiff ohne designierten Kapitän


Auswahl der Serien aus dem Hause Sony

  • «Breaking Bad»
  • «Community»
  • «Shark Tank»
  • «Masters of Sex»
  • «Outlander»
  • «Better Call Saul»
  • «Bloodline»
  • «Preacher»
  • «Comedians in Cars Getting Coffee»
  • «The Last Tycoon»
Im Sommer 2013 hielt Sonys Film- und Fernsehsparte gegenüber der Branche bekannt, dass sie dem TV-Serien-Sektor zunehmende Bedeutung beimessen wird – und fuhr mit dieser Strategie erfolgreich: Sehr zügig kam es laut Unternehmensangaben zu einem großen Wachstum bezüglich der Reichweite der Sony-betriebenen Sender und des Umsatzes durch Serienlizenz-Verkäufe. Da Sony Entertainment keine exakt aufgeschlüsselten Wirtschaftsdaten veröffentlicht, können Branchenexperten nur die vagen Konzertangaben als Grundlage nehmen – jedoch mutmaßt der Branchenblog 'Deadline Hollywood', dass Sony Entertainment 50 bis 60 Prozent seines Gewinns im Fernsehsektor generiert.

Zudem berichtet 'Deadline Hollywood', dass Sonys Fernsehsparte wie eine frisch geölte Maschine läuft und selbst im Tumult nach dem Sony-Hacking-Skandal 2014 routiniert weiterlief, während andere Abteilungen des Unternehmens zunächst in Schockstarre verfallen sind. Dessen ungeachtet verließ 2016 Chairman Steve Mosko Sony Pictures Television nach einer 24-jährigen Karriere in der TV-Schmiede seinen Posten.

Zuweilen wurde gemutmaßt, dass Mosko seinen Vertrag nicht verlängerte, weil er durch einige der Erkenntnisse, die sich aus den gehackten Mails ziehen ließen, gekränkt wurde: Die Sony-Mails suggerierten, dass die Firmenhöheren dem Kinobereich deutlich höheren Wert zuschreiben, obwohl die TV-Studios wesentlich einträglicher arbeiten. Wichtige unternehmensstrategische Entscheidungen wurden in Absprache mit der Kinosparte getroffen, während Sonys TV-Arm die kalte Schulter zu spüren bekam.

Mosko wurde nach seinem Weggang nicht direkt ersetzt – stattdessen übernehmen mehrere Manager innerhalb von Sony Pictures Television seine Aufgaben und berichten an den CEO von Sony Entertainment, Michael Lynton, was jedoch dem Erfolg bislang keinen spürbaren Abbruch tat.

Sony Pictures: Warten auf den Milliarden-Dollar-Hit


Die erfolgreichste Sony-Filme weltweit

  1. «Skyfall» (2012; 1,11 Milliarden Dollar)
  2. «Spider-Man 3» (2007; 890,9 Millionen Dollar)
  3. «SPECTRE» (2015; 880,7 Millionen Dollar)
  4. «Spider-Man» (2002; 821,7 Millionen Dollar)
  5. «Spider-Man 2» (2004; 783,8 Millionen Dollar)
  6. «2012» (2009; 769,7 Millionen Dollar)
  7. «The Da Vinci Code – Sakrileg» (2006; 758,2 Millionen Dollar)
  8. «The Amazing Spider-Man» (2012; 757,9 Millionen Dollar)
  9. «The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro» (2014; 709 Millionen Dollar)
  10. «Hancock» (2008; 624,4 Millionen Dollar)
Stand: 14. Juli 2017
Ein Milliarden-Dollar-Hit ist für Hollywood-Studios so etwas wie ein Fleißsternchen: Einen Film mit 600 Millionen Dollar Einnahmen zu haben und einen zweiten mit 400 Millionen Dollar, mag auf der Haben-Seite (je nach Budget) auf dasselbe hinauslaufen wie ein einzelner Milliarden-Hit. Jedoch bringt das Durchbrechen dieser magischen Marke wirtschaftliches Prestige mit sich sowie Gratis-PR, da Branchenblätter und Filmportale verstärkt über diesen wirtschaftlichen Riesenerfolg berichten.

