DVB-T2 HD und seine Alternativen

Seit Juli sind die Privatsender über Antenne nicht mehr kostenfrei zu empfangen. Anlass genug, um die internetbasierten Lösungen mal genauer unter die Lupe zu nehmen ...

Seit Ende März gibt es über die Antenne nur noch hochauflösende Bilder zu bestaunen – etwa 20 Öffentlich-Rechtliche kostenlos, 20 Private gegen Gebühr, weitere Kanäle sind über den Internet-Dienst HbbTV verfügbar. Freenet TV nennt sich die Plattform, unter der die HD-Ableger von RTL, ProSieben, Sat.1 und Co. künftig nur noch gegen ein monatliches Entgelt von 5,75 Euro zu sehen sind. Im Juli endete für viele Zuschauer die kostenlose Einführungsphase. Ab August müssen auch jene Leute zahlen, die ihren Receiver frühzeitig bei Freenet TV registriert und einen weiteren Freimonat geschenkt bekommen haben.

Eine bessere Bildqualität – 1080p hochskaliert von 1080i – ist nun zweifellos drin, waren diese Sender bislang doch nur in SD über den alten Standard DVB-T zu empfangen. Nachteile sind jedoch nicht von der Hand zu weisen: Zum einen eben die zusätzlichen Kosten, die bisher nicht anfielen. Und: Bei TV-Aufnahmen muss sich der Zuschauer hier und da auf Einschränkungen einstellen – ähnlich wie bei der Satelliten-Konkurrenz HD+. Wer sein DVB-T2 HD über ein sogenanntes CI+-Modul empfängt, kann laut Freenet TV sogar gar keine Privatsender aufzeichnen.

Zudem ist Senderzuwachs nicht unbegrenzt möglich: Bei DVB-T2 HD sind die Kapazitäten rar, nur rund 40 Programme können über den klassischen Ausspielweg übertragen werden. Abhilfe schaffen da lediglich Internet-Streams über HbbTV – wobei das im Falle von einigen öffentlich-rechtlichen Dritten derzeit mehr schlecht als recht funktioniert (Bildruckler lassen grüßen).

Freenet TV hat laut eigenen Angaben bereits 500.000 zahlende Kunden gefunden – wohlgemerkt bereits vor Ablauf der dreimonatigen Gratiszeit. Insgesamt 3,4 Millionen Haushalte erhalten ihr TV-Signal terrestrisch; es besteht freilich noch deutlich Luft nach oben, was die Freenet-TV-Nutzungszahlen angeht. Ein nicht unerheblicher Teil der Zuschauer dürfte mit dem Gedanken spielen, die Empfangsart komplett zu wechseln. Wer weder auf Kabel-, noch auf Sat-TV ausweichen kann, wird am ehesten fündig bei einschlägigen Web-TV-Angeboten. Da kann man dann auch die Geräte benutzen, die man im Zweifelsfall ohnehin bereits im Haushalt hat: Laptop, Handy oder Smart-TVs. Ein Receiver gehört der Vergangenheit an.

Zattoo …


… ist der „alte Hase“ unter den IPTV-Anbietern. Seit 2007 ist Zattoo in Deutschland verfügbar, mittlerweile kann man hierüber 77 Sender kostenfrei empfangen – ProSiebenSat.1 und die RTL-Gruppe sind in der Umsonst-Variante nicht inbegriffen. Hier fallen wie bei Freenet TV Kosten an, und das bereits für Standard-Qualität.

Hinsichtlich der Bezahlung ist Zattoo sehr flexibel und damit seinen Mitstreitern voraus: Anders als bei Magine, waipu.tv und Mobile2Morrow kann man sich nämlich auch kürzer (einen Tag für 1,59 €) oder länger (ein Jahr für 99,99 €) als einen Monat (9,99 €) an Zattoo binden. Ein nettes Gimmick ist die Restart-Funktion, mittels derer laufende Sendungen beim späteren Einschalten neu gestartet werden können. Allerdings gilt dies nur für ausgewählte Inhalte. Auch im On-Demand-Bereich mischt Zattoo mit: So bietet man unter anderem Inhalte von ProSiebenSat.1, der BBC, Spiegel TV und Netzkino auf Abruf an. Wer immer noch nicht genug hat, kann zum Premium-Paket noch das Plus-Paket buchen, wo sich 16 Pay-TV-Sender wiederfinden (wie etwa Jukebox, Sat.1 Emotions, ProSieben Fun). Anderssprachige Pakete (Türkisch, Bosnisch, Polnisch, ...) kann man ebenfalls on top ordern.

