Vor dem Kinostart von «Bullyparade – Der Film» fragen wir uns: Wie ist es eigentlich derzeit um den Markenwert von Michael 'Bully' Herbig bestellt?
Hände hoch: Wer erinnert sich noch an die Webseite 'bullypara.de', auf der sämtliche «Bullyparade»-Ausschnitte zugänglich gemacht wurden? Okay. Nächste Runde: Wer hat noch auf dem Schirm, dass die Seite vor Jahren in 'Bullybase.de' umbenannt wurde? Aha, da gehen direkt weniger Hände in die Luft. So, Finalrunde: Wem ist bewusst, dass die Seite down ist und die URL aktuell auf die Künstlerseite von Michael 'Bully' Herbig weiterleitet, auf welcher der Filmemacher sein Portfolio kurz und knapp vorstellt, es aber eben
nicht die komplette Welt des «Bullyparade»-Universums auf Abruf zum Bestaunen gibt?
Ja, ausgerechnet in den Tagen vor Kinostart von «Bullyparade – Der Film» schauen Fans der Sketchcomedy in die Röhre. Zwar lädt Herbigs offizieller YouTube-Account sporadisch Sendungsausschnitte hoch, das lindert allerdings wohl kaum den Schmerz darüber, dass Stunden, ja, Tage an Videomaterial verschwunden sind. Nur vereinzelte Highlight-Clips lassen sich (zumeist in mieser Bildqualität) im Netz finden, da Fans sie eigenmächtig hochgeladen haben und nicht gesperrt wurden.
So enorm die vor 20 Jahren gestartete ProSieben-Sendung auch in der Zeit nach «Der Schuh des Manitu» beachtet wurde – der Hype rund um die locker-flockig-alberne Show verlor mit den Jahren an Atem. Und mit ihm auch die Aufmerksamkeit, die ihrem Namensgeber zuteil wurde: «Der Schuh des Manitu» lockte alles in allem über 11,72 Millionen Menschen in die deutschen Kinos und ist somit der meistgesehene deutsche Film in der Bundesrepublik seit 1966 (also seit es halbwegs sicher verbuchte Besucherzahlen gibt). Und «(T)Raumschiff Surprise – Periode 1» steht mit mehr als 9,16 Millionen losgeschlagenen Tickets auf dem Silberrang. Der Animationsfilm «Lissi und der wilde Kaiser», Bullys dritter Film aus dem «Bullyparade»-Universum, knackt mit 2,29 Millionen Kinogängern hingegen nicht einmal die Top 100.
Den etwaigen Karriereknick wendete Bully mit einem leichten Richtungswechsel ab: 2009 folgte der erste Kinofilm ohne «Bullyparade»-Verbindung, den er als Regisseur, Darsteller und Drehbuchautor verantwortete. Rund 4,94 Millionen Kinogänger sahen den Film, der im Vorjahr durch die ProSieben-Castingshow «Bully sucht die starken Männer» eine positiv besprochene und überdurchschnittlich stark eingeschaltete Promo spendiert bekam. Die 2011 ohne Bullys Beteiligung nachgereichte Fortsetzung «Wickie auf großer Fahrt» krachte derweil runter auf 1,79 Millionen Besucher, was für ein Familienabenteuer aus Deutschland zwar noch immer sehr löblich ist, dem großen Produktionsaufwand aber nicht gerecht wurde.
Aber nicht nur das von Bully mit aus der Taufe gehobene und nach Teil zwei wieder beendete Realfilm-Franchise verlor an Zugkraft. Auch der Entertainer selbst: Die Tragikomödie «Hotel Lux», an der sich Bully als Schauspieler und Produzent beteiligte, wurde seitens der Kritik weitestgehend von Schulterzucken begrüßt und bewegte nur 168.737 Neugierige ins Kino, die dramatische Mediensatire «Zettl» sprach im Folgejahr sogar rund 12.000 Menschen weniger an und bekam von der schreibenden Zunft fast ausnahmslos eine gepfefferte Schelte verpasst.
2013 rückte der Münchener wieder näher an seine komödiantischen Wurzeln heran und brachte eine romantisch angehauchte Regiearbeit namens «Buddy» in die Lichtspielhäuser. Anders als bei «Wickie und die starken Männer» übernahm er hier wieder eine größere Rolle. Im Vorfeld wurde die Meta-Sitcom «Bully macht Buddy» bei ProSieben von der Kritik als witzlos und im Gegensatz zum inhaltlichen Nährwert aufweisenden «Wickie»-Casting zu dreistes Marketing verrissen – und nach anfänglicher Neugier des TV-Publikums stürzten auch die Quoten ein.
Der Film selbst wiederum spaltete die Gemüter, unterm Strich lässt sich ein "Wirklich nett, aber irgendwie weder Fisch noch Fleisch: Es ist kein wirklich neuer Stil für Bully, zugleich scheint sich der Filmemacher nun sehr stark an die Art von Schweiger und Schweighöfer anzulehnen" als groben Kritikerkonsens nehmen. An den Kinokassen wurden nur 738.815 Eintrittskarten gelöst – ein Schatten dessen, was Bully einst erreichte. 2016 holte die Free-TV-Premiere bei Sat.1 indes sehr gute 10,9 Prozent in der Zielgruppe.
Mit Nebenrollen in den Komödien «Traumfrauen» und «Vier gegen die Bank» schaffte es Bully zumindest als Beteiligter vor der Kamera wieder über die Millionen-Marke. Dennoch ist auch
angesichts des Showflops «It's Showtime» die Frage erlaubt: Wie sehr zieht die Marke Bully noch? Die konkrete Antwort erfolgt selbstredend demnächst mit den Besucherzahlen des «Bullyparade»-Films, in der Zwischenzeit gibt die Bavaria Filmstadt, die eine Bully-Themenwelt aufweist, einen Wasserstand an. Und der sieht längst nicht so schlimm aus, wie unser obiger Abriss mutmaßen lässt. Pressesprecherin Christiane Kügler-Martens erklärte Quotenmeter.de gegenüber auf Anfrage: "Die Filmentdeckerwelt 'Bullyversum' erfreut sich bei den Gästen des Ausflugsziels Bavaria Filmstadt seit nunmehr sechs Jahren großer Beliebtheit. Wir präsentieren im 'Bullyversum' Original-Exponate aus Bullys Leben und seinen Werken sowie verschiedene Mitmachangebote wie einen sehr gefragten Filmdreh in den Dekorationen aus «(T)Raumschiff Surprise – Periode 1»."
Und obwohl vor Monaten groß mit einer «Fack Ju Göhte»-Expansion in der Filmstadt geworben wurde, hat eher klammheimlich auch das Bullyversum zugelegt: "Mit Requisiten vom 'Planet der Frauen' sowie dem Roboter C.L.A.U.S. wird auch Bullys neuer Film «Bullyparade – Der Film» im Bullyversum präsent sein. Hinzu kommen Erklärvideos zum Thema VFX, Trailer und Teaser-Clips." Herbig selbst scheint dennoch von seiner Comedyperiode langsam genug zu haben: Der Episodenfilm soll diesen Sommer einen feierlichen Abschied darstellen, danach will er als Regisseur ernstere Stoffe anpacken. Die Ankündigung tätigte der frühere Radiokomiker zwar schon einmal, dieses Mal scheint er es jedoch durchzuziehen. Seine nächste Regiearbeit ist angeblich
ein DDR-Fluchtdrama. Und nach über 20 Jahren dürfte wohl jedem Künstler ein Gangwechsel gestattet sein.