Und in eben diesem Sektor hinkt Sony seiner Konkurrenz enorm hinterher. Während Disney bis dato 14 Milliarden-Dollar-Hits veröffentlicht hat, Universal und Warner Bros. immerhin jeweils fünf, unterbietet Sony die ebenfalls wenige Überblockbuster aufweisenden Studios Fox und Paramount: Bislang ist der James-Bond-Kracher «Skyfall» der einzige Film Sonys, der über eine Milliarde Dollar an den Kinokassen generierte. 2012, das Jahr, in dem «Skyfall» anlief, ist darüber hinaus das letzte Jahr, in dem sich Sony unter den Top 3 der meistverdienenden Studios befand – ein Umstand mit schwerwiegenden Folgen.

Da Sony nämlich trotzdem immer wieder mit großen Budgets hantiert, um im Megablockbuster-Sektor mit Disney, Warner und Universal mitzuhalten, führt der Mangel an Übererfolgen zu mageren Finanzen: Sony zockt extrem hoch, und fiel zuletzt wiederholt mindestens genauso arg auf die Nase. Das Geschäftsjahr 2016 beendete Sony Pictures konsequenterweise mit einem Verlust von 719 Millionen Dollar – auch die unmittelbaren Vorjahre liefen nur unwesentlich besser.

Dies erklärt, weshalb Sony einst so verzweifelt aus der «The Amazing Spider-Man»-Reihe ein Franchise vom Umfang eines «Avengers»-Kosmos formen wollte, nun (anders als Fox) eine Kooperation mit Marvel Studios eingeht oder eine eigene Abteilung gründete, um die beliebte «Ghostbusters»-Marke intensiv zu melken: Sony Pictures will dringend Spitzenerfolge haben, und da diese Verzweiflung wiederholt mit Flops gekrönt wurde, braucht Sony diese begehrten, prestigeträchtigen Hits mittlerweile auch.

Musik: Große aktuelle Namen und ein überaus einträgliches Archiv


Marktanteile Sony gegen Warner am weltweiten Tonträger-Geschäft

  • 2013: 29,4% gegen 22,6%
  • 2014: 29,5% gegen 23,0%
  • 2015: 28,3% gegen 23,1%
Quelle: Statistia
Obwohl zuletzt vor allem Universal und seine "Indie"-Labels im Fokus der Diskussion standen, spielt Sony im Musikmarkt ebenfalls ganz vorne mit. Laut Statista hielt Sony 2016 22,4 Prozent des weltweiten Marktanteils im Publishinggeschäft (gemessen an den Einnahmen) und lag damit 6,5 Prozent hinter Universal – 2013 bis 2015 hatte Sony sogar die Nase vorn. Einen nicht unerheblichen Anteil an den Sony-Einnahmen generiert sich dabei durch den umfangreichen Katalog an großen Klassikern:

Sony hält unter anderem die Rechte an Werken von AC/DC, Bob Dylan, Michael Jackson, Pink Floyd und Elvis Presley oder David Bowie, Simon and Garfunkel, Peter Maffay und auch Udo Jürgens – Interpreten, deren Arbeiten kontinuierlich wiederveröffentlicht und gekauft werden. Darüber hinaus gehört das Label Europa zu Sony Music Entertainment und somit der größte Interpret im deutschen Albengeschäft überhaupt: Die drei ???, die weit mehr als 46 Millionen Tonträger losgeschlagen haben.

Zu den jüngeren Erfolgsgeschichten von Sony Music Entertainment gehören Tim Bendzko im deutschen Musiksektor sowie Skrillex, Adele, Katy Perry, Pharrell Williams und One Direction im internationalen Geschäft.

Sony beweist außerdem, dass das ewige Totsagen der Musikbranche übertrieben ist: Nach einem Hoch im Geschäftsjahr 2009 mit Einnahmen in Höhe von 6,55 Milliarden Dollar ging es zwar zunächst konstant bergab, bis 2014 nur noch 4,54 Milliarden auf dem Konto standen. Dann folgte aber die Wende: 2015 kamen 5,47 Milliarden Dollar zusammen und 2016 sogar 5,78 Milliarden – nicht zuletzt dank Adeles «25» und Beyoncés «Lemonade», die monatelang weltweit die Albencharts dominierten.
14.07.2017 14:59 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/94420