Magine …


… bringt Zattoo ins Schwitzen, was die Pay-TV-Senderauswahl betrifft. Die Schweden bieten in diesem Bereich drei kostengünstige Pakete an: „Film & Serie“ (2,99 €), „Original English“ (3,99 €), „Sport & Action“ (2,99 €). Das Basic-Paket umfasst für zehn Euro alle großen Privatsender und die Öffentlich-Rechtlichen, teils in HD. Mit dem Premium-Paket für 20 Euro erhalten die Magine-Kunden Zugriff auf alle Pay- und Free-TV-Sender. Unter anderem sind Bezahlkanäle von Viacom (Nick Jr., MTV Live HD), Turner (TNT Film, Boomerang, Cartoon Network) und NBC Universal (Universal Channel HD, E!) und Sony (Sony Channel, AXN HD) am Start. Wie Zattoo bietet auch Magine von Fall zu Fall das nachträgliche Anschauen von TV-Formaten an. Was dafür im Gegensatz zu Zattoo fehlt, sind fremdsprachliche Programme.

waipu.tv …


… kommt von der Exaring AG, von der wiederum Freenet Unternehmensanteile hält. waipu.tv (= waipu kommt aus dem Japanischen und steht für wischen) greift auf eine eigene Glasfaser-Infrastruktur zurück. Staus an Internetknoten sollen somit umgangen werden – auch Übertragungen in Ultra-HD/4K sollen dadurch auf lange Sicht ermöglicht werden. Ein weiterer positiver Nebeneffekt sind die schnellen Umschaltzeiten und die geringe Verzögerung im Vergleich zu anderen Übertragungswegen.

Zwei Pakete stehen dem Kunden zur Auswahl: Das Comfort-Paket für 4,99 € im Monat und zehn Stunden Aufnahmespeicher in der Cloud oder das Perfect-Paket für 14,99 € im Monat mit 50 Stunden Aufnahmekapazität. Auch das Pausieren der laufenden Sendungen oder das Anschauen im Nachhinein sind erlaubt – Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel. Mit ProSieben, Sat.1, kabel eins, sixx, ProSieben Maxx, Sky Sport News HD, kabel eins Doku sowie Sat.1 Gold hat sich waipu.tv noch nicht auf derartige Extras einigen können. Erfreulich für alle Bohnenfans: Das Programm von Rocket Beans TV wird seit Mai kostenlos und in HD 24/7 über waipu.tv verbreitet. Anderssprachige Programme sucht man aktuell vergebens.

Mobile2Morrow …


… ist recht neu auf dem Markt und dementsprechend unbekannt. Klein ist daher derzeit auch die Anzahl der deutschen TV-Sender: Bisher ist nur die Mediengruppe RTL dabei, hinzu kommen ein paar Spartenkanäle – unter anderem bietet Mobile2Morrow Motorvision eine Heimat, das zuletzt ja im Kabelnetz bei Sky rausflog. Die Grundgebühr beträgt 5,99 €, für einzelne Sender fällt ein zusätzliches Entgelt an – das geht los bei monatlich 15 Cent, für maximal einen Euro müssen Sender dazu bestellt werden. Wer beispielsweise die NASCAR-Rennen bei Motorvision verfolgen will, muss mit mindestens 5,99 € Aufschlag rechnen. Mobile2Morrow bedient darüber hinaus Zuseher verschiedenster Nationen.

Bei der Website gilt es noch, einige Kinderkrankheiten zu beseitigen: User müssen die Sprache gegenwärtig manuell von Niederländisch auf Deutsch umstellen, außerdem gibt es Schwierigkeiten bei der Bezahlung (zumindest ist uns dies bei unserem Test mit dem Lastschrift-Verfahren negativ aufgefallen).
29.07.2017 12:08 Uhr  •  Daniel Sallhoff Kurz-URL: qmde.de/94748